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AUTUMNBLAZE - Von unmöglichen Möglichkeiten
 

Wer hören kann, darf fühlen, diesem Motto folgen Autumnblaze auch auf ihrem dritten Album, zwar ohne Metal, dafür aber mit Gefühl. Markus B., zwar ohne Nachnamen, dafür aber erstmals auch ohne Pseudonym, stellte sich den Fragen eines von "Mute boy Sad girl" (Review in dieser Ausgabe) begeisterten MAS-Schreibers und gab als Kopf des Duos Antwort bezüglich der neugewonnenen Direktheit, sprach über Liebe, Träume und das Meer.

Musik An Sich:
Wie kam es zur Herausbildung des Songmaterials, das wir nun in Form von "Mute boy Sad girl" genießen dürfen? War die Entwicklung hin zum heutigen Stil bereits abzusehen bzw. längerfristig geplant?

Markus:
Langfristig geplant mit Sicherheit nicht. Natürlich macht man sich im Vorfeld Gedanken, in welcher Art und Weise man den ein oder anderen Song umsetzen möchte, aber ich lasse mir immer viel Luft für neue Ideen und gerade wenn man dann im Studio ist, fallen einem noch viele Dinge ein. Die Songs an sich werden von mir auf der Akustikgitarre komponiert und größtenteils arrangiert und später im Studio zusammen mit Schwadorf ausgearbeitet.

MAS:
Wie zufrieden bist du mit dem Endresultat? Hast du schon genug Abstand zu beurteilen, ob alle Ideen deinen Vorstellungen gemäß umgesetzt werden konnten?

Markus:
Zufrieden bin ich auf jeden Fall, obgleich es hier und da ein paar Sachen gibt, die ich zukünftig ändern möchte. Aber das ist ganz natürlich, denn wenn ich komplett zufrieden wäre, dann gäbe es auch keine Entwicklung mehr und keinen Grund weiterzumachen.

MAS:
Ziehst du persönlich die lyrische Ausarbeitung deiner Gedanken auf der neuen derer der alten Platten vor? Vom wunderschön verschleierten "Her golden robe in silence veiled" zum entwaffnend einfachen "Can`t save anyone" ist es zugegebenermaßen ein großer Schritt.

Markus:
Dazu muss ich sagen, dass ich in der Gegenwart lebe und mir dementsprechend die Gedankengänge näher sind, die noch nicht so lange zurückliegen und natürlich ziehe ich Texte wie "Can`t save anyone" älteren Texten vor, alles andere wäre ja äußerst unseriös, denn wenn ich die Texte der alten Platten denen des neuen Albums vorziehen würde, dann wäre es ja überhaupt sinnlos die neuen Texte überhaupt zu schreiben, oder?

MAS:
Würdest du mit mir dennoch darin übereinstimmen, dass es - ähnlich der verschiedenen Werke von Empyrium - trotz all der stilistischen Unterschiede eine Verbindung zwischen den drei Atumnblaze- Alben gibt, die vornehmlich in einer Emotionalität und Eigentümlichkeit zu suchen ist, die künstlich gezogene Grenzen sprengt?

Markus:
Also, das ist eine Frage, die mich nicht so sehr beschäftigt und auch nicht interessieren muß, denn es liegt nun am Hörer, ob er sich solche Gedanken macht oder nicht. Ich bin derjenige, der die Musik macht, ich muss sie nicht noch interpretieren. Jeder sollte sich diese Frage selbst beantworten.

MAS:
Siehst du in diesem Zusammenhang eine Rückkehr zu kreischendem Gesang und harten Gitarren hinkünftig im Bereich des Möglichen oder ist das Kapitel „Metal“ abgeschlossen?

Markus:
Ausgeschlossen ist nichts. Im Moment sieht es aber nicht danach aus.

MAS:
Dass das neue Album einige Hörer nicht nur überraschen, sondern sogar verärgern könnte. Dies ist dir sicherlich egal, hinter „Mute boy Sad girl“ kann kein Kalkül stecken. Würdest du demnach einen gewissen Narzissmus als für Kunstschaffende unbedingt nötig betrachten?

Markus:
Unbedingt nötig ist es nicht. Jedoch denke ich, dass in jedem von uns ein kleiner Narziss steckt und das ist auch gar nicht so schlimm. Aber um jetzt auf "Mute boy.." zurückzukommen - es ist ein sehr persönliches mir außerordentlich nahes Album, dessen Texte sich sehr kritisch und schonungslos mit mir selbst auseinandersetzen und dementsprechend tritt hier der Narzissmus ein wenig in den Hintergrund.

MAS:
Alle Stücke zeugen von einem Hang zu sehr kritischer Selbstreflexion, trotzdem ich nicht den Eindruck habe, dass du dir ständig Vorwürfe machst, da einer unsicheren Person eine Aufarbeitung eigener Probleme in solcher Offenheit kaum möglich wäre. Ein Widerspruch?

Markus:
Da hast du recht, ich bin keiner, der sich ständig selbst Vorwürfe macht oder sich selbst bemitleidet. Ich bin ein Idealist, der für seine Ziele und Träume kämpft. Das schließt jedoch die kritische Selbstreflexion nicht aus, im Gegenteil, sie ist unbedingt erforderlich für die geistige Weiterentwicklung und man möchte ja nicht immer dieselben Fehler machen. Es gibt so viele Wege, die man im Leben einschlagen kann. Sie sollten nicht brach liegen.

MAS:
Die unmittelbar berührende Wirkung der Texte wird durch deren Phrasierung noch unterstrichen, ebenso durch einige ungewöhnlich ausgesprochene Worte. Mag sein, dass ich diesbezüglich zu detailvernarrt bin, kannst du mir dennoch sagen, welchen Unterschied es für dich macht, beispielsweise "sad" mit weichem statt scharfem "s" zu sprechen?

Markus:
Das weiche "s" passt besser zur Bedeutung des Wortes „sad“. Jedoch ist es auch durchaus Absicht das scharfe "s" zu vermeiden, denn ein Gesangmikrophon ist sehr empfindlich und wenn man leise singt und nur noch scharfe s-Laute von sich gibt, dann ist es nachher sehr schwer, den Gesang adäquat zu mischen, da es überall nur noch zischt.

MAS:
Nachfolgend einige Gedanken zu einzelnen Stücken und Textfragmenten: "Mute boy Sad girl" - warum ist der Junge stumm, was macht das Mädchen traurig? Wurden beide bereits so geboren? Oder sind sie eventuell schuld am Unglück des jeweils anderen?

Markus:
Schuld ist das falsche Wort. Stumm bedeutet in diesem Fall, dass man nicht in der Lage ist über Dinge zu reden, über die geredet werden muss. In einer Beziehung sollte man reden und nicht nur über die alltäglichen Dinge sondern auch über die Dinge, die einen bedrücken oder einem am anderen stören. Wenn das nicht mehr geschieht, wird der Andere traurig und macht sich im Stillen Gedanken, was jetzt eigentlich los ist. So werden Missverständnisse gesät und im schlechtesten Fall führen sie zur Trennung. Das ist jetzt nur mal ganz oberflächlich angerissen.

MAS:
"I can`t love while I`m dead" - dieser Satz suggeriert, dass Totsein als Zustand von begrenzter Dauer aufzufassen ist. Wie oft warst du bereits tot?

Markus:
"Tot" heißt in diesem Fall so viel wie "reaktionslos", "in meinen Gedanken gefangen", "unfähig auf den anderen zuzugehen", "gelähmt". Das geschieht dann, wenn man zu sehr auf sich selbst fixiert ist.

MAS:
Zum selben Satz: "Love" unterscheidet sich von "live" allein durch einen auszutauschenden Buchstaben, beim Mitsingen ertappe ich mich oft dabei, das falsche Wort zu benutzen, auch weil "live" als Gegensatz zum folgenden "dead" einleuchtet. Wie verhalten sich deiner Erfahrung nach Leben und Liebe? Ist eines ohne das andere möglich?

Markus:
Na ja, Leben und Liebe gehören schon irgendwie zusammen, denn wenn ich nicht lebe, kann ich auch nicht lieben und wenn ich nicht liebe, dann geht’s mir auch nur halb so gut.

MAS:
"The nature of music" ist was den Text anbetrifft recht kurz gehalten. Zudem finde ich die Idee, ein solch durchsichtig aufgebautes, atmosphärisches Stück derart zu benennen, besonders reizvoll, weil es eben keiner besonderen musikalischen Mittel bedarf, um die Namensgebung zu erklären. Ein Hinweis darauf, dass Musik ohnehin nicht erschöpfend zu beschreiben ist und Worte ihr somit nicht gerecht werden können?

Markus:
Das ist jetzt wieder eine Interpretation, die durchaus interessant ist, aber es steckt von meiner Seite keine konkrete Absicht dahinter, eher ist es unbewusst so entstanden. Aber Worte können immer nur einen kleinen Teil beschreiben oder erklären, niemals können sie allem gerecht werden. Selbst hinter den Worten, die ich hier jetzt gerade aufschreiben, stecken noch Millionen anderer Gedanken.

MAS:
"I am water": Wenn ein Mensch Wasser ist, in das lediglich eingetaucht werden muss, ist dies eher Verheißung oder Drohung? Schließlich kann man jederzeit ertrinken...

Markus:
Man kann ertrinken aber auch sich einfach treiben lassen. Man sollte sich manchmal getrauen ins Wasser hineinzuspringen. "I am water" ist eine Metapher für „Vertraue mir, lass dich fallen, ich fange dich auf“.

MAS:
"Shells and butterflies" ist erneut Ausdruck einer Liebe zum Meer, welches in Form von Wasser und Wellen das Album in seiner Gesamtheit prägt. Die Klänge der letzten Minuten lassen mich einen Menschen sehen, wie er ins Wasser geht, nicht mehr wiederzukommen. Was bedeutet dir der Ozean?

Markus:
Sehr viel, denn das Meer ist die Heimat der Geheimnisse, der unmöglichen Möglichkeiten, die Ursuppe. Das Meer ist wie ein alles umfließender Traum.

MAS:
Abschließend bitte ich um einen Ausblick auf zukünftige Aktivitäten. Werdet ihr touren, bestehen bereits Pläne für neue Veröffentlichungen, was gibt es sonst zu sagen?

Markus:
Wir werden im September/Oktober zusammen mit The Third And The Mortal touren. Vorher stehen noch das Zillo- Festival (13.Juli) und das I-Wood Festival in Thüringen (29.Juni) an. Des weiteren nehme ich demnächst noch ein paar Songs für eine Mcd auf. Wann die veröffentlicht wird, kann ich noch nicht sagen.

MAS:
Damit sind wir am Ende dieses Interviews. Platz für letzte Worte, Beschwerden oder Gegenfragen.

Markus:
Vielen Dank für das Interview. Mehr über Autumnblaze findet ihr unter www.AUTUMNBLAZE.de .

MAS:
Ich bedanke mich.

Thorbjörn Spieß

 

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