Musik an sich


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Verdi, G.

Il trovatore/Rigoletto/Falstaff (DVD-Collection)


Info
Musikrichtung: Ital. Oper

VÖ: 21.05.2007

OpusArte / Naxos (3 DVD-Box (AD: 1999-2002) / Best.nr. OA 0980B D)

Gesamtspielzeit: 498:00

Internet:

OpusArte



VERDI BIS ZUM UMFALLEN

Das Londoner Royal Opera House Covent Garden war schon immer eine gute Adresse für alle Verdi-Freunde. Nun können diese sich in einer Box gleich drei Produktionen von dort auf DVD ins Wohnzimmer holen. Mehr als 8 Stunden Verdi (sofern gewünscht mit englischen Untertiteln) - das verlangt Sitzfleisch und wahre Begeisterung für die italienische Oper. Die höchst unterschiedlichen Besetzungen und Inszenierungen bieten dabei für Auge und Ohr allerdings eine Menge Abwechslung.

Die Handlung des stets schwer auf die Bühne zu bringenden Trovatore verlegt Regisseur Elija Moshinsky ins Italien des Risorgimento und damit zugleich in die Zeit der Frühindustrialisierung. Schlüssiger wird die Geschichte dadurch nicht, aber eindrucksvolle Bilder hat die Inszenierung auf jeden Fall zu bieten. Die Regie ist bemüht, den Sängern ein realistisches Spiel abzuverlangen, frei von aller opernhafter Attitüde.

Manches Mal wird dabei übers Ziel hinausgeschossen. So etwa, wenn der markant auftretende Dmitri Hvoróstovsky als Graf Luna in der ersten Begegnung mit Manrico ein offenbar nicht ganz leichtes Schwert schwingen muss und ihm dabei immer wieder die Puste für´s Singen ausgeht. José Cura gibt einen leidenschaftlichen, revoluzzerhaften Manrico. Die Chilenin Verónica Villarroel verleiht der Figur der Leonora zugleich eine geheimnisvolle Aura, erreicht die Spitzentöne aber nur mühsam und mit viel Druck. Yvonne Naef weiß als Azucena hingegen stimmlich zu überzeugen. Carlo Rizzis Dirigat ist souverän und kampferprobt, hätte aber ein Mehr an dramatischer Zuspitzung vertragen können.

Eine humorvolle, farbenprächtige Inszenierung des Falstaff steuert Graham Vick bei. Das Bühnenbild ist eher karg, aber leuchtkräftig. Kostüme und Requisite hingegen lassen in ihrem Hang zur Übertreibung bisweilen an ein Comic denken.
Bryn Terfel ist der geborene Falstaff: Mit opulenter aber stets klangschöner, warmer Stimme ausgestattet, verfügt er zugleich über ein enormes schauspielerisches, vor allem auch komisches Talent. In seinem Renaissance-Kostüm nimmt man ihm den Ritter Falstaff in jedem Augenblick wirklich ab. Neben seiner starken Leistung verblassen notwendig die weiteren Darsteller ein wenig, obschon auch sie in der obersten Verdi-Liga spielen. Hervorzuheben sind dabei besonders Barbara Frittolis Alice und Kenneth Tarvers Fenton. Das musikalische Zusammenspiel der Sänger bleibt auch in den komplexen Ensembleszenen perfekt aufeinander abgestimmt.
Bernard Haitink führt das Orchester eher als Unterstützung für die Sänger, denn als eigenständige Kraft, was der Zugkraft keinen Abbruch tut.

Den Glanzpunkt der Box aber bildet David McVicars mitreissende, teils drastische Rigoletto-Inszenierung in düster-rostigem Bühnenbild: Wann hat man die Hauptfigur je so differenziert ausgeleuchtet gefunden, wie hier? Von seinem Schicksal nicht bewegt zu sein, dürfte angesichts der intensiven Bilder, die McVicar gefunden hat, aber auch dank der überzeugenden sängerischen wie darstellerischen Leistung von Paolo Gavanelli schwer möglich sein. Als sein Counterpart gibt Marcelo Alvarez den Herzog mit der nötigen Portion Machismo und scheut sich nicht, denkbar unsympathisch daherzukommen. Dazu gehört notgedrungen auch manche stimmliche Kraftmeierei. Ganz ausgezeichnet vollzieht Christine Schäfer die Veränderungen in der Figur der Gilda nach. Ihr Gesang und Spiel sind höchst expressiv, dabei bleibt die Stimmfarbe stets absolut rein.

Am Dirigentenpult bestärkt Edward Downes Orchester und Sängerensemble mit dramatischem Feuer, so dass ein Rigoletto entstanden ist, den man sich packender, italienischer kaum denken könnte. Und das im vermeintlich unterkühlten London! Einziger Wermutstropfen sind manche Trübungen in der Tontechnik, denn nicht immer wurden die Sängerstimmen optimal eingefangen.



Sven Kerkhoff



Besetzung

Il Trovatore
Manrico: José Cura
Graf Luna: Dmitri Hvoróstovsky
Leonora: Verónica Villarroel
Azucena: Yvonne Naef
Chor und Orchester des Royal Opera House
Ltg. Carlo Rizzi
Inszenierung: Elijah Moshinsky

Falstaff
Sir John: Bryn Terfel
Ford: Roberto Frontali
Fenton: Kenneth Tarver
Alice Ford: Barbara Frittoli
Chor und Orchester des Royal Opera House
Ltg. Bernard Haitink
Inszenierung: Graham Vick

Rigoletto
Herzog von Mantua: Marcelo Alvarez
Rigoletto: Paolo Gavanelli
Monterone: Giovan Battista Parodi
Gilda: Christine Schäfer
Chor und Orchester des Royal Opera House
Ltg. Edward Downes
Inszenierung: David McVicar



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