Musik an sich


Artikel
Kein alltäglicher Gast: der "magische Troubadour" Donovan bei den Rother Bluestagen




Info
Künstler: Donovan

Zeit: 11.04.2015

Ort: Roth - Bluestage

Internet:
http://donovan.ie

Es kommt nicht alle Tage vor, dass ein so seltener Gast wie der legendäre Donovan durch Deutschland tourt. Da ist es auch nicht besonders verwunderlich, wenn einige Konzerte - darunter auch der Auftritt in Roth - restlos ausverkauft sind. Donovan war ein großer Star in den sechziger und siebziger Jahren und hat mit musikalischen Größen wie den Beatles oder Alice Cooper zusammengearbeitet. Hört Euch mal bei „Billion Dollar Babies“ den zweiten Sänger an - es ist tatsächlich Donovan! Die Rother Bluestage sind auch heuer wieder mit einem sehr interessanten Programm versehen. Mit dabei sind musikalische Highlights wie Henrik Freischlader, The Pretty Things, Royal Southern Brotherhood oder Andreas Kümmert. Als Abschluss der mittlerweile sage und schreibe 25. Rother Bluestagen ist an dem heutigen Abend Donovan an der Reihe.

Um 20 Uhr betritt der sichtlich in die Jahre gekommene Sänger - er ist mittlerweile 70 Jahre alt - die Bühne in Roth. Es gibt keine Begleitband und keinen technischen oder visuellen Schnickschnack. Donovan nimmt im Schneidersitz auf einem etwas erhöhten Schaffell Platz und wird diesen Platz und vor allem auch diese Sitzhaltung, bei der ich schon allein vom Zuschauen Krämpfe bekomme, während des kompletten Auftritts beibehalten. Der Sound ist glasklar und wunderbar ausgesteuert. Das Ganze hat schon etwas magisches, wenn der kleine Künstler völlig in sich versunken und nur mit einer akustischen Gitarre seine Lieder zum Besten gibt.

Gesanglich ist der Meister vor allem bei den ersten Songs und bei den hohen Liedern wie z.B. „Wear Your Love Like Heaven“ teilweise etwas neben der Spur. Das ganze bessert sich jedoch sehr schnell und spätestens mit dem beeindruckenden „Remember The Alamo“ hat er sich gut eingependelt. Urig ist der schottische Akzent des in Glasgow aufgewachsenen Sängers. Wenn er erzählt, muss man sich teilweise schon ein bisschen anstrengen, um alles zu verstehen. Er kommt aus der gälischen Tradition der Songwriter und singt sehr häufig von vergangenen Zeiten, wie z. B. bei „Guinevere“.Fast zu jedem Song präsentiert er eine kleine Geschichte, die er mit Humor und Begeisterung erzählt. Etliche der Anwesenden können viele Songs komplett auswendig mitsingen, was das Konzert zu einem sehr besonderen Event macht. „Jennifer Juniper“ ist für mich das Highlight des ersten Sets, bei dem er wie ein Jungspund während seines Gesangsvortrags spitzbübisch in die Menge grinst und sich sichtlich freut, dass seine Songs nach all der Zeit immer noch ankommen.

Donovan verordnet sich und seiner Zuhörerschaft eine kurze Pause, ehe es mit der zweiten Runde weiter geht. Die beginnt sehr packend mit der Antikriegshymne „Universal Soldier“. Der Song ist umso bewegender wenn man bedenkt, dass er vom Vietnamkrieg handelt und sich aus weltpolitischer Sicht eigentlich fast nichts verändert hat. „Hurdy Gurdy Man“ kommt rein mit der akustischen natürlich nicht so wuchtig wie auf der Studioversion, verfehlt seine Wirkung jedoch keinesfalls. Er erzählt ein bisschen über die Entstehung des Liedes und über die Musiker John Bonham und Jimmy Page, die im Studio mitgespielt haben.

Donovan hat eine speziell für ihn angefertigte Akustikgitarre dabei. Von dem Exemplar ist er so begeistert, dass er der Gitarre selbst ein paar Minuten des Konzerts widmet. Etwas durchgeknallt ist der Typ natürlich schon - aber halt auch ein Künstler durch und durch. Seine Geschichten sind teilweise sehr absurd, aber auch lustig. Er hat einmal seine Gitarre mit ins Bett genommen, worauf ihn seine Frau samt Gitarre auf die Couch verbannt hat.

Der Abend vergeht wie im Fluge und entfaltet beinahe eine sakrale Grundstimmung. Mit „Sunshine Superman“ biegt der „magische Troubadour“ leider schon gefühlt viel zu früh in die Zielgeraden ein. Das vom Rother Publikum inbrünstig mitgesungene „Atlantis“ wird zum Triumphzug und klingt überaus ergreifend. Als Zugabe spielt er das melodische „Mellow Yellow“, danach ist dann endgültig nach ca. 100 Minuten Spielzeit Schluss. Donovan bekommt viel Applaus des begeisterten Rother Publikums.

Ich fand den Gig mit einigen Abstrichen klasse, aber bei Donovans Alter muss man gesanglich einfach ein Auge zudrücken. Donovan gibt ca. 15 Minuten nach dem Konzert eine Autogrammstunde, bei der er wirklich jeden Wunsch erfüllt und sich als überaus angenehmer Zeitgenosse entpuppt.


Set 1:
1. Catch the Wind
2. Colours
3. Remember the Alamo
4. Guinevere
5. The Little Tin Soldier
6. Josie
7. Jennifer Juniper
8. There Is a Mountain
9. Donna Donna

Set 2:
1. Universal Soldier
2. Young but Daily Growing
3. Wear Your Love Like Heaven
4. Hurdy Gurdy Man
5. The Promise
6. Lalena
7. To Try for the Sun
8. Sunshine Superman
9. Atlantis
10. Mellow Yellow



Stefan Graßl



 << 
Zurück zur Artikelübersicht
 >>