Musik an sich


Reviews
Mozart, W. A. (Kiener)

Klaviersonaten


Info
Musikrichtung: Wiener Klassik

VÖ: 2007

Passacaille / Note1 (CD, DDD (AD: 2006?) / Best.nr. 941)

Gesamtspielzeit: 57:22

Internet:

Passacaille

SwissMusicFactory (Informationen zur CD auf Englisch)



BRÜCHE

Eine kluge Auswahl hat Michael Kiener für seine Mozart-CD getroffen. Alle Stücke lassen, obgleich sie klassisch in der Form sind, die heitere Gelöstheit oder das durchgehend klassische Ebenmaß vermissen - uns tritt hier ein ungewohnt düsterer Mozart gegenüber. Kiener betrachtet die von Friktionen, Brüchen und schwermütigen Harmonien durchzogenen Werke als musikalische Entsprechung zu persönlichen Krisen des Komponisten in der zwischen 1784 und 1789 liegenden Entstehungszeit. Ob diese Zuordnung 1:1 tatsächlich immer überzeugungskräftig ist, mag dahinstehen. Tatsache ist, dass Mozart mit den beiden Sonaten, wie auch der Fantasie und dem Rondo persönlich und musikgeschichtlich Neuland betreten, jede gefällige Schreibweise hinter sich gelassen und das Tor zur Romantik weit aufgestoßen hat. Nicht zuletzt deshalb mag hier mancher beim Hören "stolpern" und zunächst eher an Beethoven denken, als an Mozart.

Michael Kieners Spiel, welches das Knirschen, das Ab- und Untergründige in diesen Kompositionen bewusst betont, trägt hierzu viel bei. Kiener leuchtet die Kompositionen taghell, manchmal auch grell aus. Damit konterkariert er seine eigenen Anmerkungen im Booklet, wo es heißt, er ziehe sich hinter die Musik zurück und spiele nur, was geschrieben stehe. Genau so ist es eben nicht und Kieners Deutung ist - wie jede engagierte Darbietung - zutiefst subjektiv. Das macht sie ja gerade so spannend. Sie aber als eine Art objektive Präsentation und eben nicht als Interpretation hinstellen zu wollen, erscheint mehr als fragwürdig.

Dem sonst oft üblichen "Weichzeichner-Effekt" wirkt übrigens auch der spezifische, harsche und von der Mechanik geprägte Klang des verwendeten Fortpianos entgegen, welcher von der Tontechnik perfekt eingefangen wurde.

Das eben schon zitierte Booklet schließt übrigens mit den Worten: "Durch die Musik schreitet er [gemeint: Kiener] vom individuellen zum menschlich Universellen, er zeigt es auf und ermöglicht den Zugang zum Ewigen in uns." - Bei allem Respekt vor der großartigen Leistung des Solisten, möchte man dieses Verdienst dann aber doch wohl immer noch eher Mozart selbst zuschreiben.



Sven Kerkhoff



Trackliste
Sonate D-Dur KV 576
1 Allegro 05:42
2 Adagio 04:53
3 Allegretto 05:02

4 Rondo a-moll KV 511 10:38
5 Fantasie c-moll KV 475 11:38

Sonate c-moll KV 457
6 Allegro Molto 06:38
7 Adagio 07:14
8 Allegro assai 05:37
Besetzung

Michael Kiener, Pianoforte (Nachbau eines Instruments von Anton Walter 1790)



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