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Reviews
Ministry

Relapse


Info
Musikrichtung: Industrial Metal

VÖ: 23.03.2012

(AFM Records / Soulfood)

Gesamtspielzeit: 50:11

Internet:

http://www.ministrymusic.org
http://www.facebook.com/Ministry


Uff, ein neues Ministry-Album - hätte es das wirklich gebraucht? Nachdem Al Jourgensen vor rund fünf Jahren mit The last sucker seine Hasstrilogie gegen die US-Administration rund um George W. Bush abschloss, feierte er bekanntlich einen Abschied auf Raten und schickte sich selbst in Rente. Aber ganz konnte er es wohl nicht lassen. Nach seinem Countryprojekt Buck Satan (das er sicherlich rund zwei Jahrzehnte lang angekündigt hatte...) war Blut geleckt und es flossen einige Ministry-Riffs aus den Fingern, die er nicht einfach in den Papierkorb werfen wollte. Und das ist er nun, der süffisante Rückfall Relapse.

Die Themen sind endlich mal wieder breiter gefächert - von persönlichen Abstürzen und Erfahrungen, bis zu politischen und sozialkritischen Beobachtungen und eindeutigen Aufforderungen. Musikalisch geht man den Weg der letzten Platte weiter. Bedeutet: mehr (schon fast bodenständiger) Metal, weniger Elektronik und Samples. Und führt man sich Relapse zu Gemüte, hört man trotz der teilweise tonnenschweren Härte und Raserei eine ganz neue Gelassenheit heraus, die Ministry eine ungewohnte Rockigkeit verleiht. Man nehme nur den Abschluss „Bloodlust“, der mit einem satten Southern-Riff daher kommt, oder das textlich recht banale „Weekend warrior“, das fast ein Midtempo-Megadeth-Song sein könnte. Ein gutes Beispiel ist auch „Kleptocrazy“, das einen derart eingängigen und rotzigen Mitgrölrefrain besitzt, den man so von der Band auch nicht allzu oft zu hören bekam. Nicht schlecht! Ähnliches gilt für die politische Kampfhymne „99 Percenter“.

Richtig heftiges Material, wie man es von dieser Band erwartet, gibt es aber natürlich auch. Das extrem thrashige und brettharte „Double tap“ bläst einen gleich mal ganz amtlich aus dem Sessel. Beim folgenden Arschtritt „Freefall“ steht man aber wieder senkrecht. Eine besondere Erwähnung verdient das S.O.D.-Cover „United forces“. Wer hätte gedacht, dass Al Jourgensen mal den ultra-konservativen Redneck Billy Milano covert? Liegt wohl daran, dass der Text zeitlos und ohne miefigen Charme ist. Die Kurznummer wurde jedenfalls auf doppelte Länge ausgewalzt und durch den Metalwolf gedreht. Dadurch gewinnt das Stück zwar nicht wirklich an Intensität, haut aber gut ins Mett.

So, um noch mal zur Einstiegsfrage zurück zu kommen: Hätte es das Ministry-Comback wirklich gebraucht? Hm, vielleicht nicht gebraucht, denn wirklich neue Impulse ruft es nicht hervor. Aber Relapse ist trotzdem ein durchgehend lässiges Album mit einigen richtig coolen Songs geworden! Der pure Wahnsinn früherer Tage wurde durch eine neu gewonnene Lockerheit ersetzt, die aber nicht so sehr auf Kosten der Härte geht. Und das steht Ministry gar nicht so übel, wie man denkt. Mal sehen, ob dies nun wirklich der endgültige Abschied von der Bildfläche sein wird...



Mario Karl



Trackliste
1Ghouldiggers7:41
2 Double Tap4:06
3 Freefall4:36
4 Kleptocracy3:54
5 United Forces4:53
6 99 Percenter3:53
7 Relapse5:49
8 Weekend Warrior5:43
9 Git up Get Out 'n Vote3:59
10 Bloodlust5:37
Besetzung

Al Jourgensen (Gesang, Gitarre, Programming, Keyboards)
Mike Scaccia (Gitarre)
Tommy Victor (Gitarre)
Tony Campos (Bass)
Casey Orr (Bass)


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