Musik an sich


Artikel
ARCANA - ein Label kehrt zurück





"The world is made to end up on a fine record", so das Motto des kleinen, aber feinen Labels ARCANA, das soeben mit einem Relaunch am Markt startet und sich in Deutschland dazu der Zusammenarbeit mit dem Vertrieb Note 1 versichert hat. Auf diese Weise werden Produktionen wieder zugänglich, die teilweise für einige Zeit aus den Regalen und Katalogen verschwunden waren. Dieses Verschwinden blieb nicht ohne Folgen: So wurde unter Fans zwischenzeitlich die legendäre CD mit Solo-Kantaten für Sopran von Antonio Bononcini mit dem rumänischen Ausnahmesopranisten Radu Marian (A 335, 2004) für dreistellige Euro-Beträge gehandelt. Nun ist sie wieder zu einem anständigen Preis zu haben und wer das Geld ausgibt, hat gut investiert - es ist die tontechnisch beste und stimmfarblich passendste Aufnahme mit Radu Marian, dessen mädchenhaft reiner, ohne Falsett auskommender Sopran zwar nicht voluminös, aber von betörender Süße ist. Wer eine Ahnung davon bekommen will, wie einst die Kastraten geklungen haben und wieso die Welt ihnen zu Füßen lag, der wird am ehesten bei dieser Einspielung fündig und wird sich daran kaum satthören können.

Dazu trägt nicht zuletzt bei, dass Gunar Letzbor mit seinem Ensemble Ars Antiqua Austria für eine klanglich gerundete, aber sehr vitale Instrumentalbegeleitung sorgt. Mit Letzbor und seinem Ensemble sind bei ARCANA im Übrigen zahlreiche weitere Einspielungen erschienen, die vor allem die Orchestermusik am Hofe der Habsburger zum Gegenstand haben. Neben einer ganz außerordentlich gelungenen Einspielung von Bibers Rosenkranzsonaten (A 401, 1996), finden sich CDs mit Werken von Bertali, Vilsmayr, Conti, Aufschnaiter und Viviani. Ein Repertoire, das Letzbor aus der Nischenexistenz befreit und dem er wieder zu altem Glanz verhilft. Das gilt etwa auch für die CD mit Antonio Caldaras Sinfonien a quattro (A 324, 2003). Bei ihnen handelt es sich um die instrumentalen Einleitungssätze, wir würden heute Ouvertüren sagen, zu Caldaras zahlreichen Oratorien. Caldara erweist sich hier als Meister der kleinen Form, der zwar zunächst stets eine feierliche Grundstimmung evoziert, den Hörern aber in den langsamen Sätzen bereits Gelegenheit gibt, sich auf den Gegenstand jener geistlichen Werke meditativ "einzuschwingen". Das alles ist - für Caldara untypisch - eher von schlichtem Ernst geprägt, nicht von oberflächlicher Dramatik oder Virtuosität. Letzbor lässt hier, wie stets, bemerkenswert trennscharf musizieren, ohne dabei in einen kühlen Vortragsstil abzugleiten. Die Interpretationen wirken vielmehr sehr persönlich und für sich einnehmend.

ARCANA kann also aus einem reichen Fundus außergewöhnlicher Aufnahmen schöpfen, der ergänzt wird durch Einspielungen mit dem Pianisten Paul Badura-Skoda (zuletzt mit einer CD mit Klaviersonaten von Joseph Haydn), dem Ensemble La Reverdie und dem Quartett Quatuor Festetics, das bei dem Label eine Gesamteinspielung mit Haydns-Streichquartetten vorgelegt hat.

Herzlich willkommen zurück, ARCANA!


Sven Kerkhoff



 << 
Zurück zur Artikelübersicht