Musik an sich


Reviews
Judas Priest

Epitaph (DVD)


Info
Musikrichtung: Heavy Metal

VÖ: 24.05.2013

(Sony Music )

Gesamtspielzeit: 142:00

Internet:

http://www.judaspriest.com


Manchmal ist es ganz interessant die Bedeutung von bestimmten Wörtern zu googeln. Ich zitiere: „Als Epitaph wird ein Denkmal mit einer Gedenkinschrift zur Erinnerung an einen oder mehrere Verstorbene bezeichnet.“ Den Satz lass ich jetzt einfach mal so stehen. Weiter unten werde ich dazu Stellung nehmen.

Ich war am 04.05.2012 auf der Epitaph-Tour von Judas Priest in der Nürnberger Arena. Das Konzert hat sich damals als sehr zwiespältige Angelegenheit dargestellt. Das Motto der Tour war, von jedem Album der Band einen Song zu bringen. Bei der doch erheblichen Veröffentlichungsmenge von Judas Priest war klar, dass das Konzert dann wohl etwas länger dauern würde. Die DVD ist mit 142 Minuten Spielzeit dann auch lang ausgefallen. Wobei man sagen muss: Dabei handelt es sich wirklich nur um die Spielzeit - der Gig hat insgesamt 142 Minuten gedauert. Extras sind auf der DVD keine vorhanden. Das finde ich angesichts der technischen Möglichkeit einer DVD ziemlich armselig. Ein Interview der einzelnen Bandmitglieder oder ein paar Backstage-Impressionen wären zumindest interessant gewesen.

Von der Songauswahl her ist die DVD fast über jeden Zweifel erhaben. Die Tour war in meinen Augen kein reines Best-Of-Programm, denn manche Songs wie „Starbreaker“, „Never Satisfied“ oder „Blood Red Skies“ sind eher Geheimtipps und waren wirklich für die Die-Hard-Fans gedacht. Der Sound der DVD ist druckvoll und man kann jedes Instrument sehr gut und sauber heraushören. Leider ist dies auch bei Rob Halfords Gesang der Fall. Hier kommt auch gleich der große Wermutstropfen dieser DVD: Rob Halford kann einfach nicht mehr gut singen, das ist leider Tatsache. Da mag Richie Faulkner an der Gitarre noch so posen und die Fans in den ersten Reihen anstacheln - die Gesangsleistung von Rob Halford ist definitiv der Schwachpunkt im Gesamtgefüge der Band. Dies lässt sich nicht durch einen monumentalen Bühnenaufbau, diverse Feuersäulen, immer wiederkehrende Jackenwechsel oder diverse Mitsingspielchen nicht überdecken.

Ganz schlimm finde ich, wenn der Gesang von Rob Halford dann noch verstärkt, verzerrt oder sonst wie künstlich verändert wird. Früher (ja ich weiß, hört sich blöd an...) hatte er eine klare, kraftvolle Stimme, die einem die Schädeldecke weggeblasen hat. Heute röhrt er auf gut Glück drauf los und die Fans applaudieren. Am schlimmsten ist dies bei Songs wie „The Sentinel“ und vor allem bei „Painkiller“ der Fall. Es ist erschreckend, welche Gesangsleistung hier geboten wird. Rob Halford quält sich förmlich durch den Song, mir tut er dabei regelrecht leid. Mich regt auch die ständig gebückte Körperhaltung bei den meisten Songs auf - Teleprompter lässt grüßen. Megapeinlich wird das Ganze dann bei dem Kult-Klassiker „Hell Bent For Leather“, bei dem der Metal God förmlich auf der Harley Davidson liegt und dabei singt. Vermutlich war der Teleprompter hier im Tachometer eingebaut...

Vom Musikalischen her - ich meine die Instrumentalisten - sind Priest wie immer eine Bank. Ian Hill ist für mich der ultimative Metal-Bassist, der es mit seiner Ausstrahlung und seinem kraftvollen Bassspiel mit jedem Stahlwerkschwerstarbeiter aufnehmen kann. Ruhig und stoisch verrichtet er seine Arbeit, bis die Schicht beendet ist. Der schiere Wahnsinn. Richie Faulkner fügt sich sehr gut ein, spielt eine klasse Gitarre und heizt den Alteingesessenen mächtig ein. Außerdem kommuniziert er viel mit den Fans und ist ein echter Aktivposten auf der Bühne. Glenn Tipton spielt sehr gut Gitarre, wirkt jedoch über weite Teile des Konzerts müde und lustlos. Und Scott Travis ist definitiv etwas unterfordert und macht nicht gerade den best gelaunten Eindruck.

Die Bildführung ist für meine Begriffe sehr gut geraten und fängt die Atmosphäre eines Judas Priest-Konzerts sehr gut ein. Die Fans geben hier im berühmt berüchtigten Hammersmith Apollo in London Vollgas und heizen ihren Lieblingen auf der Bühne mächtig ein. Überhaupt ist es schön zu sehen, mit welcher Nibelungentreue die Priest-Fans zu ihrer Band stehen. Rob Halford kommt bei den Ansprachen die er hält überaus sympathisch rüber und bedankt sich mehrfach bei den Fans für ihre jahrzehntelange Unterstützung. Da ist nichts aufgesetzt, das nehme ich ihm sofort ab. Von daher ist der Titel der DVD (siehe oben) ein bisschen unpassend. Noch leben die Priester und lassen es auf der Bühne mächtig krachen. Noch sind die Hallen weitgehend voll und die Fans jubeln und pfeifen nicht. Bei Rob Halford sieht es manchmal auf der Bühne so aus, als wäre er kurz vor dem Kreislaufkollaps. Ich appelliere an die Band, sich doch bitte endlich aufzulösen oder weiter Alben zu machen, aber nicht mehr live aufzutreten. Denn dann besteht die Chance, dass man die „Metal Gods“ so in Erinnerung behält, wie sie früher waren. Auf der DVD verkommt die Sache zu einer reinen Nostalgie-Show und wer ehrlich ist, wird zugeben, dass die Band ihre beste Zeit eben schon Anfang der 90er gehabt hat.

Ich gebe der DVD genau 11 Punkte - hauptsächlich für Fans empfehlenswert. Für alle die Judas Priest in der Blüte ihrer Zeit sehen wollen, empfehle ich die DVD Live Vengeance '82.



Stefan Graßl



Trackliste
1Battle Hymn
2 Rapid Fire
3 Metal Gods
4 Heading Out To The Highway
5 Judas Rising
6 Starbreaker
7 Victim Of Changes
8 Never Satisfied
9 Diamonds And Rust
10 Prophecy
11 Night Crawler
12 Turbo Lover
13 Beyond The Realms Of Death
14 The Sentinel
15 Blood Red Skies
16 The Green Manalishi (With The Two Pronged Crown)
17 Breaking The Law
18 Painkiller
19 The Hellion
20 Electric Eye
21 Hell Bent For Leather
22 You’ve Got Another Thing Coming
23 Living After Midnight
Besetzung

Rob Halford (Gesang)
Glenn Tipton (Gitarre)
Richie Faulkner (Gitarre)
Ian Hill (Bass)
Scott Travis (Schlagzeug)


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