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Graun, J.G. & C.H. (Il Gardinello)

Concerti


Info
Musikrichtung: Frühklassik

VÖ: 01.09.2006

Accent / Note 1 (CD, DDD (AD: 2005) / Best.nr. ACC 24166)

Gesamtspielzeit: 67:56

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Accent



DIE GEBRÜDER GRAUN

Die Brüder Johann Gottlieb (1703-1771) und Carl Heinrich Graun (1704-1759) gehörten am Hofe Friedrichs des Großen zu den führenden Komponistenpersönlichkeiten. Hatten sie bereits in ganz Deutschland große Erfolge auf dem Opernsektor gefeiert, so schufen sie doch auch eine immense Zahl an Instrumentalkonzerten (161), deren Zuordnung heute oft kaum mehr möglich ist. Dies liegt nicht zuletzt an einer brüderlichen Eintracht im Stil.

Als Autor des Gambenkonzerts lässt sich allerdings mit Sicherheit Johann Gottlieb Graun ausmachen. Dieses Werk stellt auch bereits das interessanteste auf der neuen CD des belgischen Enembles Il Gardinello dar. Mit seinem leidenschaftlich-stürmerischen Grundduktus und den absurden virtuosen Kunststückchen, die es der Gambe abverlangt und - augenzwinkernd - aus ihr eine singende Violine zu machen versucht, fasziniert es auf Anhieb. An der Viola da Gamba gibt Vittorio Ghielmi wirklich alles, um dem großen Virtuosenvorbild am preussischen Hof, Christian Hesse, nachzueifern. Auch das Ensemble spielt die breite Palette der musikalischen Affekte voll aus.

Hiergegen fällt das Oboenkonzert D-Dur deutlich ab. In seinem galanten Stil, den es mit dem Flötenkonzert teilt, erweist es sich als recht konventionell und schlicht. Das wäre an sich nicht weiter schlimm, wenn nicht die Ausführenden hier zu einer stark mechanisch wirkenden Interpretation gegriffen hätten, die diese gewisse Inhaltsleere noch unnötig betont. Daran ändert es nichts, dass dem profilierten Oboisten Marcel Ponseele die anspruchsvollen Verzierungen mit Anmut und Sicherheit gelingen.

Diese mechanische, das italienische Stilelement so gänzlich verleugnende Ausführung lähmt auch den federnden Elan des Concerto Grosso G-Dur. Die Freude des wechselseitigen Musizierens in zwei Solistengruppen teilt sich nicht mit, obschon der Einsatz eines Fortepianos in einer der Basso Continuo-Gruppen höchst originelle Klangeffekte bewirkt.
Demgegenüber wird das Flötenkonzert E-Dur mit genügend Charme und Leichtigkeit dargeboten, um über manche frühklassische Phrase der Komposition hinwegzutragen, was nicht zuletzt an Jan De Winnes lebendigem Spiel auf der Traversflöte liegt.

Die als Aufnahmeort gewählte Kirche in Haarlem/NL erweist sich durch ihren Hall als wenig vorteilhaft, denn dieser führt zu einem leicht schlierigen Klangbild.

Die CD wird daher insgesamt nur dem eingefleischten Fan Freude bereiten. Um die Musik der Graun-Brüder kennen und schätzen zu lernen, ist die Produktion des Labels MDG aus dem Jahre 2002 (Graun, Concertos and Chamber Music; Döling/Lieberknecht/Schmalfuss/Tabakov; MDG 601 0505-2) weiterhin die bessere Wahl.



Sven Kerkhoff



Trackliste
1-3 J.G. Graun: Concerto A-Dur f. Viola da gamba, Streicher und B.C.
4-6 ?: Concerto D-Dur f. Oboe d´amore, Streicer und B.C.
7-9 C.H. Graun: Concerto E-Dur f. Flöte, Streicher und B.C.
10-12 ?: Concerto grosso in G-Dur f. Flöte, Violine, Viola da gamba, Cello, Streicher und B.C.
Besetzung

Il Gardinello

Solisten:
Vittorio Ghielmi, Viola da gamba
Marcel Ponseele, Oboe d´amore
Jan De Winne, Traversflöte
Ryo Terakado, Violine
René Schiffer, Violoncello



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