Musik an sich mit-bester-empfehlung.com - Webkatalog - TopNews - Linktausch - Onlinespiele - Mahjongg - Solitaire - Puzzle - Mahjong - Blumen - Singlebörsen


Reviews
Dufay, G. (Diabolus in Musica)

Missa se al face ay pale


Info
Musikrichtung: Geistliche Musik

VÖ: 01.04.2004

Alpha / Note 1
CD DDD (AD 2003) / Best. Nr. Alpha 051


Gesamtspielzeit: 66:35



WIE IM HIMMEL, SO AUF ERDEN

Die auf dem gleichnamigen weltlichen cantus firmus beruhende Missa se la face ay pale des franko-flämischen Komponisten Guilaume Dufay (ca. 1400-1474) ist ein polyphones Meisterwerk, das seine hohe Satzkunst hinter einer fast abstrakten, dabei aber nur vordergründig schlichten Klanglichkeit verbirgt.

Selten einmal wird das Musikideal des Mittelalters so ohrenfällig wie hier:
Nach dem Wort der Bibel hatte Gott ja „die Welt aus ungeformten Stoff … nach Maß, Zahl und Gewicht geordnet“ (Weisheit Salomos 11,17-20). Diese schöpfungstheologische Aussage verknüpfte das Mittelalter mit der pythagoreischen Lehre von der Verwandtschaft musikalischer und astronomischer Strukturen und Zahlenverhältnisse. Der Kosmos war also ein kunstvolles, in seinen Verhältnissen harmonisches Zahlenspiel, eine große Sinfonie!
Alle drei Bereiche des damaligen Weltbildes ließen sich somit als musikalische Schöpfungen beschreiben: Da gab es die unhörbare Musik der himmlischen Sphären (die musica mundana der Planenten und Fixsterne), weiter das wohlgeordnete Ineinanderspiel von Leib und Seele beim Menschen, der als Mikrokosmos den Makrokosmos abbildete (musica humana) und schließlich die klingende Musik, die Erde und Himmel verband (musica instrumentalis). Die aus den mathematischen Gesetzten und Strukturen abgeleitete klingende Musik konnte so zum Gleichnis für die Ordnung der Welt werden.
Man verstand die irdische Musik in der Liturgie aber auch noch als Abbild jener überirdischen Musik, die von den englischen Heerscharen zur Ehre Gottes im Himmel gesungen und gespielt wurde.
Wie im Himmel, so auf Erden - das galt auch und gerade für Musik, diese geistigste von allen Künsten.

Daher war der Blick des mittelalterlichen Musikers unmittelbar auf Gott und die göttliche Ordnung der Dinge gerichtet - wenn er komponierte, vollzog er gleichsam den Schöpfungsakt nach und stimmte sich ein in den Gesang der Engel. Weder war er das „Genie“, das in sich hineinhorchte und alles aus sich heraus hervorbrachte (wie es der Komponist der Neuzeit tun wird), noch orientierte er sich an einem Zuhörer, für den er komponierte (es sei denn, Gott selbst war dieser Zuhörer).

Auch Dufays Missa speist sich noch wesentlich aus diesen Vorstellungen, die sich in einer ganz und gar durchkonstruierten, eigengesetzlichen Musik niederschlagen. Deren Schönheit und Klangsinnlichkeit haftet etwas Objektives, Entrücktes an: So, als werde hier etwas zur Anhörung gebracht, das für menschliche Ohren eigentlich gar nicht gedacht ist, weil es jenseits ihres Fassungsvermögen liegt. Es sind auf das Maß menschlichen Hörens gebrachte Sphären- und Himmelsklänge.
Selbst die lateinische Sprache löst sich im endlosen Strömen, An- und Abschwellen des mehrstimmigen Gesanges auf. Diese Musik ist auch nicht deshalb schön, weil sie emotional bewegen würde (obgleich sie nicht „emotionslos“ ist), sondern weil in ihr die Schönheit einer höheren Ordnung erklingt.

Vor diesem Hintergrund dürfte die exzellente Darbietung des Ensembles Diabolus in Musica schwerlich zu übertreffen sein. Es interpretiert Dufays Musik als liturgisches Gesamtkunstwerk erratisch und glasklar. Die Homogenität der Stimmen ist bewunderwert, nicht weniger die in allen Registern geradezu samtige, wunderbar abgerundete Tongebung, die sich von der „Askese“ mancher britischer Ensemble unterscheidet (herausragend u. a. die zwei Bässe beim gregorianischen Gradual Benedictus es Domine).
Die wohlbegründete Besetzung mit zwei Sängern pro Stimme sorgt für ein ebenso transparentes wie vollmundiges Klangbild, das im Aufnahmeort, dem Chor des Collégiale de Champeaux, den perfekten Resonanzraum gefunden hat.
Eine eindrucksvolle Interpretation.



Georg Henkel



Trackliste
1Introitus: Benedicta sit sancta trinitas06:16
2Kyrie04:40
3Gloria10:03
4Gradual: Benedictus es Domine04:39
5Alleluia: Benedictus es Domine04:22
6Sequenz: Unus simplex et perfectum05:37
7Credo09:52
8Offertorium: Benedictus sit Deus pater02:12
9Sanctus08:00
10Agnus Dei05:40
11Communio: Benedicte Deum celi04:45
12Ite missa est00:29
Besetzung

Frédéric Betous & Andres Rojas-Urrego, Altus
Philippe Froeliger & Hugues Primard, Tenor I
Raphaël Boulay & Oliver Germond, Tenor II
Emanuel Vistorky, Bass-Bariton
Philippe Roche, Bass

Ltg. Antoine Guerber


  << 
Zurück zur Review-Übersicht
 >>