Musik an sich


Reviews
Gibbons, Chr. (Egarr)

Motetten, Anthems, Fantasien und Voluntaries


Info
Musikrichtung: Barock

VÖ: 17.8.2012

(harmonia mundi / harmonia mundi / SACD hybrid / 2010 / Best. Nr. HMU 807551)

Gesamtspielzeit: 62:27

Internet:

Academy of Ancient Music



ORLANDO WER?!?

“Who the f… is Christopher Gibbons?!”, möchte man ausrufen. Wenn jemand wie Richard Egarr sich mit einem Barockkomponisten intensiv beschäftigt und ein renommiertes Label wie harmonia mundi eine CD nur mit Werken dieses Meisters präsentiert, sollte man doch zumindest schon einmal von ihm gehört haben. Das aber dürften selbst viele Alte Musik-Spezialisten kaum von sich behaupten können. Orlando Gibbons, klar, den kennt man. Aber Christopher? Immerhin, die Verbindung ist nicht verkehrt, denn Christopher Gibbons (1615-1676), war der Sohn jenes Orlando Gibbons, dessen Werke bis heute in der englischen Chortradition große Bedeutung haben. Christophers Kompositionen sind aber keinesfalls nachrangig, auch wenn der Generationenwechsel und die mit ihm verbundenen, unruhig-kriegerischen Zeiten deutliche Spuren hinterlassen haben. Waren Orlando Gibbons Chorwerke von meditativ-schwebendem Charakter, ja oft von jenseitiger Transzendenz, so tönt die Musik des Sohnes kerniger, handfester und von jenem Wettstreit der Stimmen beherrscht, der später im Barock prägend wurde. Auch abrupte harmonische Wechsel und rhythmische Zuspitzungen sind ihm nicht fremd. Dies alles vollzieht sich im Gewand überkommener Formen und Traditionen, was zu einem hohen Maß an Ausdrucksstärke und zu kühnen Gesamtkonstruktionen führt. Dies gilt nicht minder für die Fantasien für zwei Violinen, Gambe und Orgel, die bei dieser Aufnahme neben kleineren Orgelwerken eingstreut wurden. Auch diese Fantasien zeigen ein hohes Maß an Raffinement und einen unbedingten Willen zum Abwechslungsreichtum.

Man kann Egarrs Begeisterung für seine Entdeckung also nur allzu gut nachemfpinden. Und sie spiegelt sich auch in der Art und Weise wieder, wie der Ensembleleiter hier musizieren lässt: Schwungvoll, gelegentlich auch pointiert zugespitzt und beim Chor mal mit dramatischen Ansatz, mal mit britischer Noblesse.



Sven Kerkhoff



Trackliste
1 Not unto us, O Lord 04:58
2 Voluntarie in C 04:09
3 Above the Stars my Saviour dwells 06:29
4-6 Fantasy-suite in d 06:57
7 Ah, my Soul, why so dismayed 02:38
8 Organ Voluntary in C 02:22
9 O bone Jesu 03:26
10 A Voluntary for y Dube Organ in a 05:40
11 Fantasia 04:37
12 The Lord said unto my Lord 05:02
13 Verse for the Double Organn in d 04:20
14-17 Fantasy-suite in F 11:49
Besetzung

Academy of Ancient Music
Choir of AAM

Richard Egarr: Ltg. & Orgel


 << 
Zurück zur Review-Übersicht
 >>