Musik an sich


Reviews
Richie Spice

In the Streets of Africa (Ltd. Edition CD& DVD)


Info
Musikrichtung: Reggae

VÖ: 05.03.2007

(VP Records / Groove Attack)

Gesamtspielzeit: 57:06

Internet:

http://www.myspace.com/inthestreetsofafrica


Nach einem etwas mauen Einstieg legt Richie Spice sofort die Trümpfe auf den Tisch. “Open the Door” und ”Babylon a Gwaan” sind die Highlights eines mehr als soliden Reggae-Albums. Beide packen sofort, dürften jede Dancehall in „massive“ Bewegung versetzen und würden auch deutschen Chart-Sendungen gut zu Gesicht stehen, aber dafür leben wir wohl zu tief in Babylon. Womit wir beim zentralen Thema des deutlich erkennbaren Rastas sind. (Dazu zwei Sätze mehr, wenn ich auf die Videos der Bonus-DVD zu sprechen komme.)

Die CD hat eine erkennbare Zweiteilung. Die stärkeren Songs kommen auf den Positionen 2 bis 7. Hier gibt es in der Regel schnell in die Beine gehenden Roots-Reggae. Mal ist das dubbig aufgepeppt (“Youth dem cold“); mal werden zur Abwechslung besondere Akzente gesetzt – die Trompete von “Baby Face“ zum Beispiel oder der Gastgesang des im letzten Jahr in Berlin verstorbenen Joseph Hill bei “Digital Ways“.

Danach werden die Stücke etwas unauffälliger. “Brown Skin“ und “Mind off of me” produzieren gar gepflegte Langweile. Dagegen stehen Stücke wie “Can't stop loving Jah“, das softe Reggae-Liebeslied an Jah, das den Daumen wieder leicht nach oben zeigen lässt.

Die Bonus DVD

Die limited Edition enthält zusätzlich eine gut einstündige DVD.

Beeindruckend sind vor allem die Videos zu “Youth dem cold“ und “Open the Door”.
Ersteres entführt uns in die Slums von Klingston, wo Jugendliche einander abstechen und hinterher von Polizisten brutal zusammengeprügelt werden. Hier wird die zerbrechliche Stimme Spices zum Mittel der Anklage, die aber dabei nicht stehen bleibt, sondern vehement Bildung für die Jugendlichen einfordert, den einzigen Weg aus dem Elend herauszukommen.
Auch “Open the Door” stellt sich auf die Seite der Armen und Schwachen. Blair, Bush und Bin Laden werden symbolisch Marcus Garvey und Martin Luther King gegenübergestellt. Spice arbeitet hier mit Grundgedanken des biblischen Buches Jonah. Die Welt wird mit Ninive gleichgesetzt, der sündigen Stadt, der Gott das Gericht ankündigt. Damit setzt Spice letztlich ein deutliches Hoffnungszeichen. Denn anders als Babylon, das in Reggae-Texten ja sehr oft als Chiffre für das Böse benutzt wird, hat Ninive auf den Ruf Gottes gehört und wurde letztlich vor der Zerstörung bewahrt.

Ziemlich für die Tonne ist der Live-Set. Nur von einer Akustik-Gitarre, zwei Percussionisten und einer Background-Sängerin begleitet bringt Spice neun Songs zu Gehör. Seine Stimme ist absolut nicht in der Lage, das Fehlen der Band zu kompensieren. Er hat weder die Kraft noch die Emotionalität die Songs zum Klingen zu bringen und wird von seiner Background-Sängerin völlig an die Wand gesungen.
zumindest die Bilder sind mit absoluter Sicherheit nicht live. Die „Band“ steht vor einer sauber getünchten Mauer. Zu Hören sind weder Vögel aus den erkennbar dahinter liegenden Bäumen, noch die Autos(!), die immer wieder zwischen Kamera und Band hindurch(!!) fahren.
Wir wollen einfach mal glauben, dass zumindest die Musik live im Studio aufgenommen und dann über die Bilder gelegt wurde.

Eine halbe Stunde gehört einer Documentary, die uns nach Rock Hall führt, wo Richell Bonner (Richie Spices bürgerlicher Name) 1973 geboren wurde. Hier kommen neben dem Helden selber seine Mutter und insgesamt vier Brüder, darunter Spanner Banner und Pliers, zu Wort. Auch die Kaninchenställe der Familie werden besichtigt.
Es folgen Bilder eines Spice-Auftrittes in grottiger Qualität und Szenen aus dem Studio. Zu hören sind hier verschiedene an den Spice-Produktionen beteiligte Menschen.
Die Bilder entführen uns in die ländliche Schönheit und die Slums Jamaikas. Das gesprochene Wort relativiert die Wertigkeit des Filmchens erheblich. Dem jamaikanischen Englisch konnte ich nur punktuell folgen. Untertitel gibt es nicht.

Als Bonus-Scheibe ist die DVD sicher zu begrüßen. Sollte sie den Preis allerdings nach oben treiben,…



Norbert von Fransecky



Trackliste
1 Get up (4:34)
2 Open the Door (3:39)
3 Youth dem cold (3:45)
4 Babylon a Gwaan (3:01)
5 Digital Ways (feat. Joseph Hill (Culture)) (4:33)
6 Sunny Day (3:34)
7 Baby Face (feat. Spanner Banner and Pliers) (3:39)
8 Uptown Girl (3:34)
9 Brown Skin (3:40)
10 Groovin my Girl (3:49)
11 High Grade (3:46)
12 Mind off of me (4:07)
13 Take it easy (3:31)
14 Can't stop loving Jah (3:17)
15 Motherland calling (4:37)

Bonus DVD
1 Documentary 30:00

2 Brown Skin (Video)
3 Youth dem cold (Video)
4 Open the Door (Video)
5 Brown Skin (Making of the Video)

Acoustic Live Set (ca. 30:00)
6 Folly living (Live)
7 Blood again (Live)
8 Earth a run red (Live)
9 Brown Skin (Live)
10 Groovin my Girl (Live)
11 Ghetto Girl (Live)
12 Youth dem cold (Live)
13 Crying for Love (Live)
14 Open the Door (Live)

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