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Reviews
Bernstein, L. - Loriot (Stahl)

Candide


Info
Musikrichtung: Operette / Musical

VÖ: 06.09.2005

Capriccio / Delta Music
2 SACD hybrid (AD live 2005) / Best. Nr. 71056


Gesamtspielzeit: 140:00



VOLTAIRE UND BERNSTEIN AUF DEM SILBERTABLETT

Also, den Amerikanern war’s bei der Premiere 1956 wohl doch zu kompliziert oder politisch zu anrüchig: In ihrer Urfassung kam Leonard Bernsteins zweiaktige comic operetta Candide zunächst auf keinen grünen Zweig.
Da war zum einen die verwickelte Geschichte nach einem Roman des französischen Philosophen Voltaire, der die von allerlei Bizarrerien und Katastrophen überschattete Zeit- und Weltreise des jugendlichen Helden Candide erzählt. Nach dem Rauswurf aus fürstlichem Haushalt – der liegt, man glaubt es kaum, in Westfalen! - macht dieser sich auf, die „beste aller möglichen Welten“ in all ihren absurden Höhen und Tiefen kennenzulernen. Auf diverse tragikomische Verwicklungen folgt schließlich ein wohlverdientes Happy End mit Eigenheim und Schrebergartenidylle.
Zum anderen hatte Bernstein auf den temporeichen Plot eine sich schon in der Ouvertüre geradezu überschnappende Musik komponiert, die sich dann im weiteren Verlauf des Werks als ein rasanter, niemals platter Stilmix aus Oper, Operette, Musical und einem kleinen Schuss zeitgenössischer Musik entpuppt.
Für das Broadwaypublikum war das alles dann wohl doch zu sophisticated. Erst in einer stark bearbeiteten und gekürzten Fassung hatte das Stück einigen Erfolg. Und bis heute hört man in erster Linie besagte Ouvertüre, meist aus der von Bernstein selbst besorgten vollständigen Gesamteinspielung von 1989 (Deutsche Grammophon).

Diese im März 2005 in der Berliner Philharmonie mitgeschnittene Fassung könnte dem Werk zumindest in Deutschland ein weit größeres Publikum als bisher gewinnen: Kein geringerer als der Candide-Fan Loriot hat sich nämlichen darangemacht, den ironisch-satirischen Humor des Werks auf einem Silbertablett witziger und geschliffener Zwischentexte zu servieren und etwaigen Verständnisproblemen damit gleich von Anfang an vorzubeugen. Denn als Bildungsbürger alter Schule weiß Loriot um die Misere in den deutschen Musentempeln: „Natürlich haben sie es versäumt, sich auf diesen Abend ausreichend vorzubereiten. Noch wäre Gelegenheit, den Raum unauffällig zu verlassen …“
So kommt man in den Genuss der weitgehend vollständigen, originellen Bühnenmusik Bernsteins, gesungen in englischer Sprache, zusammen mit Kommentaren und Überleitungen, gesprochen vom Altmeister deutscher Komik. Dessen Understatement und die diskreten Anspielungen auf seine eigenen Sketsche vertragen sich bestens mit Voltaire-Bernsteins espritsprühenden, letztlich versöhnlichen Blick auf das menschliche und irdische Chaos.
Die Musik zündet vor allem im 1. Teil, im 2. fällt die Spannung leider etwas ab, vielleicht auch deshalb, weil sich die waghalsigen Sprünge in der Handlung als Effekt zunehmend abnutzen und das Ganze schließlich doch zu einer Folge hübscher Einzelnnummern wird.
Beim Deutschen Symphonie-Orchester Berlin unter der Leitung von David Stahl sitzt zwar jede Note, allerdings wird die Musik weniger starkfarbig als in Bernsteins eigener Einspielung aufgetragen, auch die Ouvertüre wirkt wegen des insgesamt leichteren Zugriff weniger frenetisch. Dennoch swingt, funkelt und blitzt die Partitur. Stahl und sein Team ergehen sich augenzwinkernd in ironischem Pathos, Schlagerschmalz, prätentiösen Kadenzen und überkandideltem Koloraturfeuerwerk. Und selbst wenn die Sänger/inen mit Bernsteins handverlesenem Team nicht in allen Fällen konkurrieren können, bleiben aufs Ganze kaum Wünsche offen. Na, da würde sogar Opa Hoppenstedt zugreifen.



Georg Henkel



Besetzung

Jerry Hadley: Candide
Sylvia Koke: Cunegonde
Thomas Gazheli: Pangloss / Martin
Marjana Lipovsek: Old Lady
Robert Chafin: Gouverneur/Vanderdendur/Ragotzky
Robin Johanssen: Paguette
u. a.

Ernst Senff Chor Berlin
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin

Ltg. David STahl


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