Musik an sich


 
Inhalt
News
Reviews
Leserbriefe
Links
Impressum
 
Musik an sich
 
Rough Silk - Symphony of Life
(Breaker/ SPV)
Symphonic Rock

 

Warum nehmen Rough Silk nach mittlerweile 5(?) Alben eigentlich immer noch nicht den verdienten Platz im deutschen Rockolymp zwischen Gamma Ray, Rage oder Blind Guardian ein? Soll uns damit vielleicht endgültig bewiesen werden, dass die Welt ungerecht ist? Natürlich nicht. Es soll uns einfach dazu bringen, Buße zu tun, die neue Rough Silk zu kaufen, für sie zu beten und kräftig Mundpropaganda zu machen. Und wenn die Tatsache, dass RS mit "Symphonie of Life" ihr bislang ausgereiftes Werk vorlegen, nicht genügt, vielleicht hilft dann diesmal sogar Gott. Der heißt in diesem (und nur diesem!!) Fall Jon Olivia (Savatage), hat nicht nur an der Produktion mitgeschraubt, sondern bei dem Track "Lucifer" den Part Gottes (sic!) eingesungen.

Symphonic Rock - dabei rechnet man mit ausufernden Bombast und klinisch reiner Produktion oft aus Kosten des echten Gefühls. Das muss nicht sein. Das beweisen Rough Silk auf beeindruckende Weise. Natürlich gibt es opulente Chöre, Breitband-Keyboards und majestätische Kompositionen, mit denen sich RS im Dreieck zwischen Queen, Dream Theater und Savatage platzieren. Aber das ist nur die eine Seite von Rough Silk. Dafür sorgt schon Bandkopf Ferdy Doernberg mit seinem Keyboards. Mal gibt´s elementare Klänge, die wohl lange Nachterfahrungen in Jazz- oder Blues-Clubs reflektieren. (Da die Band vom hannoverschen Stadtrand stammt und schon länger existiert, würde ich mal auf den Jazz Club am Lindener Berg und Offenbach´s Keller tippen.) Dann scheint Doernberg am Spinett oder am Honky-Tonk-Piano zu sitzen.

Thomas Ludolphy prägt das akustische Erscheinungsbild durch eine markante Stimme mit hohem Wiedererkennungswert. Sehr variabel, ausdrucksstark und kraftvoll hat sie dennoch häufig einen trockenen, fast spröden Charakter, der ebenfalls dazu beiträgt, dass RS nicht im zuckersüßen Kalorienüberschuss verfetten. "The Opposite of Yes" heißt ein Stück - und das könnte durchaus eine Anspielung auf den vielgeliebten und ebenso gehassten Rock-Dinosaurier sein. Von perfekter Produktion ist hier nun wahrlich nichts zu finden. Aber das ist bei Doernberg gelegentlich Programm. (z.B. auf seinem mehr als empfehlenswerten Solo-Debut "Just a Piano and a Handful of Dreams") Die Instrumente klingen nach echter Live-Einspielung oder Demo-Tape. Die Chöre liegen gelegentlich deutlich neben der Spur. RS gelingt damit das Kunststück eine kleine Rocksymphonie mit dem rotzigen Charme eines Motörhead-Tracks auszustatten.

Diese Brechung des Bombastes finden sich auch in den Kompositionen wieder. "Suicide King & Chaos Queen" galoppiert im Sprintertempo aus den Boxen, als wäre das edle Tier direkt aus der Rhapsody-Zucht gestohlen worden. Aber wo könnte man bei den Italienern plötzlich den Sprung zu einem Tango á la Pariser Straßencafe finden. Zudem sind RS auf den Instrumenten erheblich weniger limitiert als die Publikumslieblinge. Der Tango wandelt sich plötzlich in ein Gitarrensolo, bei dem der Sound von Brian Mays rotem Eigenbau bis zum I-Tüpfelchen imitiert wird.

Mit dem Rausschmeißer "Stories to tell" qualifizieren sich Rough Silk endgültig für die legitime Queen-Nachfolge. Mit den auf Eis liegenden Monarchisten haben sie ohnehin das breite Spektrum von einfachsten Musikformen bis zur Mini-Symphonie gemeinsam. "Stories to tell" verbreitet Shanty-Gefühle, die uns das Taschentuch in die Hand nehmen und dem ablegenden Dampfer gerührt nachwinken lassen.

Einen Punkt Abzug müssen sich RS für die Covergestaltung gefallen. Die Texte sind zwar nicht nur abgedruckt, sondern auch noch mit begeleitender Story versehen - das alles aber nahezu in Mikrofiche-Größe, was bestenfalls dem Verband der deutschen Augenärzte Freude machen wird. Zudem sind sie zum Teil über derart kräftige und differenzierte Bilder gesetzt, dass das Lesen auch bei einem größeren Drucktyp wohl noch Mühe gemacht hätte.

Norbert von Fransecky

16 von 20 Punkten

www.roughsilk.de
 

Inhalt | Impressum | Links | News | Reviews | Leserbriefe
zur Homepage | eMail Abo bestellen | Download aktuelle Ausgabe