Musik an sich


Artikel
Helstar - Immer noch heavy und relevant!




Info
Gesprächspartner: Helstar (Larry Barragan)

Zeit: 05.05.2014

Stil: US Power/Thrash Metal

Internet:
http://www.helstarmetal.com
http://www.facebook.com/Helstar.Metal

Houston, Texas - dabei denkt man vielleicht nicht primär an Heavy Metal. Doch aus dieser Stadt stammt einer der größten US-Metal-Legenden der 1980er Jahre: Helstar. Früher eher technischer Power Metal, heute eher dem Trash zugetan, hat die Band in ihrem über dreißigjährigen Bestehen einige herausragende Alben veröffentlicht. Das neueste hört auf den Namen This Wicked Nest und ist eine klare, musikalische Standortbestimmung. Dazu beweist man abermals, dass man keineswegs ein Produkt von alten, satten Männern ist. MAS nutzte die Gelegenheit und sprach mit Gitarrist und Songwriter Larry Barragan. Dabei fand nicht nur das aktuelle Werk Berücksichtigung, sondern vor allem auch die lange Geschichte der Band, aus der sich der Bandgründer für einige Jahre freiwillig zurück zog. Heraus kam (besonders für Fans der Band) ein ziemlich interessantes Gespräch, das auch einen etwas anderen Blick auf Helstar wirft, als das Interview mit Sänger James Rivera zum Vorgänger Glory of Chaos.




This Wicked Nest ist ein ziemlich schweres Album und eine gute Weiterentwicklung von seinem Vorgänger Glory of Chaos, der euch als knallharte Musiker gezeigt hat, in deren Venen noch jede Menge Blut fließt. Man findet in Titel wie „It has risen“ oder „Fall of Dominion“ auch wieder ein paar feine Melodien, die das Ganze aufpeppen. War das eine bewusste Entscheidung oder eher eine natürliche Entwicklung?

Nein, ich würde sagen, dass es für uns eine vollkommen natürliche Sache war. Wir setzen uns nicht wirklich hin und sagen „mach bei dieser Nummer den Pre-Chorus melodisch“. Es fließt einfach und wir lassen uns von dem Song in diese Richtung treiben. Um ehrlich zu sein, dachte ich zuerst „wie zur Hölle sollte ich James dazu singen lassen?“ als Rob (Trevino, 2. Gitarrist - Anm.d.Verf.) mit dem Lied ankam. Aber als ich mich hinsetzte und es ein paar Mal anhörte, fühlte es sich so an, als sei alles am richtigen Platz.

Mit „Cursed“ habt ihr eine Art Doom-Song mit auf dem Album, was nicht zuletzt am Text liegt, was mich gleich zur nächsten Frage führt. Was kommt zuerst beim Schreiben, die Musik oder der Text? Und wie arbeiten Helstar als Band daran?

Normalerweise mailen wir uns gegenseitig Songteile zu. In der Anfangsphase sitzen wir also nicht gemeinsam in einem Raum zusammen, um an Songs zu arbeiten. Wenn wir uns dann auf eine lose Struktur geeinigt haben, treffen wir uns persönlich und arbeiten gemeinsam am Ganzen. „Magormissabib” war allerdings ein Titel der entstand, als wir zusammen saßen und ein wenig rumspielten. Bei mir stehen die Texte erst ganz am Ende. Es ist leichter für mich eine Linie zu finden, wenn ich eine Melodie über die Musik summe. Wenn das sitzt, habe ich recht schnell einen Text dazu parat.

Eines der Highlights des Albums ist das Instrumental „Isla de las Muñecas“, das mich ein wenig an „The Whore of Babylon“ vom Klassiker „A Distant Thunder“ erinnert. Bei dem Titel könnt ihr mit Jeff Loomis (ex-Nevermore) einen recht prominenten Gast begrüßen. Was kannst Du mir über diesen Auftritt erzählen?

Tatsächlich hatte Jeff bereits vor einer Weile vorgeschlagen, dass wir gemeinsam einen Song schreiben sollten. Er ist ein sehr guter Freund und seine Idee hat mich fasziniert. Gleichzeitig dachte ich aber, was ich wohl schreiben könnte, das ihn nicht bloß zum Lachen bringt. Er ist schließlich fucking Jeff Loomis! Jedenfalls schrieb ich diese Nummer und dachte, dass das vielleicht das Richtige sein könnte, um mit ihm zu zusammen zu arbeiten. Ich rief ihn an, schickte ihm die Parts und er mochte es total. Komischerweise erwähnte auch ebenso „The Whore of Babylon“. Er wollte, dass es sich so anfühlt. Ich sagte ihm, er hat freie Hand und kann tun was er will. Er könnte solieren oder selbst den einen oder andern Takt schreiben und am Ende schrieb Dinge die genau zu dem passten, was ich bereits hatte.

Musste seinen Dienst beim Höllenstern quittieren: Bassist Jerry Abarca

Wart ihr in einem „professionellen“ Studio oder habt ihr zu Hause gearbeitet?

Wir nahmen die Sachen zuerst in unseren Heimstudios auf. Danach gingen wir in ein richtiges Aufnahmestudio, um die DI-Tracks mit unseren Bühnen-Equipment zu reampen. James hat seinen Gesang komplett im Studio aufgenommen. Es war also ein wenig eine Mischung aus beidem. Irgendwann einmal möchte ich am liebsten nur noch den Mix und die Gesangsaufnahme in einem Studio machen lassen und den Rest zu Hause erledigen. Es spart einfach Geld und zu Hause ist es auch bequemer.

Nachdem Bassist Jerry Abarca aus gesundheitlichen Gründen Helstar nach vielen Jahren verlassen musste, arbeitet ihr derzeit mit zwei Bassisten zusammen - einer für Europa, einer für Nordamerika. Hat dies finanzielle Gründe und werden die beiden ein fester Teil von Helstar sein?

Nein, Matej Susnik und Garrick Smith werden keine offiziellen Mitglieder der Band. Unserer Meinung nach gibt es keinen anderen Weg Jerry zu ersetzen. Es wäre einfach respektlos. Er war so lange in der Band (durchgehend seit 1985 - Anm.d.Verf.) und er bedeutet so viel für uns. Er ist ein Familienmitglied. Beide, Matej und Garrick, werden uns für Aufnahmen und Konzerte zur Verfügung stehen, doch das komplette Songwriting werden wir alleine bestreiten. Und ja, natürlich, es macht finanziell Sinn zwei verschiedene Bassisten für verschiedene Kontinente zu haben.

Es dürfte allgemein bekannt sein, dass man mit Heavy Metal wie ihn Helstar spielen nicht reich wird und die meisten Musiker noch arbeiten gehen müssen. Siehst Du Helstar trotzdem als eine Art Fulltime-Job oder mehr als professionelles Hobby? Was würdest Du wählen, wenn Du müsstest -, Deinen Beruf oder die Musik?

Oh mein Gott, ich würde es lieben nur Musik zu machen! Natürlich würde ich die Musik als Fulltime-Job vorziehen. Die Band ist nicht nur ein Hobby, sie ist einfach ein großer Teil meines Lebens. Ich spiele Gitarre seit ich zwölf bin. Aber Metal… Mann, wie Du schon sagst ist es sauschwer mit dieser Art von Musik Geld zu verdienen. Es funktioniert ganz gut, wenn wir auf Tour sind. Aber reich werden wir damit trotzdem nicht. Man hat es schwer!

Es ist jetzt 30 Jahre her, dass ihr Euer Debüt Burning Star veröffentlicht hat, dem ihr auch die aktuelle Tour widmet. Das ist natürlich auch eine gute Gelegenheit auf die Geschichte von Helstar ein wenig zurück zu schauen. Könntest Du vielleicht anfangs alle Alben, die Du mit aufgenommen hast, kurz kommentieren?

Gerne, kein Problem!

Diskografie
Burning Star (1984)
Remnants of War (1986)
A Distant Thunder (1988)
Nosferatu (1989)
Multiples of Black (1995)
T’was the Night of Hellish X-Mas (Live, 2000)
The James Rivera Legacy (Compilation, 2001)
Burning Alive (DVD, 2006)
Sins of the Past (Re-Recordings, 2007)
The King of Hell (2008)
Rising from the Grave (Boxset, 2010)
Glory of Chaos (2010)
30 Years of Hel (Live/DVD, 2012)
This Wicked Nest (2014)
Burning Star.

Damit hat alles angefangen. Wir waren noch Kinder und unsere Klamotten passten noch nicht richtig. Wir waren so naiv.

Remnants of War.

Ich denke, damit sind wir erst Helstar geworden. Dieses Album hat unsere Identität gefestigt.

A Distant Thunder.

Unser erstes Album mit Metal Blade. Damit haben wir angefangen Aufmerksamkeit zu erregen. Es war auch unser erstes Album mit Produzent Bill Metoyer und es machte viel Spaß es aufzunehmen.

Nosferatu.

Wir legten unsere Herzen und Seelen in dieses Album, aber die Leute haben es nicht verstanden. Letztlich haben Sie es sogar gehasst und die Band wurde von Metal Blade rausgeworfen. Es war damals eine sehr frustrierende Zeit für mich.

The King of Hell.

Es ist unser Phoenix der aus der Asche steigt! Das Album hat meiner Meinung nach den Ton für das was kommen würde festgelegt, da es heavier war, als es die Leute erwartet hatten.

Glory of Chaos.

Ein einziger Schlag ins Gesicht! Ich liebe dieses Album. Es ist die Platte, die ich immer machen wollte - schnell, heavy, aggressiv.

This Wicked Nest.

Abermals aggressiv. Aber dieses Mal haben wir glaube ich einen Weg gefunden den technischen Ansatz mit den Thrash-Einflüssen zu vermischen. Wir haben einen Weg gefunden James’ Stimme über die wirklich schweren Parts zu stülpen.

Damals ein Stolperstein, heute ein Klassiker: Nosferatu

Warum genau hast Du eigentlich die Band damals nach der Veröffentlichung von Nosferatu verlassen? War es auch wegen der allgemeinen Situation des Musikgeschäfts damals? James sagt mir einmal, dass er in den 90ern seine schlimmsten Zeiten hatte, da traditionelle Metalbands es damals einfach sehr schwer hatten.

Es hat mich zerstört. Das Geschäft hat einfach meine Liebe zur Musik kaputt gemacht. Ich habe nicht einmal mehr meine Gitarren angefasst. Ich wollte sie nicht mehr in die Hand nehmen, ich hatte aufgehört zu spielen. Wie ich schon sagte, hatten wir unser ganzes Herzblut in Nosferatu gesteckt und es ist nichts passiert. Wir verloren die Orientierung und wussten nicht mehr, was wir tun sollten. Nachdem André (Corbin, Gitarre - Anm.d.Verf.) und Frank (Ferreira, Schlagzeug - Anm.d.Verf.) die Band verließen, war es einfach nicht mehr dasselbe. Alles stürzte zusammen und ich war vermutlich am tiefsten Punkt meines Lebens angelangt. Ich lief davon. Ich musste, da ich nicht verkrampft daran festhalten konnte etwas zu tun, das mich unglücklich macht.

Warst Du nicht überrascht, als James die Reste der Band weitergeführt und das wenig geliebte Multiples of Black veröffentlicht hat?

Nein, keineswegs. James ließ mich wissen, was er tun wollte und ich konnte ihn nicht davon abhalten. Ich glaube mit den Jahren haben wir aber festgestellt, dass Helstar nur als eine Kombination aus uns beiden funktioniert und es schwer für ihn sein würde, diesen Stil und Sound nachzubilden. Aber er musste einfach weitermachen und ich mache ihm keine Vorwürfe. Hätte er das Handtuch geworfen, würde ich jetzt nicht hier sitzen und dieses Interview mit Dir führen.

Was hast Du eigentlich in den Jahren gemacht, bevor zu vor rund einem Jahrzehnt Eternity Black zusammen mit Robert Trevino und eurem ehemaligen Schlagzeuger Russel DeLeon gegründet hast?

Ich war einfach ein Familienmensch und habe in einem normalen Job gearbeitet. Die meiste Zeit über war ich sogar ziemlich glücklich im Ruhestand zu sein. Doch als mein Großvater starb, fühlte ich, dass ich wieder Musik machen müsste. Es ist die einzige Möglichkeit wie ich loslassen kann. Es nagte so lange an mir, bis ich Rob anrief und ihn bat mit mir die Band zu gründen.

War diese Bandgründung auch der erste Schritt zur Reunion von Helstar? James hatte bereits mehrfach vorher versucht den Namen mit verschiedenen Musikern - unter anderem Jerry Abarca - wiederzubeleben.

Meine Absicht war nie Helstar neu zu gründen. Ich wollte, dass Eternity Black etwas Eigenständiges ist. Wir hatten auch nie Helstar-Songs gespielt, sondern nur eigene Sachen. Ein Freund von uns organisierte ein Konzert und er wollte, dass wir uns wieder für das 25-jährige Jubiläum von Remnants of War zusammentun. Ich dachte, das sei ein einmaliges Ding und sonst nichts. Aber die Sache hat ihre Flügel ausgebreitet und ist abgehoben. Und hier sind wir nun!

Wie war es, als James und Du euch wieder traft und zusammen im Proberaum standet? Ein wenig wie damals?

Ja, so war es tatsächlich. Schon ein wenig surreal. Wir fingen an zu spielen, ich schaute zu ihm rüber und ich fühlte mich, als sei ich wieder 20. Es machte einfach wieder Spaß!

Ein Karrierehighlight: Keep it true X

Seitdem seid ihr auch wieder ganz schön rumgekommen. Unter anderem wart ihr letztes Jahr Teil der „70.000 Tons of Metal“-Kreuzfahrt. Das war bestimmt ein Highlight der Bandkarriere.

Stimmt, das war toll. Aber um ehrlich zu sein, war das erste Keep-it-True Festival, bei dem wir Remnants of War komplett gespielt haben, eines der bisher besten Dinge überhaupt.

Gibt es noch Träume oder Ziele, die Du mit der Band oder ganz allgemein als Musiker - vielleicht auch in künstlerischer Hinsicht - verwirklichen möchtest? Ich denke, einen typischen „Rockstar-Traum“ wird man nach so vielen Jahren nicht mehr träumen.

Nein, ich träume nicht von Ruhm oder Reichtum. Ich möchte nur damit weitermachen so gute Sachen zu schreiben, wie ich nur kann. Ich möchte, dass die Alben heavy und relevant klingen. Das ist mein hauptsächliches Ziel. Natürlich möchte ich auch weiter als Musiker und Songwriter wachsen. Aber derzeit bin ich sehr zufrieden und glücklich wo ich stehe. Ich spiele Metal für einige der besten Fans, die sich eine Band nur wünschen kann!




Mario Karl



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