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Der Pfeifer auf dem endlosen Fluss - Pink Floyd Part 5: Kissen im Wind und Echolote





Meddle erschien 1971 als Nachfolger zu Pink Floyds ersten Nummer-Eins-Album (in UK) Atom Heart Mother. Schlussendlich waren die Floyds mit Atom Heart Mother ja nicht zufrieden gewesen, insbesondere mit den kürzeren Stücken. Bei David Gilmour hatte das Album einen so schlechten Stand, dass er es sogar bei der ersten CD-Box Shine On, ebenso wie die beiden Soundtrack-Alben, Piper und The Final Cut außen vor ließ.

Mit Meddle wollten es die vier Briten dann (noch) besser machen, jedoch beschritten sie im Grunde die selbe Arbeitsweise wie bei Atom. Die Band hatte mal wieder eine kreative Flaute und so sammelte man - basierend auf einem von Richard Wright erzeugten Echolot-Ton - erst einmal wieder Fragmente aus Jams. Auf diese Weise entstanden 24 Schnipsel, die man aneinanderreihte und zunächst mal mit „Nothing pts. 1 -24“ und später dann mit „The Son of nothing“ bzw. "The return of the sun of nothing" betitelte - und diese dann auch mal gleich wieder live ausprobierte. Bekanntermaßen sollte aus diesem Puzzle dann eines der bekanntesten und beliebtesten Stücke der Band entstehen: “Echoes“.


Für die andere LP-Seite (in diesem Fall wurde die erste LP-Seite genutzt), nahm man dann noch fünf weitere Stücke auf, die ebenfalls bereits live gespielt worden waren oder auf dem letzten Drücker noch komponiert wurden. Im Grunde wiederholten Pink Floyd also das Konzept des Vorgängers. Jedoch schafften sie es tatsächlich, es qualitativ weiter voran zu treiben. Da wären zunächst einmal die kurzen Stücke, welche die von Atom Heart Mother (auf dem dann ja auch noch der 12 Minuten Reinfall "Allan's Psychedelic Breakfast" drauf war) definitiv toppen.

Da wäre als Opener das grandiose, pumpende “One of these days“, das die Band vor und nach Veröffentlichung vielfach live darbot (bis zur letzten Tour '94). Einer der härteren und spacigeren Stücke der Floyds und eine Blaupause für alle Stonerbands dieser Welt. Die Geschichte mit den Fischen, die sie durch den lauten und tiefen Bass bei einem Open Air töteten, ist wahrscheinlich bekannt. Das zweite Stück “A Pillow of wind“ ist einer der letzten psychedelischen Popsongs der Band. Ein sanfter Bass, psychedelische akustische Gitarren, die wundervolle Farfisa-Orgel und der gedämpfte Gesang von David Gilmour. Ein wundervolles Stück das viel zu wenig Beachtung bekommen hat.

“Fearless“ hingegen wurde bereits öfter gecovert, obwohl es an sich eine simple Rocknummer ist. Das Gitarrenspiel ist hier sicherlich beachtenswert, die Melodie packt den Hörer beim ersten Hören. Insgesamt ist diese Nummer schon ein Ausblick auf das was die Band auf Obscured by Clouds machen sollte. Der am Ende eingefügte Fangesang von "You´ll never walk alone" ist inzwischen legendär.

Das Waters-Stück “San Tropez“ ist dann ein eher untypisches Floyd-Stück. New Orleans Jazz, pumpender und tanzender Bass, beschwingtes Piano, eine dazu passende akustische Gitarre und ein für Waters unglaublich lockere und befreite Gesangsdarbietung. Die elektrische Gitarre und auch der Sound machen dann am Ende aber doch Pink Floyd daraus.


“Seamus“ ist ein sehr einfacher, aber intensiver Bluessong. Aufgenommen zusammen mit einem Hund (ich glaube die Geschichtsbücher schreiben, dass es Waters' Hund war), der sehr passend zur Musik heulte. Live gab es dieses Stück nur ohne Publikum beim Pompeji-Auftritt und die Band hat sich später immer für das Stück entschuldigt, was ich für absoluten Quatsch halte. Keine große Nummer, aber perfekt dargeboten, wie mit wenigen Mitteln auch was Tolles entstehen kann.

Doch kommen wir zum Kernstück: “Echoes“. Das 23:33 Minuten lange Stück war der Höhepunkt der Pink Floyd Spacerock- und Psychedelic-Zeit. Zurückreduziert auf die rockmusikalische Besetzung interpretierte die Band ein langes, ausuferndes Stück, welches im Aufbau dem Vorgänger Atom Heart Mother ähnelte, aber wesentlich bündiger und weniger zusammengebaut klingt. Und es bietet Sounds und Melodien, die an sich alles aufweisen was Pink Floyd ausmachte und später ausmachen sollte. Das bereits erwähnte Plink, welches den Song einleitet, mündet direkt in dieser dumpfen und doch schwebenden Passage mit breiten Keyboardflächen, dem vorantreibenden Bass und Schlagzeugspiel. Darüber breitet Gilmour die wohl besten Soli seiner Karriere aus. Da das Stück zusätzlich noch eine große Portion kräftigen, bluesgetränkten Rock enthält, schwebt und groovt es gleichermaßen. Der sich später anschließende rhythmische Teil mit den schreienden Gitarrenparts und der hervorragenden Wright-Orgel im Wechsel, laden schlussendlich sogar noch zum Grooven ein. Der Mitteteil mit seinen psychedelischen Space- und Unterwassersounds ist sicher gewöhnungsbedürftig, webt sich aber perfekt in dieses Hammerstück ein. Nichtsdestoweniger trotz macht diese Tatsache für mich die auf 16:30 Minuten gekürzte und den meißten Fans als verstümmelt betrachte Version des Echoes-Samplers attraktiv.

Womit wir bei den unterschiedlichen Versionen wären. Wie beschrieben, haben die Floyds das Stück bereits vor der Veröffentlichung vielfach live getestet. Die Versionen die ich kenne, weisen jedoch überraschend wenige Abweichungen zum späteren Original auf. Sehr empfehlenswert ist die Pompeji-Version - insbesondere in Zusammenhang mit den beeindruckenden Bildern vom Vesuv.


Eine absolut unverzichtbare Versions spielte Dave Gilmour zusammen mit Richard Wright bei seiner „On an Island“-Tour. Diese grandiose Version, im Übrigen mit dem psychedelischen Mitteteil, ist noch druckvoller als das Original, in bestechender Soundqualität und eine späte Krönung dieses Zentralen Pink-Floyd-Stücks. Erhältlich ist es im Übrigen auf der Live in Gdansk-CD welche mit weiteren tollen Versionen, wie z.B. "Shine on Your Crazy Diamond", aufwartet.

Ich persönlich habe dieses Album zusammen mit der schon mehrfach erwähnten Box erhalten. Einige der kurzen Stücke kannte ich bereits, “Echoes“, wenn ich mich richtig erinnere, nur von einer alten, schlecht klingenden Kassette. Meddle schloss ich auf jeden Fall sofort in mein Herz, und insbesondere mit “Echoes“ testete ich intensiv die Leistungsstärke meines ersten, von meinem Opa zur Konfirmation bekommenen HiFi-Turms sowie die Nerven meiner Eltern und Nachbarn.

Ich glaube, “Echoes“ war stark mit dafür verantwortlich, dass ich nur kurze Zeit später meinen ersten, guten Kopfhörer bekam.


Bewertung:
Musik: 9,5
Text(e): 7
Produktion, Klang: 9
Cover: 9,5

Gesamt: 17,5


Wolfgang Kabsch



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