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17 Konzerte und ein Todesfall: Die Rolling Stones, Altamont und das Ende der Sixties




Info
Autor: Ethan A. Russel

Titel: Let It Bleed – Die Rolling Stones, Altamont und das Ende der Sixties

Verlag: Edel

ISBN: 978-3-941376-22-9

Preis: € 29,95

239 Seiten

Internet:
http://www.rockbuch.de
http://www.edel.de

Jagger stand ein Stück von den anderen entfernt an den Strandwärter-Turm gelehnt. "Ich muss einen Platz zum Leben finden", sagte er. "Ich muss an die Zukunft denken; schließlich kann ich das nicht ewig machen. Ich meine: Wir sind so alt. Wir machen das schon acht Jahre, und wir können nicht noch acht Jahre weitermachen. Ich meine, wenn man kann, dann macht man's, aber ich kann's einfach nicht, ich meine, wir sind so alt. Bill (Wyman, Anm. der Red.) ist 33."

Interessante Worte von Mick Jagger, der sich in diesem Zitat aus dem Jahre 1969 bereits alt fühlt und über seine Frührente sinniert. Und da die Rolling Stones nicht nur acht weitere Jahre weitermachten, sondern auch über 35 Jahre später noch aktiv auf Tour waren, bringen diese Worte doch ein leichtes Lächeln in das Gesicht des Lesers. Wir finden diese Sätze in dem jetzt erschienenem Buch Let It Bleed – Die Rolling Stones, Altamont und das Ende der Sixties von Ethan A. Russel. Russel war der Tour-Fotograf der Let It Bleed-Tour der Rolling Stones in Amerika, die am 07. November 1969 in Colorado begann und in Altamont auf einem Gratiskonzert am 06. Dezember 1969 unglücklich endete: Das oben beschriebenen Lächeln erstarrt angesichts der Ereignisse von Altamont gegen Ende des Buches, aus Let It Bleed wurde wohl eher ein Let It Be...

Am 6. Dezember 1969 verlor die Love & Peace-Generation mit diesem Festival einen Teil ihrer Unschuld. Das Altamont-Konzert sollte eigentlich so etwas wie ein zweites Woodstock werden, welches nur wenige Monate zuvor stattfand. Doch es kam anders: Beim Stones-Auftritt kam der farbige Zuschauer Meredith Hunter, der eine Pistole gezückt hatte, direkt vor der Bühne durch mehrere Messerstiche eines Hells Angel, der als Security-Mann eingesetzt war, ums Leben. Und somit waren im Dezember 1969 die 60er Jahre nicht nur kalendarisch zu Ende, sondern es starb wohl auch ein Teil des Lebensgefühls dieser Generation.

Jetzt, 40 Jahre später, erzählt Ethan A. Russel die Geschichte von Altamont noch einmal aus seiner Sicht als direkter Augenzeuge nach. Eine gelungene Kombination aus erzählter Geschichte und einem edlem Bildband ist das Buch geworden, ist dabei aber kein Buch nur über Altamont, sondern eines über die gesamte Let It Bleed-Tour der Rolling Stones. Und so gibt es neben vielen Bildern vom Altamont-Festival auch interessante Bilder von Brian Jones (kurz vor dessen Tod und vor dieser Tour, die bereits mit seinem Nachfolger Mick Taylor bestritten wurde) und auch jede Menge Fotos der Stones vor und hinter den Kulissen während der Tour. Schade ist, dass Altamont insgesamt etwas zu kurz kommt und wirklich nur auf die Rolling Stones eingegangen wird; die anderen Bands, die hier spielten, werden nicht einmal aufgezählt - einzige Ausnahme: Jefferson Airplane und The Mamas and the Papas werden am Rande kurz erwähnt, je nach Internet-Quelle wird man aber noch viele weitere Gruppen finden, die angeblich dabei waren. Und leider werden auch weder das Opfer(?) Meredith Hunter noch der Täter(?) Alan Passaro näher beleuchtet.

Für Spätgeborene hat Altamont heute eigentlich keine Bedeutung mehr - klar, von Woodstock hat wohl jeder schon mal etwas gehört, der Name Altamont hat sich hierzulande aber kaum ins kollektive Gedächtnis eingebrannt - und spätestens seit Duisburg 2010 gibt es zumindest für deutsche Musikhörer aktuellere und schlimmere Katastrophen. Aber mit Duisburg gemein hat Altamont jedenfalls, dass hinterher keiner Schuld war...

Fazit: Als Bildband über die Rolling Stones ist Let It Bleed – Die Rolling Stones, Altamont und das Ende der Sixties sicherlich eine nette Sache (erstaunlich, wie knitterfrei das Gesicht von Keith Richards damals noch war...), für eine Beschreibung und Bewertung des tragischen Altamont-Festivals aber etwas zu sehr auf die Stones bezogen. Trotzdem: Für Stones-Fans ist das Buch sicherlich lohnend.


Jürgen Weber



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