Musik an sich


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Cristin Claas

In the Shadow of your Words


Info
Musikrichtung: Songpoesie

VÖ: 15.06.2007

(Sony classical / SonyBMG)

Gesamtspielzeit: 41:41

Internet:

http://www.cristinclaas.de


Cristin Claas erscheint bei Sony classical und macht Songpoesie! Ihr habt Probleme zu verstehen, was ich damit sagen will? Zu recht, etwa so groß sind die Probleme zu beschreiben, was Frau Claas und ihre beiden Mitstreiter denn nun machen.

Was noch am wenigsten drin ist Klassik, obwohl In the Shadow of your Words mit seiner ruhigen verhaltenen Art gelegentlich an ein Kammertrio erinnert. Jazz ist ganz sicher dabei, etwas Lied, nicht Chanson, ein wenig Folk, auch Volksmusik, und dann vielleicht noch etwas ruhiger Prog, was zugegebenermaßen gar nichts sagt, weil Prog so ziemlich alles adaptieren kann.

Aber es gibt mir die Überleitung zum ersten Stück. Ich weiß nicht, ob Sony planen hier ein Single auszukoppeln. Aber wenn, dann würde es ganz sicher „I'm waiting“ werden, das munterste Stück des Albums. Abwechslungsreich und breaklastig gibt es Cristin Claas von Anfang an Gelegenheit ihre charismatische und wandlungsfähige Stimme voll auszuspielen. In den ruhigeren Momenten erinnert mich das Stück gelegentlich an Genesis’ Wind and Wuthering. Das hört natürlich auf, wenn Stephan Bormann die Flamencogitarre auspackt.

Wer glaubt nun, zu wissen, wo er Cristin Class einzuordnen hat, sollte weiter hören. Denn das Titelstück entspricht viel eher der Gesamtatmosphäre des Albums. Behutsam, wie auf Zehenspitzen, lässt Cristin ihre verträumte Stimme hören. Das E-Piano verbreitet eine entsprechend sanfte Atmosphäre. Manchmal muss ich an chillige Momente von Sade denken.

Um den Hörer endgültig um die Orientierung zu bringen, blättert die Berlinerin nun in ihrem Goethe und intoniert sein „Sah ein Knab’ ein Röslein stehn“. Ist es nur die Tatsache, dass hier ein Lied aus früheren Zeiten im modernen Gewand erklingt, die an Sarah Kaiser denken lässt?

Ganz Goethe ist Jörg Naumann nicht. Sein deutscher Text zu „Unschuld“ wirkt der Musik stellenweise etwas aufgezwungen, was die verträumt swingende Jazz-Atmosphäre aber nur unbedeutend trübt.

Schön ist auch das bassige Instrumentalzwischenspiel „Nordwind“. „Underwater Woman“ ist ein sehr „weites“ hallig arrangiertes Stück. Die Weite und Stille des Meeres tief unter der Oberfläche wird hier soundmalerisch hervorragend eingefangen. „Wednesday“ featuret ein Saxophon im Pink Floyd Mood. „Ze duch mae“, in einer Fantasiesprache gesungen, hat einen osteuropäischen Touch. Die dramatische Stimme hat Anklänge an Kate Bush, kommt aber dunkler und kraftvoller.

Eine Quersumme aus dieser Palette zu ziehen ist schlechterdings unmöglich: zart, verträumt, behutsam, schön, zurückhaltend, schüchtern, verspielt – Das sind Adjektive, die als roter Faden dienen mögen, auch wenn praktisch jedes von ihnen an der einen oder anderen Stelle fallen gelassen wird.
(Live sieht das noch mal ganz anders aus, wie im Konzertbericht dieser Ausgabe zu lesen ist.)



Norbert von Fransecky



Trackliste
1I'm waiting 2:41
2In the Shadow of your Words 4:24
3Röslein 2:54
4Unschuld 4:50
5Daydreams 2:45
6On a Roof 3:45
7Nordwind 1:47
8Underwater Woman 3:03
9Wednesday 4:28
10Ze duch mae 2:49
11Mother Tongue 2:38
12Indian Summer 1:37
13Venedig 3:50
Besetzung

Cristin Claas (Voc)
Christoph Reuter (Keys)
Stephan Bormann (Git)

Gäste:
Jörg Naumann (Sax, Flöte)
Gerald Manske (Cello)
Thomas Rüdiger (Perc)


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