Musik an sich


Reviews
Frescobaldi, G. (Folts)

Cembalomusik aus handschriftlichen Quellen


Info
Musikrichtung: Barock Cembalo

VÖ: 28.02.2008

Naxos / Naxos (AD DDD 2007) Best. Nr. 8.570717

Gesamtspielzeit: 73:03



FARBIGE ARCHITEKTUREN

Girolamo Frescobaldi, einer der Gründerväter barocker Musik für Tasteninstrumente, macht es dem modernen Hörer nicht unbedingt leicht. Etwas eckig, sprunghaft und gewunden muten viele seiner Stücke an, vor allem die Toccaten, in denen allein die überbordende Fantasie des Komponisten regiert. Noch fehlt weitgehend der konzertante Schwung des Spätbarocks mit seinen großen Bögen. Schnell verliert man da beim Zuhören den Faden. Dafür finden sich in den hier eingespielten meist frühen, nur in Manuskripten überlieferten Kompositionen viel reizvolle Chromatik und gewagte Harmonik. Am ehesten beginnen die Noten noch in den Correnten zu tanzen.
Virtuosität meint bei Frescobaldi in erster Linie die Fähigkeit, die komponierte Vorlage sich beim Spiel gleichsam wie ein spontan erfundenes Gesangsstück aus den Fingern zu schütteln. Der Gesang, vor allem der stark rezitativisch geprägte monodische Gesang des Frühbarock, stand bei den meisten Stücken Pate. Diese „Lieder ohne Worte“ auf dem Cembalo angemessen darzustellen, ist eine Herausforderung.

Da trifft es sich, dass Martha Folts bei ihrer Aufnahme mit einem außergewöhnlichen Instrument aus der Werkstatt von Jerome de Zentis aufwartet. Man kann sich einfach nicht satthören an dem überaus farbigen Klang. Nicht nur die einzelnen Register haben ihre Meriten. Nein, jeder Ton spricht im Timbre anders an. Dennoch ergibt sich eine harmonische Gesamtwirkung. Wahrhaft ein Chor von Engelszungen, wie es der Instrumentenbauer und Restaurator Keith Hill im Beiheft suggeriert. Der Ton erscheint nicht einfach, er blüht, ja glüht auf. Dadurch wirkt die Musik sehr dynamisch; selbst kontrapunktisch dichte Abschnitte erscheinen immer als farbige Architekturen. Und in jedem Stück ergeben sich neue raffinierte Farblegierungen, die durch die alte, für heutige Ohren „dissonant“ angeschärfte Stimmung des Instruments eine zusätzliche Würze bekommen. Da fällt es leicht, an den Details der Musik dran zu bleiben und sich von Folts durch Frescobaldis Labyrinthe geleiten zu lassen.



Georg Henkel



Besetzung

Martha Folts, Cembalo nach Jerome de Zentis


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