Musik an sich


Reviews
Terradellas, D. (Otero)

Sesostri


Info
Musikrichtung: Barock Oper

VÖ: 23.06.2011

(RCOC Records / harmonia mundi / 3 CDs / DDD / 2010 / Best. Nr. RCOC 1102.3)

Gesamtspielzeit: 214:00



EIN SPANIER IN ITALIEN

Ziemlich genau zwei Jahre nach seinem ersten Terradellas-Streich Artaserse (MAS-Review) lässt Juan Bautista Otero den zweiten folgen: Mit Sesotri hat er sich dabei für ein Spätwerk, ja für das letzte Bühnenwerk entschieden, das der Spanier Terradellas (1713-1751) für seine italienische Wahlheimat schuf. Auch hier wird überdeutlich, dass dieser seine Ausbildung in Neapel genossen hatte - die musikalischen Orientierungspunkte heißen Durante und Hasse. Damit verbunden ist eine klare Fixierung auf die Melodielinie und auf zugespitzte dramatische Effekte. Sesostri lässt allerdings erkennen, dass Terradellas auch mit rhytmischen Finessen zu arbeiten verstand. In vielen Arien stattet er überdies einzelne Instrumente, vor allem aus dem Bläserapparat, mit eigenständiger Funktion aus, ihre Klangfarben mit Bedacht nutzend. Einige Accompagnato-Rezitative sorgen zusätzlich für Bereicherung. So bleibt das mit rund 3 1/2 Stunden recht ausladende opus ultimum durchweg unterhaltsam und ragt aus der Dutzendware der Seria-Opern neapolitianischer Prägung deutlich heraus. Es erweist sich wahrhaft als ein reifes Werk des jung verstorbenen Komponisten.

Otero befeuert am Pult sein Orchester Reial Companyia Ópera de Cambra und treibt das Geschehen unermüdlich voran. Der Orchesterklang bleibt nichtsdestotrotz sehr geschmeidig und ist zudem gut gestaffelt abgebildet. In der Titelpartie agiert Sunhae Im außerordentlich koloratursicher, wenngleich ihre Stimme stellenweise einen metallischen Beiklang bekommt. Den vitalsten Vortrag bietet die auch gerne von René Jacobs engagierte Sopranistin Alexandrina Pendatchanska, die allerdings davon profitiert, dass die Rolle der rachsüchtigen, von einem Affekt in den anderen geworfenen Nitroci die dankbarste Partie ist. Ähnliche Ausgangsbedingungen hätte allerdings Kenneth Tarver, doch seine Darstellung des verschlagenen Emporkömmlings Amasi bleibt deutlich zu blass und zu unrhetorisch. Anders als Pendatchanska verlässt Tarver sich ganz auf die Wirkkraft der Melodien, doch wollen diese bei aller Schlagkräftigkeit eben auch mit Leben und Emotion angereichert sein. Unter den übrigen Sängern brilliert vor allem Ditte Andersen, die die Rolle der Artenice silberhell mit mädchenhafter Grazie versieht.

Juan Bautista Otero plant, seine Terradellas-Trilogie demnächst mit der 1743 uraufgeführten Oper Merope abzuschließen. Damit dürfte ein repräsentativer und zugleich qualitätvoller Überblick über das Schaffen dieser bislang kaum bekannten Größe der Barockoper geschaffen sein.



Sven Kerkhoff



Besetzung

Sunhae Im: Sesostri
Alexandrina Pendatchanska: Nitroci
Kenneth Tarver: Amasi
Ditte Andersen: Artenice
Tom Randle: Fanete
Raffaella Milanesi: Orgonte

Reial Companyia Ópera de Cambra

Juan Bautista Otero: Leitung


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