Musik an sich


Artikel
Play Latin #10





The Rodriguez Brothers
Impromptu
Criss Cross Jazz/ Harmonia Mundi
Latin Jazz

Die aus Florida stammenden Brüder Robert (Piano) und Michael Rodriguez (Trompete) sind Latin Jazzer der neueren Generation. Sie stehen zwischen der Tradition des Bebops und den Musikstilen Kubas und Brasiliens. Hohe Virtuosität und schnelle Läufe sind Standard bei solchen Musikern und Drummer und Perkussionist beeindrucken. Dennoch wird hier nichts neu erfunden und die Latin Music ist eher im Jazz integriert als dass es umgekehrt wäre.

Mayito Rivera & The Sons Of Cuba
Estoy Aqui
Connector Records/ in-akustik
Kuba

Da ist er wieder, Mayito Rivera, ehemaliger Sänger von Los Van Van, aus dem unermüdlich produzierenden Stall von Connector Records. Seine Musik ist in etwa kubanische Musik auf den Punkt gebracht, ohne Überraschungen, aber da weiß man, was man hat. Schmissig, in zeitlosen Arrangements. Die Fans wird es freuen.




Bixiga 70
III
Glitter Beat/ Indigo
Brasilien/ Afro Beat Fusion

In Brasilien scheint momentan eine Afro Beat-Welle ausgebrochen zu sein. Die aus Sao Paulo stammende Gruppe Bixiga 70 sucht dabei ihren eigenen Typ dazu – etwas sanfter und mit melodischen Anleihen im Surf Sound und im Baiao. Auch sind gelegentlich typisch bahianische Trommel-Rhythmen zu hören. Doch durch die meist ständige Wiederholung einfacher Akkordfolgen, fehlenden Vocals und unauffälliger Soli und wirkt die Musik wie eine Tonspur, bei der die Gesangsspur abhanden gekommen ist. Es fließt zu gemächlich dahin. Die Stücke entstanden ohne viele Vorgaben, sind also irgendwo zwischen Improvisation und kollektivem Work in Progress anzusiedeln. Da wird nicht immer gleich ein Geniestreich draus.




Jan Eggum
Rio
Grappa/ mc-galileo
Brasilien/ Norwegen

Der Norweger Jan Eggum dachte sich wohl, wie wäre es mal, kalt und heiß zu kombinieren. Dafür reiste er 2014 nach Rio, um dort ein Album mit den Musikern von Gilberto Gil aufzunehmen. Einige Songs werden zusätzlich von einem Streichquartett aus Bergen begleitet. Es handelt sich hier also nicht um brasilianische Musik, sondern um norwegische, vornehmlich mit brasilianischen Musikern eingespielt. Eggum hat eine Stimme, die rauer. nasaler und auch weniger umfangreich ist, wenn man sie mit der von Gil vergleichen würde. Und rhythmisch klingt da auch eher mal die norwegische Folklore durch, die der Rhythmik des Keltischen nicht unähnlich ist. In den Balladen wirkt alles elegischer. Der Schachzug, norwegische Songs mit brasilianischen Musikern aufzunehmen, war jedoch nicht schlecht. Die Musik bekommt eine angenehme Färbung, besonders durch das allgegenwärtige Akkordeon. Besonders stark dürfte die Wirkung auf norwegisches Publikum sein. Und den Musikern Gils sei ebenfalls Tribut gezollt. Sie spielen sachdienlich, machen nicht aus norwegischer Musik Samba, sondern bewirken eine für Norwegen ungewohnte Klangfärbung. Ein Musterbeispiel für Synergie-Effekte.

Verschiedene
Reggae Gold 2015
VP Records/ Rough Trade
Reggae


Die Reihe Reggae Gold bietet jährlich eine Bestandsaufnahme der erfolgreichsten Reggae-Titel und damit auch der Entwicklungen im Genre. Aus Anlass des 20-jahrigen Bestehens erscheint sie zudem mit einer Bonus-Mix-CD aller Titel vonDJ Seani B. Was auffällt ist, dass der Reggae zunehmend stilistische Anleihen in der Popmusik macht wie beim Chartstürmer „Rude“ von Magic. Das geht vom Einsatz des inzwischen inflationär angewandten Autotune-Effekts bis hin zum schluchzenden Gesangsstil. Oder Sänger Yahsha klingt gar wie ein im Reggae wieder erwachter Michael Jackson. Wo früher noch Bass gespielt wurde, grunzen heute die synthetischen Bass-Sounds. Selbst der Dancehall ist nicht mehr so dynamisch wie früher. Zunehmend ersetzen synthetische Sounds und einfache Muster kompositorisches Profil. Da fallen nur wenige Songs sofort auf wie das mit witzigen Klängen versehene „Text Message“ von Busy Signal oder „Syvah“ von Ding Dong, welches an den englischen Brachial-Dub-Punker Mark Stewart erinnert. Dass der Roots Reggae nicht abgeschrieben ist, beweist ausgerechnet der amerikanische Comedian Eddie Murphy, der nach 1992 nun zum zweiten Mal einen Reggae-Hit mit „Oh Jah Jah“ landete. Insgesamt ist aber keine neue Persönlichkeit, die über den Reggae hinausragt, in Sicht.



Hans-Jürgen Lenhart



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