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Denovali Records: Wir haben keine konkreten Pläne oder Ziele…





Das Gerede, daß der Markt für Tonträger und Musik im allgemeinen im Umbruch ist, das gibt es schon lange. Und es stimmt ja auch, daß der Absatz von Tonträgern zurückgeht. Trotzdem gibt es immer wieder kleine Labels, welche versuchen in diesem schwierigen Umfeld Musik unter die Menschen zu bringen. Manche davon mit neuen Vetriebskonzepten und innovativen Bands. Eines dieser Labels ist Denovali Records, welche uns gerne ein paar Fragen zu ihrem kleinen, aber feinem Label beantwortet haben!

Wie lange gibt es Denovali Records schon?
Seit Ende 2005.

Woher kam der Antrieb, in eher schwierigen Zeiten, ein Plattenlabel zu gründen?

Nachdem wir 2005 in Köln mehrere – zumeist äußerst schlecht besuchte - Konzerte veranstaltet hatten, kam die Idee auf, dass man ja auch mal eine Platte veröffentlichen könnte. Der Rest hat sich eigentlich im Laufe der Zeit mehr oder minder einfach so ergeben. Man hat viele Leute kennen gelernt – einige Bands für unterstützenswert gehalten und immer mehr Freizeit für die Sache aufgebracht. Wir sind beide weiterhin eher Fans als Labelleiter. „Schwierigen Zeiten“ sind eine Frage der Perspektive. Dem Gejammer über Filesharing, den Tod der Musikkultur etc. können wir nichts abgewinnen. Wir verfolgen in dem Zusammenhang – gerne auch mit Scheuklappen - unseren Weg. Wenn jemand den Geschmack (unser Interesse an bestimmten Künstlern) teilt, freut uns das. Falls nicht, ist’s uns auch egal. Solange weiterhin 300 bis 500 Leute, die das jeweilige Release mögen, es auch kaufen, können wir weitermachen, sind glücklich und dankbar.

Betreibt ihr Denovali hauptberuflich, oder geht ihr noch „normalen“ Jobs nach?

Es ist derzeit eher ein Zwischending. Wir investieren sehr viel Zeit – finanziell bringt es allerdings nicht die Erträge eines Vollzeitjobs. Ich denke, dass wir mit der angehenden Selbständigkeit in anderen Bereichen es langfristig irgendwie schaffen werden die Zeit, die man während des Studiums noch locker fürs Label aufbringen konnte auch weiterhin zu erübrigen.

Ihr deckt ein sehr weites Spektrum an Bands ab. Von eher ruhigen Bands wie KOM bis hin zu den ziemlich heftigen Celeste! Was macht eine Band von Denovali Records aus, welche Eigenschaften müssen eure Bands mitbringen?

Bands auf unserem Label kommen aus den unterschiedlichsten Bereichen und haben fast alle einen unterschiedlichen Background – von klassischen Künstlern über ausgebildete Jazzmusiker, Leute aus dem Metalgenre bis hin zu Menschen aus dem Punk- und Hardcoreumfeld. Wir denken nicht in Stereotypen und halten auch nichts davon, dass von einem Label (vielleicht aus wirtschaftlichen Gründen) immer nur eine bestimmte Musikrichtung bedient werden muss. Falls die Leute die CELESTE mögen mit dem CONTEMPORARY NOISE SEXTET oder BLACKFILM nichts anfangen können, ist uns das ehrlich gesagt absolut egal. Wir machen das Label für uns und die Bands/Freunde die wir unterstützen und folgen unseren Geschmacksansprüchen – heute noch mehr als zu Anfangszeiten. Von Szenehampeleien, Genreeingrenzungen und Allem was dazu gehört, halten wir überhaupt nichts.

Wie entdeckt ihr eure Bands, kommen die Bands auf euch zu oder schaut ihr euch aktiv nach neuen Bands um? Im geradezu unüberschaubaren musikalischen Untergrund ist das wahrscheinlich eine Herkulesaufgabe!

Das sind Entscheidungen die sich irgendwie in einem kruden Prozess ergeben. Wir lassen Dinge einfach laufen. Wir bekommen mittlerweile sehr viele Demos, hören auch wirklich rein – aber eigentlich fast alles macht in unserem Kontext keinen Sinn. Bislang sind nur HER NAME IS CALLA aufgrund einer Art Demoeinsendung zu uns gestoßen. Aber auch da haben wir uns wochenlang einfach so unterhalten um beiderseitig abzuklopfen ob es ebenso menschlich passt. Generell finden wir Sachen die wir veröffentlichen möchten selbst. Man hängt – während man für das Label arbeitet – leider sehr viel im Internet rum und findet im Zuge dessen oftmals interessante neue/ alte Bands/ Künstler. Falls was gefällt, unterhält man sich erstmal über andere Dinge als Veröffentlichungen. Die übliche Indieplattitüde: Uns ist die menschliche Ebene genauso wichtig wie die Musik. Über die Jahre hinweg werden eigentlich fast alle Bands zu Freunden und auch unter den Bands entstehen über Denovali Freundschaften.

Ihr habt einen sehr progressiven Vertriebsweg. Einen Großteil eurer Veröffentlichungen kann man kostenlos downloaden, und bei Gefallen sollen die CDs und Alben dann gekauft werden. Alle eure CD und Vinyl Releases erscheinen in hochwertiger Ausführung. Funktioniert dieses Prinzip des Antestens und späteren Kaufes? Oder setzt sich hier die unselige „Geiz ist Geil Mentalität“ durch, und die Fans geben sich mit den Download zufrieden?

Ganz ehrlich: Wir denken nicht im „Prinzip des Antestens und späteren Kaufes“. Da wird oft etwas missverstanden. Wir bieten die freien Mp3s nicht als Anfütterung an. Wir werfen den Krempel auf die Website weil wir der Meinung sind, dass Mp3s kein Produkt sind für das man Geld verlangen sollte. Teilt der Künstler, für den wir die Platte veröffentlichen die Meinung, wird das komplette Album umsonst bereitgestellt. Will jemand aus Angst vor sinkenden CD Verkäufen nur 2 Songs als Stream freigeben, setzen wir eben das für ihn um.
Wenn ein Konzern wie Apple an einem Song, der einen Euro/ USD kostet die Hälfte mitverdient und auf diesen Zug sehr viele selbsternannte Indielabels, Punkbands etc. aufspringen, läuft im Selbstverständnis bzw. im Verhältnis von Selbstverständnis und Handeln einiger Leute sehr viel falsch. An sich ist die Diskussion bezüglich der Thematik auch eher müßig. Es werden Dinge offeriert, finden Interesse oder eben nicht. Künstliches Erschaffen von Interesse durch aufgeblasene affektierte Werbemaßnahmen oder Anlockangebote á la 2x Mp3s umsonst – den Rest aber bitte bei Itunes kaufen, mag zwar aus ökonomischer Sicht sinnvoll sein – uns erfüllt das nicht. Wir sind in der komfortablen Situation eine solide Größe an sehr interessierten Unterstützern zu haben, die es uns immer wieder ermöglichen neue Ideen umzusetzen und denen wir eigentlich nicht genug danken können. Viele dieser Leute verstehen es, wenn mal eine Platte anders aufgemacht ist und dadurch evtl. 3, 4 Euro mehr kostet und freuen sich über solche Besonderheiten. Wer uns in dem Zusammenhang Wucher unterstellen will, soll die günstige Cd Version kaufen oder eben gar nichts bezahlen und sich bei uns oder über andere Internetkanäle die Musik unserer Bands kostenfrei herunterladen.

Um noch auf den 2. Aspekt der Frage einzugehen: Ich denke sehr viele Hörer geben sich mit den mp3s zufrieden. Der aktuelle Zwischenstand: Celeste - Morte(s) Nee(s): Mittlerweile über 10000 Downloads des Albums nur über unsere Homepage und bislang noch keine 1000 verkauften CDs oder LPs. Aber auch das geht okay. Wir möchten Niemanden zur ökonomischen Wertschätzung von Arbeit oder Kultur erziehen - halten das eher für eine Sisyphosarbeit bzw. können – wie oben schon angesprochen - generell das Gerede über „den schleichenden Tod des Musikmarktes“ nicht mehr hören. Man hat den Kultur- bzw. in engerem Sinne Musikinteressierten viel zu lange für dumm verkauft und ihn mit Mist zugeschüttet. Nun hat eben dieser durch das Internet die Freiheit bekommen sich Musik nach eigenen Qualitätsmaßstäben zusammenzusuchen und wertzuschätzen. Mitte der 90er hätte das Label Denovali und auch viele andere Kleinstprojekte in der Form gar nicht oder nur unter noch schwierigeren Voraussetzungen existieren können bzw. nie eine zumindest mittelmäßige Aufmerksamkeit bekommen. Wenn heute jemand aus Französisch Polynesien aufgrund des Internets Platten bei uns bestellt, will ich mich über gar nichts mehr beschweren. Und für das Melken der Menschen, die eben die neuerlangte Freiheit nicht möchten, hat die Musikindustrie weiterhin goldene Esel wie Klingeltöne, Rock am Ring oder Lena Meyer-Landrut parat stehen. Also an allen Fronten alles paletti und generell gibt es wichtigere Dinge.

Am 9. Oktober veranstaltet ihr das Denovali Swingfest in Essen. Treten dort nur eure Bands auf, oder gibt es Labelfremde Bands?

Von 18 Bands sind’s 17 mit denen wir auch Platten veröffentlichen oder veröffentlichen werden.

Welche Zukunftspläne gibt es für Denovali Records?

Wir haben keine konkreten Pläne oder Ziele…

Besten Dank für das Interview.


Rainer Janaschke



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