Musik an sich


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Lambchop - Konzert am 7.3.2004 in der UdK - Berlin

Es ist schon etwas besonderes, wenn man "Lammkotelettes" in einem so andächtigen Konzertsaal wie die UdK an der Hardenbergstr. genießen kann. Vielmehr denkt man an Lagerfeuer oder eine verrauchte holzgetäfelte urige Bar in Nashville/Tennessee, von wo Lambchop ihren musikalischen Siegeszug antraten.

Ich habe diese "leiseste Bigband der Welt" vor etwa drei Jahren kennen und lieben gelernt und habe leider ihren Auftritt vor 2 Jahren im Schillertheater verpasst. Um so mehr fieberte ich diesem Ereignis am 7. März entgegen, um dem ehemaligen Fliesenleger und Frontman Kurt Wagner mit seinen elf Freunden (inkl. das Dafo-Streichorchester aus Krakau) mein Gehör zu schenken.

So trafen auch illustre Musikliebhaber aus der ganzen Stadt ein, um in dem ausverkauften Konzertsaal den magischen und von romantischer Schönheit beseelten Songs von Lambchop zu lauschen. Es war den ganzen Abend sehr andächtig, wenn Kurt Wagner in seiner einzigartigen Art überwiegend Songs aus dem neuen Doppelalbum "AW C´mon/Now you C´mon" vortrug, ja besser gesagt raunte und räusperte und quietschte, was seine unsportlichen Stimmbänder hergeben, immer mit den Lippen am Mikro, ein abenteuerlich phrasiertes Flüstern, ganz nah am Ohr.

Die Streicher entrückten diese Stimme und der Saal verwandelte sich in einem Ort voll leuchtender Schönheit. Rockfans wären in dieser säuselnden Atmosphäre sicherlich schreiend 'rausgerannt, nicht aber das Berliner Publikum, welches völlig eingelullt und entrückt den Songs lauschte und jedes Mal sorgfältig Beifall leistete. Es gab nur wenige Zwischenkommentare und Jokes von Kurt Wagner und seinem Pianisten, keine Liveshow, kein Lichterzucken oder Videoeinblendung, nur Musik.

Deren tragende Songstrukturen erinnern mich ein wenig an die schwülstigen und souligen Arrangements von Van Morisson in den 80er und 90er Jahren, aber Lambchop zeigen nach der obligatorischen "Zigarrettenpause" auch, dass sie "independend" rocken können wie Neil Young und Crazy Horse, nur halt verspielter. Das Publikum blieb weiterhin gebannt und andächtig in ihren Stühlen kleben.

Nach zwei Stunden war alles aus, völlig losgelöst verließen die Musikliebhaber den sakralen Ort, angefüllt und gesättigt mit dem klangvollen Songteppich von Lambchop, zurück in das heimelnde Wohnzimmer, wo für die meisten dieses Musikabenteuer mit der Band aus Nashville begann. Im Sommer kommen Lambchop zusammen mit einer anderen interessanten Band Tortoise open air noch einmal auf die Museumsinsel, ich denke, dort wird man dem Musikhimmel sehr nahe kommen.

Andreas Schneider

Diskographie:
Aw C'mon/No You C'mon (2004)
Is A woman (2002)
Nixon (2000)
What Another Man Spills (1998)
Thriller (1997)
How I Quit Smoking (1996)
I Hope You're Sitting Down/ Jack's Tulips (1994)