Musik an sich


Artikel
Auch in der Volljährigkeit noch fein: Bang-Your-Head!!!-Festival 2013




Info
Künstler: Bang Your Head 2013

Zeit: Juli 2013

Ort: Balingen - Messegelände

Besucher: ca. 12.000

Internet:
http://www.bang-your-head.de

Es ist wieder so weit: Oh ihr Schergen des Rock, verneigt Euch und schüttelt Euer Haupt zu den Klängen knallharter Musik! Und das in Süddeutschland! Das legendäre Bang-Your-Head!!! Festival öffnet seine Pforten und lädt wieder Metal-Fans aus allen Himmelsrichtungen ein, in gemütlicher Atmosphäre gemeinsam der Metal-Leidenschaft zu huldigen. In diesem Jahr ist für uns der Freitag der Anreisetag. Das Ergebnis: Kein Stau, keine Wartezeiten - einfach perfekt. Und die Kopfschmerzen fallen aufgrund der nicht getrunkenen Bierchen am Donnerstagabend auch wesentlich geringer aus… Das Wetter ist spitze und eine Entschädigung für das Sauwetter der vergangenen vier Jahre. Unvergessen, als man schon vom Traktor am Eingang empfangen wurde und aufs Festivalgelände gezogen wurde, weil es mit dem Auto nicht mehr befahrbar war. Die Stimmung auf dem Campinggelände ist überaus friedlich. Überall erklingt Rockmusik unterschiedlichster Richtungen und manche wagen es auch, Sachen wie EAV, Marianne Rosenberg, Roxette oder Abba laufen zu lassen. Der Transport mit dem Shuttle-Bus läuft absolut reibungslos und innerhalb 15 Minuten ist man vom Camping- zum Festivalgelände gefahren.



Freitag, 12.07.13


Nachdem der Auftritt von WANTED INC. der Anreise zum Opfer fiel, lag es an ARTILLERY, dem Redakteur ordentlich einzuheizen. Eigentlich schade, dass eine solch altgediente Truppe zu solch früher Stunde auf die Brette musste. Aber gut, wenn man ehrlich ist, haben es die Dänen-Thrasher trotz Genre-Highlights wie By Inheritance oder Terror Squad nie über Insiderstatus hinaus geschafft. Fast schien es, als wollten die etwas in die Jahre gekommenen Herren es allen noch mal beweisen, denn die Band war bis in die Haarspitzen motiviert und zockte sich mit viel Freude durch die Songs. Leider hatte man ein wenig mit Soundproblemen zu kämpfen. Neusänger Michael Dahl präsentierte sich stimmlich als guter Nachfolger von Soren Adamsen. Allerdings wirkt er manchmal etwas unbeholfen. Egal, hat trotzdem Spaß gemacht.
(AJ)

Für Glam-Stoff hat der durchschnittliche BYH-Besucher immer ein Ohr offen. Was für ein Glück für CRAZY LIXX. Wie ihre Vorbilder aus den 80ern versuchen auch diese die latenten Schwächen im Songwriting mit jeder Menge Haarspray wett zu machen. Und zumindest auf der Bühne funktioniert das ja, auch wenn das Image - genauso wie bei ihren Landsmännern Crashdiet - etwas aufgesetzt wirkt. Aber Genrefans dürfte das wenig gestört haben, denn Crazy Lixx boten eben genau das, was von einem solchen Act erwartet: eingängige Songs und viele Stadionrock-Posen. Auftrag erfüllt, Fans glücklich - das reicht als Fazit. Der nächste bitte...
(AJ)

„Was, die gibt’s auch noch?“ Das war meine erste Reaktion, als ich hörte, dass DREAM EVIL auf dem BYH spielen werden. Eine Zeitlang war der ironisch vorgetragene Truemetal der Schweden witzig. Zumindest bis Album Nummer 3. Danach wurde es doch ein wenig fad und der Witz war raus. Dieser Meinung waren auch viele der diesjährigen Festivalbesucher, denn wo es bei der Band vorher noch brannte, wurde es jetzt doch verhältnismäßig ruhig. Oder lag es doch an der Hitze die zur Mittagszeit unbarmherzig auf die Birnen der Leute brannte? Viel Neues zu bieten hatten Dream Evil auch nicht. Irgendwie war es auch nett, ein paar „Oldies“ von ihnen zu hören - mehr leider auch nicht. Grundsolide eben.
(AJ)

Diesem Stimmungstief konnte allerdings die letzte Band des Schwedentriples, H.E.A.T., umschiffen. Die Leute schienen gerade doch ziemlich Bock auf den altmodischen Hardrock zu haben. Warum auch nicht? Statt satter Gitarrenpower dürfte das Keyboard allerdings hier auch ein starkes Wörtchen mitreden, was so manchem Heavy-Fanatiker nicht schmeckt. Aber schließlich kommt es ja auf die Songs an und die waren hier doch ziemlich unterhaltsam. Nummern wie „It's all about tonight“ und „Living on the run“ versüßtem einen den frühen Nachmittag. Was man dagegen mögen musste, war das Bühnengebaren von Sänger Erik Grönwall, der wirkte, als hätte er zwar keinen Clown, dafür aber Mick Jagger verspeist. Das Gezappel konnte man entweder belustigend oder peinlich finden. Freundliche Zeitgenossen würden wohl den Begriff „Rampensau“ in den Mund nennen. Wie man es auch sieht, die 50 Minuten Spielzeit waren ziemlich kurzweilig.
(AJ)

Die Spannung stieg dann im Anschluss: die Bühnenrückkehr von MASTERPLAN stand an. Live konnte man sie länger nicht bewundern. Mit neuem Sänger Rick Altzi und dem aktuellen Album Novum Initium in der Hinterhand hatte man zumindest zwei triftige Gründe sich wieder vorzustellen. Wunderswerterweise schien das gar nicht so viele Leute zu interessieren. Der Stern der ehemaligen Hopefulls leuchtete wohl auch schon mal heller. Die Performance war astrein - zumindest musikalisch. Altzi hielt sich stimmlich sehr an die Vorlagen seines übermächten Vorgängers Jorn Lande - leider auch in Sachen Ausstrahl und Kommunikation. Ein Eisblock könnte nicht viel cooler sein. Das war dann auch schon das größte Manko an dem Auftritt. Denn als echte Bühnenschweine war die Band noch nie bekannt. Vielleicht lag es auch etwas an der Nervosität nach der längeren Live-Pause. Deswegen auch hier: solider Vortrag; da ginge noch mehr.
(AJ)

Der Platz vor der Bühne ist bei ENTOMBED sehr gut gefüllt und die Band bekommt viel Publikumszuspruch. Sänger Lars Göran „L.G.“ Petrov röhrt sich die Seele aus dem Leib und durchlebt jeden Song mit einer gehörigen Portion Aggressivität. Seine Mitstreiter stehen dem in nichts nach und bolzen, was das Zeug hält. Musikalisch ist diese Band zwar überhaupt nicht meine Baustelle. Aber was die Jungs live bieten, ist wirklich hammerhart und exakt wie ein schwedisches Mühlenrad. Das Publikum honoriert die beachtliche Leistung entsprechend und Entombed verlassen sichtlich gerührt die Balinger Bühne.
(SG)


Mehr Melodie gibt es bei den Dänen PRETTY MAIDS. Mit dem aktuellen Album Motherland und einer gehörigen Portion Spielfreude im Gepäck legen die Mannen um Frontmann Ronnie Atkins und Gitarren-Urvieh Ken Hammer mit dem wuchtigen „Mother Of All Lies“ los. Ronnie hat vor allem zu Beginn noch mit erheblichen Soundproblemen zu kämpfen. Man hört seine Klasse-Stimme nicht immer gut und das stört vor allem zu Beginn stark. Körperlich absolut auf der Höhe und mit Hummeln im Hintern animiert er das Publikum von Beginn an, ordentlich zu feiern. Ken Hammer spielt eine Wahnsinnsgitarre und es fällt so gar nicht weiter auf, dass bei der Band ja nur ein Gitarrist dabei ist. Etwas problematisch ist bereits zu Beginn die Songauswahl. Etliche Fans wollen vor allem auf Open Airs die Klassiker hören. Da kommt es nicht darauf an, als Band am Nachmittag bereits zu Beginn Hits vom neuen Album zu spielen. „I.N.V.U.“ und „Little Drops Of Heaven“ vom Pandemonium- Album sind ebenfalls eher unbekannte Songs. Die Stimmung steigt erwartungsgemäß ab „Yellow Rain“ und zieht sich wie ein Triumphzug bis zum letzten Song „Red Hot And Heavy“ durch. Das Balinger Publikum steht Kopf und die etwas in die Jahre gekommenen „hübschen Mädchen“ bekommen verdientermaßen sehr viel Applaus. Wenn die Songauswahl etwas ausgeglichener gestaltet gewesen wäre, hätte der Gig noch um Klassen besser sein können.
(SG)


Skandinavien-Special geht weiter mit den Finnen STRATOVARIUS, die für die abgesagten W.A.S.P. in die Bresche springen. Mittlerweile schon seit einigen Jahren ohne Gründer und Gitarrist Timo Tolkki unterwegs, promotet die Band das aktuelle Album Nemesis. Der Platz vor der Bühne ist noch ein bisschen voller und viele Fans sind sehr gespannt. Timo Kotipelto singt von Beginn an stark und bewegt sich viel auf der großen Bühne. Das letzte Mal habe ich Stratovarius mit Timo Tolkki an der Gitarre und Jörg Michael am Schlagzeug gesehen - von daher ist die Band für mich von der Optik her noch ein bisschen ungewohnt. Sehr souverän ist der neue Bassist Lauri Porra, der auf der Bühne sehr viel Spaß verbreitet und sich in der Band offensichtlich sehr wohl fühlt. Gitarrist Matias Kupiainen, der mittlerweile seit 2008 in der Band ist, spielt eine sehr schnelle Gitarre im Stil des legendären Yngwie Malmsteen. Allerdings kommt mir in den Songs zu wenig Gefühl und zu viel Gedudel rüber, aber insgesamt kommt die Band beim BYH-Publikum sehr gut an. Nervig ist definitiv die Live-Darbietung von „Hunting High And Low“. Der an sich starke Song wird in einer Endlos-Version mit diversen Mitsingspielchen garniert, die bei 35 Grad nicht besonders gut ankommen. Auch kommt Timo Kotipelto stimmlich doch arg an seine Grenzen und es wäre zu überlegen, ob der Song nicht lieber zukünftig raus fliegt.
(SG)


Weiter geht’s mit den lustigen Finnen von LORDI. Ich habe die Band noch nie live gesehen. Allerdings muss ich sagen, dass mir einige ihrer Songs sehr gut gefallen und mich der Auftritt und der Sieg beim Eurovision Song Contest schon sehr beeindruckt hat. Mir hat der Auftritt damals als alter Kiss-, Mötley Crüe- und Alice Cooper-Fan schon aufgrund diverser Gimmicks (Flügel, eine Axt die Funken sprüht) sehr gut gefallen. Und der Song war auch nicht schlecht. Von daher war ich sehr gespannt, wie sich die Band an dem Abend präsentieren würde. Lordi und seine Monster-Band legen von Beginn an mit einem glasklaren Sound los. Den lustigen Reigen eröffnet die Keyboarderin, die wie ein Roboter mit staksigen Bewegungen auf die Bühne läuft. Lordi selbst ist prächtig bei Stimme und versprüht eine coole Aura auf der Bühne. „Bringing Back The Balls To Rock'n'Roll“ wird vom Balinger Publikum gnadenlos abgefeiert und Songs wie „Who’s Your Daddy?“ oder „Blood Red Sandman“ halten die Stimmung am oberen Level. Was die Jungs und die Frau auf der Bühne bringen, ist wirklich klasse. Obwohl mir die Songs größtenteils nicht bekannt sind, geht der Gig wie im Flug vorbei. Natürlich lässt es sich Mr. Lordi nicht nehmen, diverse Gimmicks wie einen Feuerwehrschlauch, aus dem Dampf raus kommt, diverse Knochenteile, eine Schleifmaschine oder die bewährte Axt, die Feuer spuckt, mitzubringen. Das Ganze hat sehr große Ähnlichkeit mit einem Alice Cooper-Konzert. Der große Unterschied ist der, dass wirklich alle Bandmitglieder stark maskiert sind und das Gesamtbild doch sehr beeindruckend ist. Bei „Hard Rock Hallelujah“ kommt Grand Prix-Stimmung auf. Auch hier breitet Lordi seine Flügel aus und hantiert mit der legendären Axt. Der Schlagzeuger erinnert mich permanent an Peter Criss, ist jedoch wesentlich präziser. Nach „Would You Love A Monsterman“ ist dann nach ca. 70 Minuten Schluss. Der Auftritt war in meinen Augen klasse und das Publikum quittiert die Leistung mit viel Applaus.
(SG)

Um 21 Uhr ist es vor der Bühne noch voller, denn es kommen die wackeren Briten von SAXON! Zum Intro der aktuellen Scheibe schreiten Biff und seine Knappen auf die Bühne und werden vom Publikum frenetisch begrüßt. Auch hier ist der Sound Weltklasse und Biff ist vom Start weg in absolut traumhafter Verfassung. Trotz der Affenhitze trägt er seinen langen Mantel und pusht das Publikum ständig nach vorne. Bereits der dritte Song „The Power And The Glory“ versetzt die Massen kollektiv in Bewegung und Bassist Nibbs Carter legt eine Headbang-Orgie vom Allerfeinsten hin. Die Bühne wird das erste Mal von einer Band in seiner vollen Größe genutzt. Biff dirigiert seine Gitarristen Paul Quinn und Doug Scarrat wie ein General mehrmals auf den Mittelsteg, wo die beiden förmlich um die Wette spielen. „Heavy Metal Thunder“ und „Motorcycle Man“ geben ordentlich Gas und man hat keine Chance, hier nicht in gute Laune zu kommen. Mein persönlicher Lieblingssong ist „I’ve Got To Rock To Stay Alive“ - ein unermüdlicher Groove-Song mit einem coolen Text. „The Eagle Has Landed“ zeigt die ruhige Seite der Band und präsentiert den legendären Adler. Immer wieder beeindruckend - auch wenn man es schon öfters gesehen hat. Die ganze Band scheint förmlich in einen Jungbrunnen gefallen zu sein. Schlechte Saxon-Auftritte gibt es nicht, aber heute Abend toppen selbst Saxon noch alles, was ich bisher von den Jungs gesehen habe. Diese Spielfreude, dieser Humor, diese Bescheidenheit der Musiker - einfach nur genial. Da mag beispielsweise ein Yngwie Malmsteen noch so viel frickeln; gegen Paul Quinn oder Doug Scarrat kann er nicht anstinken - niemals! Beim Schlagzeugsolo von Nigel Glockler erhebt sich das Schlagzeug in bester Peter Criss-Manier nach oben und er spielt das Solo aus schwindelerregender Höhe. Die Stimmung wird mit jedem Lied noch besser - es liegt eine coole Atmosphäre über dem Festivalgelände. Kollektives Ausrasten garantieren einmal mehr Titel wie „And The Bands Played On“, „747 (Strangers In The Night)“ oder „Solid Ball Of Rock“. Die Verbundenheit mit den Fans ist Biff sehr wichtig und so trägt er die auf die Bühne geworfene Jeansweste eines Fans während der letzten Songs durchgängig auf der Bühne. Der Dreierschlag „Denim And Leather“, „Princess Of The Night“ und natürlich „Crusader“ geben dem Publikum den Rest und Saxon werden nach einem Konzert wie echte Metal-Götter abgefeiert. Hammerkonzert, Hammerband, Hammermusiker, Hammersänger - mehr kann man nicht verlangen. Bereits jetzt wohl das Konzerthighlight des Jahres!
(SG)

Während die meisten sich noch an den letzten Tönen der mächtigen Saxon erfreuten, standen die Freunde etwas schrägeren Metalsounds Gewehr bei Fuß, als DIE APOKALYPTISCHEN REITER ihren buten Liederreigen eröffneten. Stilitisch schlug die Band bei diesem Festival schon ziemlich aus der Reihe. Trotzdem konnte man aber auch so manchem Skeptiker mit Nummern wie „Unter der Asche“, „Seemann“ oder „Revolution“ auf seine Seite ziehen. Man hatte auch gute Voraussetzungen. Der Sound war prächtig (fast schon ungewöhnlich in der Halle) und die Lightshow kam so richtig zur Geltung. Für den Rest sorgte die eigenwillige Bühnenshow und die heiteren Ansagen von Sänger Fuchs. Damit empfahl man sich schon fast für die Hauptbühne. Aber da wäre die Atmosphäre vielleicht nicht so schön heimelig gewesen. Also doch für die richtige Bühne gebücht. Tolle Show im Headliner-Format!
(AJ)

Des Redakteurs Tag hat mit knackigem Trash Metal begonnen, warum soll er also nicht auch so enden? Zu später Stunde schien sich die Umbaupause ewig hin zu ziehen und es war schon nach eins, als die Briten ONSLAUGHT endlich die Bühne in der Halle enterten. Ordnet man die Band sonst eher der zweiten, wenn nicht sogar der dritten Reihe zu, zeigt sich auf der Bühne allerdings ein ganz anderes Bild. Denn hier wütet man ziemlich urgewaltig und authentisch über die Bretter. Mit Sy Keeler hat man zudem eine richtige Rampensau (hier passt der Begriff auch mal richtig!) in seinen Reihen, der das Publikum recht schnell im Sack hat. Zwar könnte das Songmaterial für ein 80-minütiges Konzert etwa abwechslungsreicher sein. Aber ist das etwas, über das man sich bei Kreator oder Exodus beschwert? Und mit diesen beiden befinden sich Onslaught schließlich in ziemlich guter Gesellschaft. Es ist bereits 2.30 Uhr als die Insulaner die letzten Takte spielen. Und so ist es kein Wunder, dass die Fans zum Ende hin etwas müde wurden. Bis dahin war aber angenehm Alarm vor der Bühne. Trotzdem sagt MAS an dieser Stelle erst einmal gute Nacht!
(AJ)



Samstag, 13.07.2013

Auch am Samstag ist das Wetter super und die Sonne brennt einem schon am Morgen richtige Löcher ins Hirn. Auf dem Metal-Camp startet an einer Ecke eine Mini-Playback-Show, die relativ großen Anklang findet und am Vorabend hat auf dem Zeltplatz die Band „Pussy Lovers“ die Fans angeheizt. Aber nicht im Partyzelt, sondern auf einer selbst gebastelten Bühne vor ihrem Bus. Die Stimmung ist friedlich und auch das ist ein Grund, warum viele der Anwesenden sicher im nächsten Jahr wieder kommen.

Bei den Newcomern REBELLIOUS SPIRIT und den Spandex-Fans ALPHA TIGER horchte so mancher noch an der Matratze und so war es um diese Tageszeit noch recht ruhig auf dem Festivalgelände. Erste Akzente konnten erst die Briten HELL um Starproduzent Andy Sneap setzen. Für Freunde düsterer Theatralik war die Band mal wieder ein gefundenes Fressen. Vor allem bei Frontmann David Bower konnte man gar nicht genau sagen ob er singender Schauspieler oder schauspielender Sänger war, so vereinte er beide Genres miteinander. Bei der sengenden Sonne dachte man sich nicht nur einmal, dass die Band in der schützenden Dunkelheit der Halle besser aufgehoben gewesen wäre. Denn so kam die spezielle Magie nicht so wirklich rüber und man war sich doch mal wieder recht klar, dass die Band ziemlich überbewertet ist.
(AJ)

Die bereits 1977 unter dem Namen Lucifer gegründeten ANGEL WITCH legen bei der größten Mittagshitze los. Trotzdem haben sich bereits sehr viele Fans auf dem Festivalgelände versammelt. Von der Ur-Besetzung ist nur noch Sänger und Gitarrist Kevin Heybourne übrig, der mit einer mächtigen Sonnenbrille bewaffnet mit der Wucht und Präzision eines Düsenjets durch das Set pflügt. Seine Band ist klasse und versetzt die atmosphärischen New Wave Of British Heavy Metal-Klassiker mit einem knackigen, bedrohlichen Sound. Angel Witch kommen super beim Publikum an und werden mit jedem Song besser. Es zeigt sich auch, dass der Sound am Vormittag auch mal sehr gut sein kann - wie eben bei Angel Witch. Mich erinnern die wuchtigen Riffs an Black Sabbath meets Judas Priest. Songs wie „Angel Of Death“ und „White Witch“ hauen voll in die Magengrube und etliche Leute, die von der Band vorher nichts kannten, applaudieren. Die Spielfreude überträgt sich mühelos auf das Publikum und man merkt es den Musikern sichtlich an, dass sie mit den euphorischen Reaktionen nicht gerechnet haben. Der Song „Angel Witch“ wird zum Schlachtruf, den fast alle auf dem Gelände mitgrölen. Kevin Heybourne grinst über beide Backen und genießt den Applaus sichtlich. Die 40 Minuten waren Metal der allerbesten Sorte.
(SG)


Jahrelang war der Status der Band ungewiss. Fast schien sie endgültig von der Bildfläche verschwunden. Und dann schlendern MORGANA LEFAY recht entspannt auf die BYH-Bühne und rocken das Haus, als wären sie nie weg gewesen. Schlagartig wurde einem bewusst, wie sehr man sie vermisst hatte. Das schien den Schweden auch selbst bewusst, denn sie gaben alles. Mit ihrer Mischung aus trashenden Riffs, richtigen Powersongs und einzigartigem Gesang, packten sie selbst Leute, die vorher nicht wirklich mit der Gruppe vertraut waren. Daran ist Sänger Charles Rytkönen nicht ganz unschuldig. Denn Frontmänner die das Publikum so unaffektiert an der Hand nehmen, gibt es leider nicht allzu viele. Es war schlicht und einfach eine Wucht, wie „Hollow“, „In the court of the crimson king“ oder das mal wieder abschließende „Maleficium“ durch die Boxen gedrückt wurden. Hoffentlich haben Morgana Lefay wieder genug Adrenalin durch die Adern gepumpt, dass sie nicht gleich wieder im Nirgendwo verschwinden. Festivalhiglight, keine Frage!
(AJ)


Anschließend war die Stimmung schon etwas angespannt. Denn man erinnerte sich noch mit Grausen an den Auftritt von Nevermore, als Sänger Warrel Dane aus dem letzten Loch pfiff und auch sonst nicht alles rund lief. Ob sich dieses Trauerspiel nun bei der Rückkehr von SANCTUARY wiederholen sollte? Entwarnung: glücklicherweise nicht! Dane war in guter Verfassung und auch der Rest der Band bestens in Form. Und so wurde der Auftritt der erhoffte Triumphzug. Er war einfach toll endlich mal Granten vom Schlage „Die for my sins“, „Battle angels“, „Taste revenge“ und „Future tense“ live hören zu können. Gesanglich liegt das Ganze zwar dichter bei Nevermore als bei Into the mirror black. Aber das war nicht anders zu erwarten und ist aus heutiger Sicht auch besser zu verdauen. Zwei neue Songs wurden ebenfalls gespielt, die sehr neugierig auf den zu erwartenden neuen Longplayer The year the sun died machten. Wird der so dicht und gut, wie dieser Auftritt, steht uns wohl ein Knaller bevor. Reunion bis hierher äußerst geglückt!
(AJ)


RAGE - Peavy Wagner und seine Truppe haben am Nachmittag nicht gerade die besten Bedingungen. Es ist total heiß und vor der Bühne hat man das Gefühl, geschmort zu werden. Trotzdem feuern die drei aus allen Rohren und legen ein Set hin, das sich sehen lassen kann. Peavy ist bestens gelaunt, seine Stimme ist wie immer absolut treffsicher und der Sound optimal. Das Publikum ist nach den ersten Songs richtig gut dabei und feiert die drei entsprechend. „Straight To Hell“ kommt richtig cool und man merkt den drei Musikern die Spielfreude vor dem großen Publikum natürlich an. Schlagzeuger Andre Hilgers, der mittlerweile seit 2007 die Dampfkessel verdrischt, macht seine Sache ausgezeichnet und legt trotz Hitze eine gewaltige Geschwindigkeit an den Tag. Viktor Smolski ist die Lässigkeit in Person und spielt mit federleichter Eleganz die verrücktesten Sololäufe. Die Songs vom Album 21 kommen beim Publikum gut an und reihen sich nahtlos in die Klassikerriege ein. „Soundchaser“ ist für mich ein Höhepunkt des fulminanten Sets. Balingen liegt Rage förmlich zu Füßen, das Publikum ist selbst bei der Hitze bestens aufgelegt. Mit „Higher Than The Sky“ kommt die Mitsing-Orgie schlechthin, bei dem sämtliche Kehlen Peavy lautstark unterstützen. Danach ist Schluss und Rage werden mit einem riesigen und verdienten Applaus verabschiedet. So macht man aus einem Auswärtsspiel in Süddeutschland ein Heimspiel!
(SG)


THUNDER ist eine On-Off-Band. Mal gibt es sie, dann haben sie sich wieder aufgelöst und dann sind sie plötzlich und unerwartet wieder am Start. Ich hätte ehrlich gesagt nicht gedacht, die Band nach dem guten Abschiedsalbum Bang und der dazugehörigen Tour noch einmal live zu sehen. Umso mehr freut es mich, dass die sympathischen Engländer wieder in unseren Breitengraden zu erleben sind. Die Erwartungshaltung ist entsprechend groß, vor der Bühne ist es immer noch so voll wie bei Rage. Zu den Klängen von AC/DC’s „Thunderstruck“ kommt die Band auf die Bühne und das Publikum gibt von Beginn an alles. Sänger Danny Bowes legt mit einem sehr guten Sound und seiner bärenstarken Stimme los. Bereits zu „Dirty Love“ ist die Stimmung ausgezeichnet und der relaxte Sound verbreitet gute Laune auf dem Gelände. Überall sieht man grinsende Gesichter und Leute, die sich freuen, dabei zu sein. Die Setlist ist vom Allerfeinsten und macht innerhalb von 45 Minuten deutlich, für was Thunder stehen: melodischer Hardrock mit coolen Melodien, Balladen und Songs, die einfach Laune machen. Hier funktioniert selbst „Low Life in High Places“, das sich manche Bands auf einem Heavy Metal-Festival nicht unbedingt zu spielen trauen. Das Gitarrenduo Luke Morley - stilecht im Hawaiihemd - und sein Kompagnon Ben Matthews hauen ihre Riffs locker aus der Hüfte, während Schlagzeuger Harry James und Bassist Chris Childs für den notwendigen „Untergrund“ sorgen. Das kurzweilige Set endet mit „I Love You More Than Rock 'N' Roll“, bei dem die Band noch einmal die letzten Reserven aus dem Publikum rauskitzelt. Thunder bieten an diesem Nachmittag eine astreine Show mit hoch motivierten Musikern. Für mich ganz klar das Highlight des zweiten Tages.
(SG)

Melodisches Schunkeln rein, Abrissbirne aus. Es war Zeit für etwas Handfestes. Die Melo-Deather AT THE GATES waren „in the house“. Das war nicht jedermanns Bier und so wurde es vor der Hauptbühne etwas luftiger als die Schweden mit „Slaughter of the soul“ loslegten. Ihr Klassikeralbum stand auch sehr im Fokus des einstündigen, kurzweiligen Sets, dessen Hightlights auf die Namen „Blinded by fear“ und „Nausea“ hörten. Mittdrin versteckte man mit dem Slayer-Cover „Captor of sin“ einen kleinen Tribut an den verstorbenen Jeff Hannemann. Der Sound war äußerst brachial und massiv. Doch leider war die Performance mit Ausnahme von Sänger Tomas Lindberg, der wie ein Derwisch herumwirbelte, recht statisch. Das schien die Fans im Pit allerdings nicht wirklich zu stören, denn vor der Bühne - wenn auch nur auf einer begrenzten Fläche - war Action angesagt, was der Band deutlich zusagte. Ein richtiger Festivalabräumer sieht zwar anders aus. Doch für die Eingeweihten war das großes Kino. Und allzu oft kommt man ja leider nicht in den Genuss eines Auftritts von At the Gates.
(AJ)


Danach kamen ICED EARTH und setzen der fröhlichen Partystimmung ein jähes Ende. Bereits mit dem Einsteiger „Dystopia“ wird gleich zu Beginn an gezeigt, wo der Hammer hängt: amerikanischer Power Metal mit wuchtigen Stakkato-Riffs von Bandchef Jon Schaffer. Alle Bandmitglieder sind mit Jeansweste ausgestattet und sorgen so für den nötigen Old School-Touch. Sänger Stu Block präsentiert sich ausgezeichnet, läuft viel auf der Bühne herum und hat die Menge im Griff. Sein Gesang ist sehr gut, kommt jedoch bei weitem nicht an Matt Barlow heran. Leider haben die Amis erhebliche Soundprobleme, so dass im hinteren Bereich nur ziemlicher Matsch ankommt. Iced Earth scheinen ihre Musik sehr ernst zu nehmen. Während des kompletten Sets sieht man kein Grinsen oder ähnliches. Die Bandmitglieder versuchen, so brutal und wüst auszusehen, wie es nur geht. Das macht natürlich Eindruck, verliert seine Wirkung aber zunehmend. Spätestens bei „Watching Over Me“ wird klar, dass Matt Barlow nicht zu ersetzen ist und die Tatsache, dass „Melancholy“ gar nicht gespielt wird, stößt nicht nur mir unangenehm auf. Fazit: musikalisch perfekter, aber seelenloser Auftritt.
(SG)

Nun kommt die Teutonen-Legende ACCEPT, die das neue Album Stalingrad am Start hat. Beim Bang Your Head 2011 waren sie die Abräumer des Festivals. Ob sie den Auftritt von damals wiederholen oder sogar noch toppen können? Accept beginnen wie ein Orkan mit dem Song „Hung, Drawn And Quartered“. Bereits hier ist die Stimmung im vorderen Bereich sehr gut. Etwas negativ fällt ins Gewicht, dass Mark Tornillos Stimme zu leise gemischt ist und die Chöre von Bassist Peter Baltes und Gitarrist Wolf Hoffmann ihn um Längen übertönen. Dies ist am Anfang etwas nervig, wird jedoch im Laufe des Sets besser, aber nicht perfekt. Die Songauswahl ist sehr an den beiden Alben mit Mark Tornillo orientiert. Sieben neuen Songs stehen neun Dirkschneider-Klassikern gegenüber. Man merkt, dass die Band sehr viel Wert auf die neuen Alben legt und die Songs mit einer gehörigen Portion Stolz unters Volk mischt. Allerdings finde ich, dass auf einem Festival eher die alten Klassiker überwiegen sollten. Einem Großteil hat aber genau die mutige Songauswahl sehr gut gefallen. Mark Tornillo hat sich perfekt in die Band integriert und man bekommt den Anschein, dass Accept nie einen anderen Sänger hatten. Tornillo meistert alle Dirkschneider-Songs absolut souverän und kommt beim Publikum sehr gut an. Wolf Hoffmann und Peter Baltes legen die Spielfreude einer Nachwuchsband hin, die gerade den ersten Plattenvertrag an Land gezogen hat. Beide grinsen um die Wette und liefern sich bei „Bulletproof“ ein Solo-Duell, dass man nicht alle Tage zu sehen bekommt. Beide Musiker sind absolute Könner ihres Fachs und in Metal-Kreisen völlig zu Unrecht unterbewertet. Etwas ins Hintertreffen geraten dabei leider Gitarrist Herman Frank und Schlagzeuger Stefan Schwarzmann. Vor allem Herman Frank steht sehr häufig abseits auf der linken Bühnenseite und nie im Mittelpunkt der Show. Ich habe teilweise das Gefühl, Accept in Form von Peter Baltes und Wolf Hoffmann mit drei bezahlten Mitmusikern auf der Bühne zu sehen. Was mich auch etwas stört: Bei Accept handelt es sich zu 90 % um eine deutsche Band! Es kommt fast keine Ansage von den Protagonisten Baltes und Hoffmann. Das hätte dem Konzert sicher noch einen zusätzlichen Schub verpasst. Nach ziemlich genau 90 Minuten kommt das Outro „Bound To Fail“, Accept bekommen viel Beifall und verlassen ziemlich schnell die Bühne. Veranstalter Horst Franz würgt das Ganze ziemlich barsch ab, er will ja sein Feuerwerk präsentieren. Viele Leute gehen bereits während des Feuerwerks, andere schauen zu, wieder andere wünschen sich ein gutes neues Jahr. Meiner Meinung nach braucht kein Mensch dieses Feuerwerk. Eine Alternative wäre z. B., die Karten pro Stück um 10 Euro billiger zu verkaufen.
(SG)

Während sich die große Masse klassischen Teutonenstahl einverleibte, war einem eingeweihten Grüppchen nach viel härteren Klängen zumute. EXUMER ließen die Halle mit ihrem heftigen Trash-Sound erzittern. Hier schienen sie auch nicht so deplatziert wie auf dem Keep-it-true vor ein paar Jahren. Die Band zeigt sich äußerst tight und gut eingespielt. Zudem war man motiviert bis in die Haarspitzen und gab rund 80 Minuten Vollgas mit Nummern wie „Fire and damnation“, „A mortal in black“, „Sorrows of the judgement“ oder dem abschließenden, legendären „Possessed by fire“. Exumer gehören zwar nicht zu den niveauvollsten Prüglern unter der Sonne, doch das war hier und heute ziemlich egal. Spaß hat's halt gemacht.
(AJ)

Nach diesem Brett und der guten Vorstellung von Accept auf dem Freiluftgelände konnten die Goth-Metaller CREMATORY eigentlich nur verlieren. Allerdings erwartet man von dieser Band auch keine Wunderwerke und so empfand man den klischeebeladenen mehr als nettes Hintergrundrauschen für ein paar nette abschließende Gespräche mit Festivalbekanntschaften und ein letztes Bier. Die Performance war auch erwartungsgemäß recht statisch und irgendwie auch langweilig. Den Rest besorgte das nicht besonders spannende Songwriting und so vergaß man diesen Auftritt, der eher das Stammpublikum zufrieden stellte, recht schnell.
(AJ)



Fazit: Auch in diesem Jahr ist es den BYH-Verantwortlichen wieder gelungen, ein tolles, friedliches Festival mit einer ausgewogenen Bandauswahl zu organisieren. Minuspunkt ist weiterhin die Bonausgabe innerhalb des Festivalbereichs. Vor allem beim Essen wäre Bargeld die einzige Alternative zu dem unübersichtlichen Bon-Quatsch. Folge davon ist, dass immer mehr Fressbuden außerhalb des Festivalgeländes stehen, bei denen man noch mit Bargeld bezahlen kann. Ein Großteil der Festivalbesucher sieht das offenbar genau so. Die Buden machen an dem Wochenende Rekordumsätze. Sehr erfreulich ist die Versorgung auf dem Campinggelände. Zu fairen Preisen werden hier Getränke und Lebensmittel verkauft. Das und die flächendeckende Versorgung mit sauberen Dixies ist auch nicht selbstverständlich. Von daher heißt es wohl auch im nächsten Jahr wieder für viele: „Bang Your Head - Metal Health Will Drive You Mad!“



Es berichteten aus Balingen:


Stefan Graßl (SG) + Ali Jancek (AJ)



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