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BATTLELORE - A Warrior's Tale
 

"...Where the shadows lie" ist der Titel eines ganz erstaunlichen Debütalbums (siehe Review in dieser Ausgabe), mit welchem seit Februar eine junge, aufstrebende Band aus finnischen Landen wohlverdiente Aufmerksamkeit zu erregen sucht. Den Namen Battlelore sollte man also nicht allzu schnell aus dem Gedächtnis streichen, denn abseits ihres extremen Images, das von überschwänglichem Lob bis derbster Schmähung das gesamte Spektrum interessegenerierender Reaktionen erfuhr und schwerpunktmäßig von den Werken J.R.R. Tolkiens sich beeinflusst zeigt, hat das Septett eines zu bieten, was zu vielen seelen- und ideenlosen Kopisten allseits bekannter metallischer Klischees abgeht: Ungezügelte Kreativität, ein Übermaß an innovativen Ideen und die erfrischende Vorwitzigkeit, diese in stilgrenzendruchbrechende Musikstücke umzusetzen.

Wie die Vorgeschichte der Fantasy-Freaks verlief und warum sie für die meisten Beobachter unerwartet im Frühjahr 2002 urplötzlich auf der internationalen Bildfläche erschienen, wollte ich zu Beginn unseres Gespräches von Bassist Miika Kokkola alias Thrangull erfahren.

"Battlelore in ihrer ersten Inkarnation fanden Anfang 1999 zueinander. Die damalige Formation, bestehend aus fünf Musikern, spielte zusammen aber lediglich das Demo „Warriors Tale“ ein. Direkt nach der Aufnahme zu eben diesem mussten einige einschneidende Veränderungen vollzogen werden, da unser Drummer Gorthauer sich verstärkt Horna widmen wollte und nicht genug Zeit für uns aufbrachte. Durch die Integration von Jyris Bruder konnte die Band jedoch weitergebracht werden und es kristallisierte sich langsam aber sicher die Linie unserer zukünftigen Veröffentlichungen heraus. Im Herbst 2000 wurde das zweite Demo namens "Dark Fantasy" aufgenommen, auf dem unsere heutigen Sängerinnen Maria und Kaisa als musikalische Gäste zu hören waren. Kurz darauf wurden sie als vollwertige Mitglieder unserem Line- Up beigefügt, so dass wir zu siebt unser erstes Album in Angriff nehmen konnten. Im Januar diesen Jahres hat Tommi uns allerdings verlassen, momentan sind wir noch auf der Suche nach einem Ersatz, dessen Name beizeiten bekannt gegeben werden wird."

Nach dieser Vergangenheitsbewältigung stellt sich natürlich die Frage, wie man derzeit den eigenen Stand beurteilt und ob man ob der Reaktionen auf oder aufgrund eigener Gedanken über das erste Album an diesem im Nachhinein etwas würde ändern wollen.

"Ich bin vollkommen zufrieden mit dem Album", stellt Miika sogleich klar. "Wir haben alle zusammen mehrfach darüber gesprochen und es gäbe auch heute kaum Veränderungen. Die Gitarren könnten vielleicht ein wenig kräftiger klingen, aber ansonsten denke ich nicht, dass es etwas zu beanstanden gibt."

Eine Aussage, die von gesundem Selbstvertrauen zeugt, das auch durch die nicht durchweg positiven Kritiken der Presse nicht geschmälert werden kann.

"Es ist ganz natürlich, dass es zu einer großen Anzahl untereinander differierender Meinungsäußerungen kommt und genau so sollte es meiner Meinung nach sein, da erst durch sie eine Diskussion zwischen denen, die uns mögen und denen, die uns nichts abgewinnen können, ermöglicht wird. Wir sind insgesamt sehr zufrieden mit der Reaktion, die Battlelore bis jetzt zuteil wurde, obwohl es Menschen gibt, die vergessen, was mit konstruktiver Kritik gemeint ist, weshalb ihre Kommentare allenfalls einen Lacher wert sind. Letztlich verbirgt sich aber selbst hinter diesen nicht zwingend intelligenten Äußerungen ein positiver Aspekt, da sie beweisen, dass wir unser Hauptziel erreicht haben, nämlich Emotionen in Menschen zu wecken. Hass ist eine sehr starke Emotion."

Kämpferisch wie Thrangulls Aussagen zu diesem Thema wirken auch die waffenstarrenden Fotos im mit merklicher Hingabe gestalteten Booklet von "...Where the shadows lie", welche die Bandmitglieder in Verkleidungen diverser Fantasy- Charaktere zeigen.

"Die visuelle Seite von Battlelore ist sehr wichtig, da wir den Menschen eine vollkommene Reise in Tolkines Welt von Mittelerde bieten wollen. Sämtliche Outfits sind unseren Vorstellungen der verschiedenen Rassen Mittelerdes nachempfunden, es wurde unsererseits also nicht versucht, den Motiven des Films „Herr der Ringe“ oder anderen eventuellen Vorbildern nachzueifern."

Wer hatte denn überhaupt die grundsätzliche Idee, die Band in diese Richtung zu lenken? Nicht alle Mitglieder sind gleichermaßen große Tolkien- Fans, wie Miika bestätigt.

"Wir mögen alle Tolkien, die einen natürlich mehr, die anderen etwas weniger. Trotzdem ergab es sich für uns alle ganz natürlich, diesen Weg zu beschreiten. Ich lese fast ausschließlich Fantasy und Bücher über das Mittelalter und mag es, mich mit dieser Materie näher zu beschäftigen.
Das äußere Erscheinungsbild muss immer gegeben sein, solange man von Fantasy Metal spricht, und genau den spielen wir. Wie könnte eine Band, deren Kampfkleidung aus normalen Jeans und T-Shirts besteht, die Leute überzeugen, echten Fantasy Metal zu verkörpern? Lächerlich. Aber jeder soll sein Ding durchziehen, wie er es für richtig hält, wir fühlen uns auf unsere Art am wohlsten."

So wohl, dass auch etwaige imagebedingte Karrierenachteile einfach nicht ins Kalkül gezogen werden.

"Wenn jemand unsere Fotos oder unser Albumcover sieht und daraufhin beschließt, uns keine Chance zu geben, wird er nie herausfinden, wie großartig unsere Songs sind, was letztlich einen Verlust für ihn bedeutet, oder? (Ohne Zweifel - Anm. d. Red.)
Würden wir Musik für den Mainstream machen, hätte ein solcher Einwand sicher mehr Bedeutung, doch was wir tun, tun wir für uns und natürlich für Menschen, die auf Fantasy basierenden Metal mögen."

Ganz und gar nicht mainstreamgerecht wirkt auch die enorme Bandbreite an diversen Metal- Spielarten, die von den Stücken auf „...Where the shadows lie“ abgedeckt wird. Ich muss mir mangels besserer Vorschläge mit dem Begriff „Dark Metal“ helfen, ein Anzeichen für den großen Einfluss der jeweiligen Musikgeschmäcker der sieben MusikerInnen.

"Ja, du hast vollkommen Recht. Wir selbst wollen unsere Musik nicht kategorisieren und überlassen dies lieber dem Hörer. Jeder von uns hat seinen eigenen Stil und das führt letztlich zu diesem vielseitigen Endergebnis. Zusätzlich verfügt jedes Lied über ein eigenes, vom jeweils wiederzugebenden Inhalt bestimmtes Konzept. Wir durchlaufen also eine Vielzahl emotionaler Phasen, die hoffentlich von der Mehrzahl der Hörer anhand der Bilder in ihren eigenen Köpfen nachvollzogen werden können."

Eine spezielle Art, all diese Bestandteile zu integrieren und beispielsweise gleich drei Sänger gleichberechtigt einzubinden, existiert dennoch nicht.

"Nein, die verschiedenen Stimmen kreieren einfach signifikante Stimmungen, die für das Transportieren des spezifischen Themas nötig sind. Wir bemühen uns aber immer um einen roten Faden, so dass wir bei jedem Stück aufs Neue entscheiden, wie viele dieser „Mood“- Parts wir einfügen. Sie sind unser Weg, unsere Inhalte zu präsentieren, etwa durch harschen Grunzgesang als Ausdruck einer Schlacht zwischen wilden Orcs oder Goblins."

Neben eben diesem "Raging Goblin" welches mein Battlelore-Lieblingssong ist, sehe ich doch während des epischen Mittelteils deutlich Saruman vor mir, wie er im „Herr der Ringe“- Film seine Truppen aus den Minen entsendet, die sich anschließend mit Gebrüll ins Schlachtengetümmel stürzen, muss „Shadowgate“ exponiert genannt werden, da der Industrial- beeinflusste Stampfer selbst im Kontext eines ohnehin schon extrem vielfältigen Albums sehr ungewöhnlich anmutet. Ein gewagtes Experiment, aber vollauf gelungen.

"Ursprünglich war "Shadowgate" ein ganz "normaler" Song, bis uns unser Produzent Miitri vorschlug, das Stück zu überarbeiten und diese maschinellen Sounds einzufügen, um die kalte, angsteinflößende Landschaft Mordor besser wiederspiegeln zu können. Vom Original blieb letztlich ein einziges Bass- Riff übrig, den Rest schrieben wir im Studio noch einmal komplett neu, was sich als sehr positiv erwiesen hat, da ich das Endergebnis wirklich sehr mag. Sehr simpel, sehr effektiv und, wie du bereits sagtest, einzigartig in unserem Genre. Für spätere Alben haben wir weitergehende industrielle Elemente im Kopf, die wir nun schon auf unserem Debüt einführten."

Lyrisch werden sicher auch die Nachfolger Futter für Fantasten liefern. Was genau macht denn Tolkien hierbei so großartig, warum erscheinen immer noch derart viele neue von ihm inspirierte Bands auf der Bildfläche, dass es fast schon unwirklich erscheint?

"Wir alle sind vertraut mit Tolkien und gerade Jyri hat sich seit seiner Kindheit sehr intensiv mit dessen Werken beschäftigt, so dass es eine logische Entscheidung für uns war, unsere Musik seiner Arbeit zu widmen. Und Tolkiens Schaffen im Gesamten, das kann ich dir garantieren, ist ein unerschöpflicher Quell der Inspiration. Über die Szene und ihre weiteren Bands kann ich nicht viel sagen, denn wir ziehen unser Ding auf die ganz spezielle Battlelore- Weise durch, egal wie eventuell andere mit denselben Themen umgehen."

Und Fantasy an sich? Purer Eskapismus, oder steckt doch mehr dahinter? Gibt es nicht gehobenere Ansprüche, denen man gerecht zu werden versuchen könnte, tiefergehende Gedanken und Gefühle?

"Fantasy bietet den Leuten eine Möglichkeit, all die langweiligen Geschehnisse ihres alltäglichen Lebens zu vergessen. Und natürlich sind die Inhalte eher leicht und einfach gehalten, verglichen beispielsweise mit der Thematisierung von Politik in Musik. Eine meiner absoluten Lieblingsbands beispielsweise ist System Of A Down und die wandeln mit ihren Lyrics ja nun wirklich auf gefährlichen Pfaden. Wir dagegen konfrontieren den Hörer lediglich mit unseren Impressionen Mittelerdes und sollte es jemals einen politischen Song von uns geben, würde er sicherlich die Politik von Mittelerde behandeln. Fazit: Wir wollen harmlose Musik machen, die niemandes Grundsätze und Gefühle verletzt."

Aussagen, die man nicht befürworten muss. Dafür musste Miika sich auf meinen Wunsch einen Charakter Tolkiens auswählen, den er am ehesten würde verkörpern wollen.

"Ich wäre ein Zwerg, das steht fest. Solange nur "Der Herr der Ringe" berücksichtigt wird, wollte ich Gimli sein. Mein absoluter Lieblingscharakter ist allerdings Durin, König von Khazad-Dúm. Über ihn selbst existieren kaum eigene Geschichten, in Büchern wie dem "Silmarillion" können jedoch viele Querverweise auf sein Tun gefunden werden. Mir imponiert diese Art der Zwerge, Probleme mit ihrer einzigartigen, quasi dauerhaft halb-wütenden Art zu lösen."

Eine entsprechende Körpergröße vorausgesetzt wäre ein Lagerwechsel zu den kleineren Leuten also eine überdenkenswerte Alternative Miikas zum Musikerdasein. Mit den weiteren Plänen für Battlelore sieht es nämlich bislang eher mau aus.

"Hoffentlich können wir irgendwann auf Tour kommen. Bislang gab es diesbezüglich keine Gespräche und die Veranstalter reißen sich nicht gerade um uns, da wir als Neulinge einen entsprechend schweren Stand haben. Wenigstens spielen wir ab und an einen Gig in unserer Gegend. Ein paar neue Ideen und Songfragmente existieren ebenfalls schon und es wird selbstverständlich ein zweites Album geben, welches aber noch lange nicht ansteht. Nichts Großartiges also im Moment."

Dann vielleicht großartige letzte Worte?

"Ich hoffe, du mochtest unser Album (Ich mag es noch immer - d. Verf.). Wer mit uns in Kontakt treten will, sollte unsere Homepage www.battlelore.net besuchen, wo nun auch ein Messageboard eingerichtet wurde. Never trust an elf."

Womit es an mir ist, mich für dieses Interview zu bedanken.

"Danke dir, es war eine Freude."

Thorbjörn Spieß

 

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