Musik an sich


Reviews
Judy Collins

Sings Lennon & Mc Cartney


Info
Musikrichtung: Rock/Pop/Folk

VÖ: 07.09.2007

(Wildflower Records / Rykodisc)

Gesamtspielzeit: 30:25

Internet:

http://www.judycollins.com


Judy Collins ist eine in den USA überaus erfolgreiche Folkkünstlerin, die in Ihrer langjährigen Karriere schon viele Coverversion oder für Sie geschriebene Fremdkompositionen dargeboten hat. Darunter sind Künstler wie Leonard Cohen, Bob Dylan oder Joni Mitchell. Als bereits 44. Album legt die inzwischen 66 jährige nun mit Musikergrößen wie Tony Levin (Bass oder Tony Beard (Drums) ein Album mit 12 Coverversionen der Fab Four bzw. aus der Feder von Lennon / Mc Cartney vor. Bei soviel Erfahrung, solchen Helfern und diesem Songmaterial, sowie der Aussage der Künstlerin, es sei ein Herzenswunsch gewesen, diese Songs aufzunehmen, sollte der Weg für ein gutes Album geebnet sein.

Und mit "And I Love Her" geht es auch recht nett los, es wird etwas langsamer aber stark am Original entlang musiziert, akustischer ausgelegt und südamerikanische Rhythmen mischen sich ein und Judy´s hohe, aber Anfangs angenehme Stimme machen aus dem ursprünglichen rockig angehauchten Song eine annehmbare Popnummer. Doch schon mit "Blackbird" sinkt der Pegel deutlich nach unten. Wieder nah am Original (was, um mich nicht zu wiederholen bei allen Songs der Fall ist) passt die hohe Stimme hier überhaupt nicht und auch die Phrasierung von Frau Collins klingt nicht wirklich nuancenreich.

Insgesamt kann man dieses kurze Stück aber auch noch als halbwegs gelungen durchgehen lassen. "Golden Slumbers" beginnt mit Grand Piano, dann stimmt akustische Gitarre ein und wieder diese hohe Stimme, jedoch geht die schräge Atmosphäre des Songs völlig verloren, da helfen auch die kaum hörbaren Instrumente Mellotron und die Weingläser nicht. Durch die einsetzenden Chöre im Mittelteil wo der Chorus einsetzt und alles anzieht, verschwimmt die ursprüngliche Magie in reinen Kitsch, und die nach oben gehende Stimme gibt dem Song den Rest. "Penny Lane" wird recht lieblos herunter gespielt und die Trompetensätze klingen schon ein wenig nach Andrew Lloyd Weber. "Norwegian Wood" fängt fast 1:1 wie das Original an, und auch hier passt die hohe Stimme nicht in das eigentlich melancholische Lied, die scheinbar in ständig gleicher Tonlage über jeden Song liegt. Der Song scheint mir auch ein klein wenig schneller als das Original eingespielt zu sein und die nach Country klingenden Gitarren passen auch nicht, auch hier wird die Magie des Originals zerstört, ohne dem Song eine neue zu geben.

"When I´am sixty four" wird hier zur reinen Humpataversion, das Piano passt nicht und die Violinen schon gar nicht. Hier wird die ursprüngliche Ironie zu einem schlechten Witz. Bei "Good Day Sunshine" wirkt der Gesang eher nölig als beschwingt und die Countryelemente machen auch hieraus eine Nummer für WDR 5. Hiernach kommt es dann ziemlich dicke, denn "Hey Jude" wird quasi vernichtet. Die Musik läuft scheinbar etwas schneller, wirkt nicht langsam brodelnd sondern langweilig vor sich hintröpfelnd. Der Kinderchor klingt einfach nur kitschig und an der Stelle wo im Original der große Aufschrei „Better, Better, Better“ kommt, gibt Frau Collins auf und stößt einfach einen spitzen Schrei aus. Beim besten Willen, diese Interpretation verdient den Namen nicht. Es folgen noch "We can work it out", Yesterday", "I follow the sun" und "The long and winding Road", bei denen insbesondere "Yesterday" und "The Long and Winding Road" zerstört werden.

Judy Collins mag eine erfolgreiche und gestandene Künstlerin sein. Ihre Stimme mag in anderen musikalischen Zusammenhängen ordentlich sein, doch mit diesem Album setzt sie wohl den Tiefpunkt in Ihrer Karriere. Wer Klassiker neu interpretiert, muss sich bewusst sein, dass die Meßlatte hoch liegt und man entweder durch eine erstklassige Reproduktion oder einer völligen Neuinterpretation glänzen muss. Frau Collins und Ihrer hochklassigen Band gelingt das in keiner Sekunde, sondern sie führen die Klassiker der Popmusik in die Belanglosigkeit. Die Punkte, die ich vergebe gibt es für die ersten anderthalb Songs, ansonsten kann ich nur sagen: Finger weg!



Wolfgang Kabsch



Trackliste
1And I love her 2:58
2Blackbird2:29
3Golden Slumber 3:40
4Penny Lane 2:55
5Norwegian Wood 2:53
6When I´am sixty-four 2:42
7Good Day Sunshine 2:28
8Hey Jude2:24
9We can work it out 2:26
10Yesterday 2:11
11I follow the sunLong and Winding road 3:19
Besetzung

Judy Collins: Gesang, Keyboard
Tony Beard: Schlagzeug, Perkussion
Larry Campbell: Gitarren, Mandolinen
Tony Levin: Bass
Eric Friedlander: Cello
Russel Walden: Piano, Keyboards
Christian Lohr: Mellotron, Gläser, Vibes


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