Musik an sich


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Bach, J. S. (Kuijken)

Kantaten für das vollständige liturgische Jahr Vol. XI.: „Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“ (BWV 67 – 85 - 12)


Info
Musikrichtung: Barock Kantate

VÖ: 01.06.2010

(Accent / Note 1 / SACD hybrid / DDD / 2009 / Best. Nr. ACC 25311)



ANDACHTSMUSIK

Sowohl mit dem lebhaften Eröffnungs-Chor „Halt im Gedächtnis Jesum Christ“ (BWV 67) wie auch mit dem ungemein ergreifenden Choral-Quartett „Weinen, Klagen, Sorgen, Zagen“ (BWV 12) demonstrieren La Petite Bande aufs Schönste, dass die instrumentale und vokale Intimität einstimmiger Besetzungen sowohl bei schwungvoll konzertanten wie auch meditativ verhaltenen Stücken vollkommen angemessen ist. Die feine, doch ausdrucksstarke Transparenz des ersten Chors legt Bachs farbigen kontrapunktischen Satz offen, ohne ihn zu sezieren. Und die schmerzvoll absteigende Chromatik, den das besagte Quartett kennzeichnet, hat man vielleicht kaum je dichter, bezwingender gehört (sieht man einmal vom „Crucifixus“ aus der H-Moll-Messe ab, wo Bach diesen Satz parodiert hat und das man vom selben Ensemble mit vergleichbarer Intensität geboten bekommt). Die vokal-instrumentale Verschmelzung – Einheit in Verschiedenheit - ist vorbildlich gelöst.
Doch nicht nur diese offensichtlichen musikalischen Höhepunkte gelingen auf der vorliegenden 11. Folge von Sigiswald Kuijkens großem Querschnitt durch J. S. Bachs Kantatenschaffen. Auch wenn die Ensemblemitglieder als Solisten agieren, teilt sich der Andachts-Geist der Musik mit. Angemessen zurückhaltend und auf Klarheit bedacht, dabei nuanciert und technisch sicher agiert das bewährte Sänger/innen-Team, das von den Instrumenten nicht einfach mehr oder virtuos begleitet wird, sondern mit ihm sinnreich interagiert, wie man z. B. an der bildhaft geformten Altarie „Jesus ist ein guter Hirt“ in BWV 85 sehen kann. Das leicht näselnde – oder sollte man hier gar sagen: blökende? – Schultercello von Kuijken vermittelt ein lebendiges Bild der den guten Hirten umgebenden Herde. Subtile instrumentalen Qualitäten findet man auch in der eröffnenden Sinfonia von BWV 12, deren orgelndes Timbre aus Steichern und Bläsern neugierig auf die demnächst anstehende Veröffentlichung der Brandenburgischen Konzerte macht.
Das Klangbild ist präsent und voll, allerdings räumlich kaum in die Tiefe gestaffelt.



Georg Henkel



Besetzung

Gerlinde Sämann: Sopran
Petra Noskaiová: Alt
Christoph Genz: Tenor
Jan Van der Crabben: Bass

La Petite Bande

Sigiswald Kuijken: Violine, Schultercello & Leitung


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