Händel, G. F. (Cohen, J. – Arcangelo)

Theodora


Info
Musikrichtung: Barock / Oratorium

VÖ: 23.02.2024

(Alpha / Naxos / 3 CD / DDD / 2023 / Alpha 1025)

Gesamtspielzeit: 178:32



VERINNERLICHT

Im Vergleich zur Liveeinspielung von "il pomo d'oro" unter Maxim Emelyanychev bietet diese neue Version von Georg Friedrich Händels spätem Oratorium "Theodora" eine weniger opernhafte und zunächst unspektakulärere Interpretation: Jonathan Cohen und das Ensemble Arcangelo legen das Drama um die fromme Christin Theodora und den römischen Soldaten Didymus deutlich introspektiver an, ohne dabei jedoch die Dramatik zu vernachlässigen. Vielmehr offenbart dieses reife Werk seine besondere spirituelle Dimension, wenn sich die Interpreten wie hier ganz auf das Innenleben der Figuren konzentrieren und deren Hoffen, Sehnen und Bangen ernst nehmen. Das Klischee, dass "Theodora" lediglich ein moralisierender und ermüdend frommer Lobgesang auf die christlichen Tugenden sei, wird durch diese Aufnahme als Vorurteil entlarvt.

Cohen setzt auf ein subtil sprechendes und durchlichtetes Musizieren, das den meditativen und entrückten Ton der Arien bewegend hervortreten lässt. Besonders bemerkenswert ist das Timing, die Gewichtung von Aktion und Stille sowie die Wahl der Tempi. Die Chöre klingen klar und empathisch, egal ob es sich um das Kollektiv der heidnischen Römer oder der leidenden Christen handelt. Cohen verfällt weder in marmorner Kühle noch in einen Überwältigungsmodus, der bei Händels Stil schnell entstehen kann.
Das Ensemble der Solistinnen und Solisten ist auf hohem Niveau ausgesprochen homogen und bringt sich durch eine betont lyrische Darstellung ein. Louise Alder als Theodora und Tim Mead als Didymus bilden ein ideales "erstes Paar". Alder vermag es, die Not der Verfolgten und den Trost einer "Hoffnung wider alle Hoffnung" in der erschütternden Gefängnisszene erlebbar zu machen.

Meads ätherisch timbrierter Countertenor harmoniert sehr gut mit Alders Ton und seine Höhen sind von himmlischer Reinheit. Anna Stephany verleiht der Irene als erfahrene Führerin der christlichen Gemeinde mit glühender Sanftheit spirituelle Autorität. Adam Plachetka agiert mit aggressivem Unterton als gnadenloser Valens und schafft einen überzeugenden Gegenpart zu den so human gezeichneten Opfern. Stuart Jackson verkörpert den zwischen den Fronten stehenden Septimius engagiert und glaubwürdig, jedoch klingen die Koloraturen bei ihm etwas eng.

Insgesamt gehört "Arcangelos" verinnerlichte, klangschöne und ausgewogene "Theodora" gewiss zu den stimmigsten und ergreifendsten Versionen dieses außergewöhnlichen Werks. Die Aufnahme zeigt, dass diese Musik keine zusätzlichen Effekte benötigt, um zu berühren, sondern ihre Essenz auf den Grund geht. Cohen und das Ensemble Arcangelo schaffen es, die spirituelle Tiefe und emotionale Wirkung des Werks auf eindrucksvolle Weise zu vermitteln.



Georg Henkel



Besetzung

Louise Alder, Tim Mead, Anna Stephany, Stuart Jackson, Adam Plachetka

Chor und Orchester „Arcangelo“

Jonathan Cohen, Cembalo & Leitung



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