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Dunkles Licht aus Birmingham für die ganze Welt – BLACK SABBATH; Anatomie einer Legende




Info
Autor: Popoff, Martin

Titel: Black Sabbath - Hohepriester des Doom

Verlag: I.P. Verlag, Berlin 2009

ISBN: 978-3-931624-51-4

Preis: € 19,90

256 Seiten


Nach Rainbow – Zwischen Genie und Wahnsinn (s. MAS-Archiv) nun die nächste Band-Biographie aus der Feder von Martin Popoff. (Die deutsche Ausgabe ist am 28. Juli erschienen.) Das Strickmuster ist ähnlich wie bei dem Rainbow-Band. Aus einer ganzen Reihe von Interviews stellt Popoff einen durchlaufenden Text her, der Album für Album die Geschichte der Birminghamer Düster-Rocker aufrollt. Die Blicke nach rechts und links, sprich auf die Zeit, in der die Alben erscheinen, sind spärlich. Dafür wird jeder einzelne Titel gründlich unter die Lupe genommen und oft von mehreren Bandmitgliedern, Technikern und Produzenten kommentiert.

Im Gegensatz zum Rainbow-Band kann Popoff sich dieses Mal nicht so sehr auf seine eigenen Gespräche verlassen. So sind im Literaturverzeichnis weitaus mehr Artikel und Interviews von anderen Autoren zu finden. Er selber hat seine Gespräche mit (Ex)-Sabbath-Musikern vor allem in den Jahren zwischen 1997 und 2005 geführt.

Ein Manko des Rainbow-Buches tritt bei Hohepriester des Doom wesentlich geringer zu Tage. Popoff hat dieses Mal offensichtlich besser darauf geachtet, Doubletten zu vermeiden. So wirkt der Sabbath-Text nur selten wie ein schlecht verarbeitetes Patchwork diverser Interview-Fetzen. Auch die Übersetzung von Andreas Schiffmann ist deutlich besser, als die von Franziska Schöttner.
Leider gibt Popoff aber auch dieses Mal die Quelle der einzelnen Zitate nicht an, so dass man nur selten weiß, ob ein Statement aus der Entstehungszeit eines Albums stammt, oder eine spätere Reflexion ist.

Popoff zeichnet den steilen Weg der Band mit Ozzy Osbourne zu einer der prägenden Hard Rock Bands nach, beschreibt das erste Straucheln, den zweiten Frühling mit Dio, den Rettungsversuch mit Ian Gillan, den soliden unspektakulären Weg mit Tony Martin, der immer mehr in ein ständiges Bäumchen-wechsle-Dich-Spiel ausartet, wo dem Fan zwischen Absturz, Reunion, Neu- und Fehlstart schwindelig wird. Von der aktuellen Heaven and Hell-Kapriole weiß das 2006 im englischen Original erschienene Buch noch nichts.

Natürlich kann Popoff die Darstellung der Anfeindungen der einzelnen (Ex)-Mitglieder gegeneinander nicht vollständig unter den Tisch fallen lassen. Und so findet auch manches scharfe Wort seinen Weg in das Buch. Aber Popoff fährt hier mit fast seelsorgerlicher Rücksichtnahme runter, als wolle er um Himmels Willen nicht dazu beitragen, eine eventuell dann doch noch mögliche Reunion zu verunmöglichen.
Aber Bill Wards „Nicht ohne Ozzy“ und Ozzys „Ich singe nur die Lieder, die ich will“ bleiben dennoch als hinderliche Monolithen im Raum stehen.
Was bleibt ist eine bewusst britische Band (Iommi), deren Reflektion vor allem im Blick auf ihre frühen Tage erstaunlich ernsthaft, erwachsen und reflektiert erscheint. Als jemand, der Sabbath natürlich kennt, und auch eine ganze Reihe ihrer Alben im Schrank stehen hat, sich aber nie allzu intensiv mit der düsteren Ikone der frühen Hard Rock Jahre auseinandergesetzt hat, sind die politischen und gesellschaftskritischen Elemente in ihren Texten erstaunlich deutlich herausgearbeitet…

…jedenfalls für Leser mit guten Augen. Denn das Layout der durch kein Bild und keine Zwischenüberschrift unterbrochenen Seiten macht aufgrund der Schriftgröße den Eindruck der Vertragsbedingungen einer Hausratsversicherung.
Allerdings gibt es auch zwei größere Farb-Bildstrecken. Die erste zeigt CD-Cover, Plakate, Konzertkarten und ähnliches; darunter auch reichlich Bootlegs und Raritäten. Für die Ozzy-Zeit sind auf einer Seite sogar alle Albumcover (allerdings zum Teil teilweise verdeckt) abgedruckt. Das ist, da immer wieder auch auf die Covermotive eingegangen wird, mehr als sinnvoll und hätte konsequenter und auch auf die anderen Bandphasen ausgedehnt geschehen können.
Die zweite Bildstrecke zeigt Live-Fotos. Hier wiederum überwiegt – wenn ich das richtig sehe – die aktuelle Heaven and Hell-Besetzung. Zumindest sehe ich den gleichen „Schlosspark-Zaun“ den Iommi und Co dieses Jahr als Bühnendeko mit auf Tour hatten – und auch der Faltenfaktor in Dios Gesicht scheint mir ziemlich identisch.

Eine solide Fleißarbeit eines Fans, den die Liebe zu den eigenen Helden nicht blind gemacht hat.


Norbert von Fransecky



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