Musik an sich


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Bach, J.S. (Fasolis)

Psalm 51, Kantate BWV 170


Info
Musikrichtung: Geistliche Musik

VÖ: 04.03.2004

Arts / Klassik Center Kassel (CD DDD (AD: 2000) / Best. Nr. 47694-2)

Gesamtspielzeit: 61:25

Internet:

Arts



BACH MEETS PERGOLESI

Jüngst war an dieser Stelle bereits von Pergolesis Stabat Mater und seiner Bedeutung für die Musikgeschichte (sowie von seiner mißglückten Neueinspielung) die Rede. Jene Bedeutung wird nun ersichtlich, wenn das Label Arts die Aufnahme einer Bearbeitung des Werks von keinem geringeren als Johann Sebastian Bach vorlegt. Diese wohl um 1745 entstandene Bearbeitung behält Pergolesis Satzfolge und seine Musik zum großen Teil bei. Nur ein paar Ergänzungen und kleinere Anpassungen stammen aus der Feder des Thomaskantors: So finden sich neben der Hinzufügung einer Bratschenstimme u.a. Modifikationen im Basso Continuo. Bach verwandte zudem statt des lateinischenen Ausgangstext die Verse des 51. Psalms in der Luther-Übersetzung . Ein Text also, der von der Reue und der Bitte um die Vergebung kündet. Trotz aller Bemühungen will sich dabei der Text nicht immer ganz in das musikalische Geschehen fügen.
Auf historischen Instrumenten spielend bietet das Ensemble I Barocchisti unter der Leitung von Diego Fasolis eine beachtliche Leistung, bei der die Partitur organisch zu atmen beginnt. Nichtsdestotrotz schimmert an mancher Stelle unnötig das Bemühen durch, aus dem ur-italienischen Pergolesi-Stück ein vermeintlich strenges deutsches Bach-Werk zu machen. Dann gerät plötzlich der musikalische Fluß ins Stocken, wie etwa im 4. Satz ("Dich erzürnt mein Tun und Lassen") oder im 7. Satz ("Wasche mich doch rein von Sünden"). Textausdeutender Notwendigkeit ist dies jedenfalls nicht geschuldet.

Die Sopranistin Nancy Argenta singt zwar absolut intonationssicher, aber mit einer bei ihr an sich ungewohnt kehligen, metallischen Stimme. Demgegenüber trumpft Guillemette Laurens (Mezzosopran) mit einem angenehm runden, fast schmeichelnden Ton auf.
Der kommt ihr noch mehr als im Psalm bei der zusätzlich eingespielten Kantate "Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlus" zugute. Hier gelingt ihr die Eingangsarie traumwandlerisch sicher und mit der genau richtigen Mischung aus Sehnsucht und ruhiger Gewißheit. Im weiteren Verlauf fehlt es dann leider an der notwendigen dramatischen Textausdeutung, so dass sowohl die Rezitative, als auch die Arie "Wie jammern mich doch die verkehrten Herzen" ein wenig zu bieder daherkommen. Diese Verflachung setzt sich in der Schlußarie "Mir ekelt mehr zu leben" fort: Fasolis nimmt in Verkennung barocker Freude an der Aussicht auf das Leben nach dem Tod das Tempo viel zu langsam, so dass der vorwärtsdrängende Charakter des Stücks in Erstarrung umschlägt.



Kerkhoff, Sven



Trackliste
1-13 "Tilge, Höchster, meine Sünden" (BWV 1083), Psalm 51 nach Pergolesi´s Stabat Mater
14-18 "Vergnügte Ruh, beliebte Seelenlust" (BWV 170), Kantate
Besetzung

Nancy Argenta, Sopran
Guillemette Laurens, Mezzosopran

Coro dello Radio Svizzera, Lugano
I Barocchisti

Ltg. Diego Fasolis


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