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„Deutschland muss sterben“ - Die Slime-Biographie von Daniel Ryser




Info
Autor: Daniel Ryser

Titel: Slime - Deutschland muss sterben

Verlag: Heyne Hardcore

ISBN: 978-3-453-67653-4

Preis: € 19,99

288 Seiten

Internet:
http://www.heyne-hardcore.de
http://www.slime.de
http://nationofswine.ch

Während Ende der 70er Jahre die Punkbewegung in ihrem Mutterland Großbritannien langsam ins Stocken geriet, schwappte sie endgültig über den Ärmelkanal und auch in Deutschland fanden die Platten der Sex Pistols, The Damned oder The Clash ihren Weg auf die Plattenspieler der Jugend. Sehr fasziniert davon waren die späteren Bandmitglieder von Slime, Deutschlands wohl radikalster Punkband, die mit parolenhaften Songs wie „Polizei SA/SS“, „Bullenschweine“ oder „Deutschland muss sterben“ nicht nur den Staat gegen sich aufbrachte.

Eigentlich wäre Autor Daniel Ryser zu jung um das Phänomen Slime zu ergründen, denn die Geburtsstunden des Schweizers und der legendären Hamburger Punkband fallen gleichzeitig ins Jahr 1979. Und doch ist es ihm vollauf gelungen, die Geschichte der Band lesenswert aufzubereiten.

Dabei wird in dem Buch nicht einfach die schlichte Biografie von Slime herunter gebetet. Nein, viel mehr war die Band ein Produkt ihrer Zeit und Ryser geht ausführlich auf das damalige Geschehen und das Umfeld der Gruppe ein. Egal ob RAF und aufkeimende Neo-Nazis, die die Szene unterwanderten, lokale Phänomene wie den FC St. Pauli und die Hausbesetzungen der Hafenstraße oder der aufkeimende Fremdenhass Anfang der 1990er Jahre. Um die Hintergründe und Beweggründe zu verstehen, sind diese Exkurse mehr oder weniger essentiell. Dazu kommen neben den Bandmitgliedern selbst auch alte Weggefährten wie Campino, Rocko Schamoni oder FM Einheit (Abwärts, Einstürzende Neubauten) zu Wort. Aber auch genrefremde Gesellen wie die Rapper Jan Delay und Casper (der allerdings nicht explizit im Buch genannt wird) tragen ihren Teil zum Gesamtbild Slime bei.

Dabei ist es dem Autor sehr zu Gute zu halten, dass er Slime ganz pur und unverdünnt darstellt. Das heißt, Sänger Dirk Jora und seine Kollegen werden einem nicht wirklich sympathischer, aber man kommt nicht umhin, der Band Respekt zu zollen. Denn sie ging ohne Rücksicht auf Verluste klar ihren Weg und scheute sich nicht, Missstände ihn ihrem Land deutlich anzusprechen und sich (teils mit körperlicher Gewalt) zu verteidigen.

Zweifellos, auch wenn sie heute wieder quicklebendig sind, Slime waren früher definitiv wichtig (genauso wie es ein Jahrzehnt vorher Rio Reiser und Ton Steine Scherben waren) und mit Deutschland muss sterben holt man sich nicht nur ihre Biografie ins Haus, sondern auch ein gewisses Stück Zeitgeschichte. Nicht nur informativ, sondern wirklich lesenswert!

Abgerundet wird das Buch von zahlreichen, teils raren Schwarzweiß-Fotos, vielen abgedruckten Texten und einer kompletten Diskografie im Anhang.


Mario Karl



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