Musik an sich


Artikel
Thomas Zippel gibt Gott eine zweite Chance




Info
Autor: Thomas Zippel

Titel: Spiel’s noch einmal Gott

Verlag: Satyr Verlag

ISBN: 978-3-944035-40-6

Preis: € 16,90

368 Seiten

Internet:
http://www.igod-web.de

Da hat mich jemand ein Stück weit über den Tisch gezogen. Genau weiß ich es nicht mehr. Irgendwann bekam ich eine Mail, in der mir jemand von einem Roman erzählte, in dem Jesus einen Reggaemusiker dazu benutzen will, die Welt zu retten. Eine coole Idee, die jedem echten Reggae-Freund einleuchtet. Reggae ist schließlich mehr als Musik. Er ist die Stimme der entwurzelten Sklaven, die gegen das „Babylon“, das sie (und den Rest der Welt) im knechtenden Würgegriff hält, aufbegehren. Für einen Musik-Journalisten, der Christ ist und sowohl Reggae, als auch Science Fiction liebt, war das natürlich ein gefundenes Fressen.

Und es ist ein cooler Roman, den ich nur empfehlen kann. Eine Erwartung hat er allerdings nicht erfüllt, und daher ist es eine fast fragwürdige Angelegenheit, dass dieser Roman hier in der MAS besprochen wird. Mit Musik hat das Ganze so gut wie nichts zu tun, auch wenn eine der Hauptfiguren Reggeamusiker ist und gelegentlich Musiktitel erwähnt werden.

Für „fromme“ Christen dürfte dieser Roman direkt aus der Werkstatt des Teufels stammen. Denn das, was wir als Schöpfung bezeichnen, ist in Thomas Zippels Roman nichts anderes als ein Computerspiel und Gott ist derjenigen, der es programmiert hat – und zwar schlicht und ergreifend für den „Creation Cup“, einen Wettbewerb mit anderen Göttern, die ihre eigenen Welten programmiert haben.

Und „unser“ Gott ist ganz offensichtlich nicht einmal ein besonders befähigter Autor solcher Computerspiele. Als der Roman einsetzt, steht er kurz davor aus dem Wettbewerb zu fliegen, weil seine Schöpfung einfach nicht richtig funktioniert. Insbesondere die Lösung seinen Sohn auf die Erde zu schicken, um den Menschen die Vergebung aller ihrer Sünden zu ermöglichen, hat mehr Probleme verursacht als gelöst, da die Menschen dazu neigen diese Möglichkeit einfach schamlos auszunutzen, statt befreit von ihrer Schuld ein gutes Leben zu leben.

Mit Hilfe einer fragwürdigen Auslegung der Wettbewerbsregeln bekommt Gott noch eine zweite Chance. Er darf seinen Sohn noch einmal ins Rennen schicken – allerdings mit zwei Einschränkungen. Zum einen hat Jesus nur eine Woche Zeit, die Welt wieder auf Kurs zu bringen; vor allem aber darf er nicht selber aktiv werden, sondern muss andere zum Handeln motivieren. Und da trifft er nun in New York auf den Underground-Comiczeichner und Reggae-Fan Terry. Mit ihm und seinem Umfeld macht sich Jesus an die Arbeit und scheut sogar vor der großen Politik nicht zurück.

Liest sich toll, wenn man nicht zu viel davon erwartet. Und der Hinweis im Klappentext, dass der aus Berlin stammende Thomas Zippel in Tübingen Evangelische Theologie und Philosophie studiert hat und zum Examen zumindest angetreten ist (über das Ergebnis wird nichts verlautet), könnte dazu verleiten in dem Raum Tiefschürfenderes zu suchen, als darin steckt.


Norbert von Fransecky



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