Musik an sich


Reviews
Monteverdi, C. (Wilson)

Marienvesper


Info
Musikrichtung: Barock

VÖ: 1.5.2011

(PAN Classics / Note 1 / CD / DDD / 2010, live / Best. Nr. PC 10240)

Gesamtspielzeit: 82:00

Internet:

Andreas Staier



DIMENSIONEN

Beim Kölner Fest für Alte Musik entstand im Oktober 2010 dieser Live-Mitschnitt von Monteverdis Marienvesper. Roland Wilson ließ sie mit zwei sechsköpfigen Vokalgruppen und spiegelbildlicher Bläser- und Streicherbesetzung ausführen. Die doppelchörige Polyphonie unterstreicht er durch die gruppenweise Aufstellung im Kirchraum, ganz so, wie es nach den Quellen zu Monteverdis Zeiten üblich war. Es ist naturgemäß nicht ganz leicht, dies auf CD einzufangen, aber die Staffelung ist doch recht plastisch gelungen und verfehlt ihre Wirkung daher auch im schlichten Stereo-Format nicht. Allerdings ist das Klangbild dadurch eher distanziert, mit einer gehörigen Portion Hall versehen und die Sänger sind klar hinter den Instrumentalisten verortet.

Ein typisches Kennzeichen des Live-Mitschnitts bildet auch hier, ähnlich wie bei der Einspielung unter Robert Howarth (MAS-Review), der Umstand, dass die Ausführenden sich erst in die Konzertsituation einfinden müssen. So geraten die beiden ersten Psalmveronungen (Dixit Dominus, Laudate Pueri) zwar fehlerlos, aber doch vergleichsweise zurückhaltend. Dabei werden auch die Tempi eher ruhig gewählt, wohl um dem Nachhall vorsichtig Rechnung zu tragen. Spätestens danach jedoch wird spürbar, wie das Ensemble Tritt fasst. So gelingt es Wilson schließlich, in beglückender Weise das Werk von der rein musikalischen in Richtung auf die mystische Dimension hin zu öffnen. Höhepunkte in diesem Sinne sind neben dem grandios ausgeführten Concerto "Duo Seraphim", der Psalm "Lauda, Ierusalem" und der Hymnus "Ave maris stella". Ein emphathischer und dennoch präziser Vortrag der Sänger geht dabei mit einem sehr schwungvollen, pointierten Orchesterspiel einher. Zum virtuosen Glanzstück avanciert das "Magnificat", jene Aneinanderreihung von musikalischen Miniaturen, die hier in ihren ganzen Vielgestaltigkeit und Leuchtkraft zur Geltung gebracht werden. Es ist endlich einmal wieder eine Marienvesper voller Saft und Leben, eine nicht für die fürstliche Kammer, sondern für die Kirche. Musikalisch sakrales Theater, so wie Gardiner es 1989 (DGG) einst verstanden hat, jedoch gepaart mit der schlanken Biegsamkeit der historischen Aufführungspraxis unserer Tage. Kurzum, eine Interpretation auf der Höhe der Zeit mit kleineren Startschwierigkeiten.



Sven Kerkhoff



Besetzung

La Capella Ducale:
Monika Mauch, Constanze Backes, Dorothee Mields, Veronika Winter: Sopran
Rolf Ehlers, Alexander Schneider: Altus
Markus Brutscher, Hermann Oswald, Hans Jörg Mammel, Georg Poplutz: Tenor
Markus Flaig, Stephan Schreckenberger: Bass

Musica Fiata

Roland Wilson: Ltg.


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