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Leibhaftiger Blues

Eric Clapton gab sich am 30.03.2004 in Stuttgart die Ehre

"Clapton is God." Dieser für gläubige Menschen doch recht provokante Satz wurde in den sechziger Jahren an die Hauswände in London gesprüht. Kann ein Mensch wie Gott sein?

Tatsache ist, dass Eric Clapton das Wunder der ausverkauften Hallen immer noch mühelos schafft. Die Stuttgarter Schleyerhalle platzte beinahe aus allen Nähten und die Fans nahmen teilweise lange Anreisen in Kauf, nur um den Meister wieder einmal live erleben zu können.

Leger gekleidet, in weißer Hose und blauem Hemd betrat Clapton um kurz nach neun die Bühne. Die Fans hatten bereits ihre Stimmbänder geölt, denn es galt dem Ausnahmemusiker ein Geburtstagsständchen zu singen. Gerührt und fast schüchtern bedankte sich der nun 59-Jährige für die Blumen und Glückwünsche zu seinem Ehrentag.

Clapton ist und war nie ein Meister der großen Worte und so verwunderte es nicht, dass er sofort zu seiner Fender griff, um das zu machen, was er am besten kann, nämlich Gitarre spielen.
Er und die ausgezeichnete Band starteten an diesem Abend mit "Let it rain" aus den 70er Jahren. Es folgten Schlag auf Schlag "Hoochie Coochie Man", "Walk out in the rain", "Bell Bottom Blues" und "Change the world." Erst dann richtete Mr. Slowhand das Wort wieder an das bereits bestens unterhaltene Publikum. Jeder wüsste ja, dass er heute Geburtstag habe, doch ihm wäre viel wichtiger jetzt Robert Johnson zu spielen.

Der Bluesikone Johnson hat Clapton auch sein aktuelles Album gewidmet, "Me and Mr.Johnson." Man merkte sofort, dies war nicht einfach ein gewöhnlicher Tribut an einen genialen Musiker. Clapton verbindet mit dieser Musik Lebensmut, Halt und Hoffnung. "When you've got a good friend", so der erste Titel aus dem Album. Ein guter Freund war ihm wohl dieser Blues, als er schwere Lebenskrisen durchstehen musste. Alkoholprobleme, Drogenabhängigkeit und der Tod seines damals vierjährigen Sohnes zerstörten fast sein Leben. Es mag paradox klingen, aber diese Schicksalsschläge machten aus ihm einen noch besseren Musiker und gaben ihm eine gewisse Gelassenheit. Kaum ein Gitarrist kann den Blues so facettenreich zelebrieren wie Clapton.

Trotzdem pochte er an diesem Abend nicht auf eine One Man Show. Er brachte die Band geschickt ins Spiel, trieb sie zu musikalischen Einzelaktionen, welche vom Publikum mit begeistertem Zwischenapplaus bedacht wurden. Vor allem die furiosen Duelle an der Gitarre, die sich Clapton mit Doyle Bramhall lieferte, waren eine Ohrenschmaus höchster Güte. Der Linkshänder Bramhall ist eine wahre Bereicherung und muss sich keinesfalls vor dem großen Meister verstecken. Im Gegenteil, mit seiner Spielweise bringt er einen frischen Wind ein und imponiert Clapton damit ganz offensichtlich. Die Routiniers Billy Preston und Chris Stainton an Orgel und Keyboard, Bassist Nathan East, sowie Steve Gadd an den Drums lieferten wieder einmal eine exzellente Leistung ab, der selbst die bekannt schlechte Akustik der Schleyerhalle nichts anhaben konnte.

Ein weiterer Höhepunkt des Konzertes waren zweifelsfrei Claptons Klassiker "Wonderful Tonight", "Cocaine" und selbstverständlich "Layla", auf die das Publikum natürlich sehnsüchtig wartete. 


Nach gut zwei Stunden endete ein bluesgetränkter Abend mit den Zugaben "Sunshine of your love" und "I got my mojo working", welches Slowhand zusammen mit Robert Randolph spielte, der bereits im Vorprogramm zu überzeugen wusste.

Clapton is God? Nein, bestimmt nicht. Eher ist er ein mit außergewöhnlichem Talent gesegneter Mensch. Und er hat ihn einfach - den Blues.

Jutta Hinderer

Internet:
www.ericclapton.com
www.wea.de/artist/2250