Musik an sich


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ELECTRELANE

Geballte Ladung Girlpower

Electrelane geben Gas. So ist The Power Out schon irgenwie als konsequente Weiterentwicklung zum noch rein instrumental gehaltenem Debüt Rock It To The Moon, das als feminine Antwort auf den Krautrock hätte durchgehen können, zu sehen (bzw. hören). Und konsequent bedeutet dieses mal wirklich konsequent. Denn (fast) vorbei sind die Spielereien, die aber zur Findung eines eigenen Sounds führten, der sich auf The Power Out, dieses Mal mit Texten (u.a. aus den Federn von Friedrich Nietzsche und Siegfried Sassoon) versehen, bestätigt. Ob die Garage-likely-Inkarnationen der B52's ("On Parade") oder der Stones ("Enter Laughing"), Electrelane sind die lässige Alternative zum arschwackelnden Girliepop á la MTV und deshalb um so vieles sexier. Und hört man Songs wie "This Deed", "The Valleys" oder "Love Builds Up", dann glaubt man daran, nämlich an das Matriarchat des Alternative, welches von Electrelane überaus lasziv und sympathisch verkörpert wird. Und ebenso sympathisch ging auch das Interview über die Bühne, welches wir mit der Electrelane Verity Susman führten. 

MAS:
Was sind die Gründe für die doch hörbare Richtungsänderung vom krautig instrumentalen Debüt zu "The Power Out", auf dem wirklich so etwas wie ‚richtige' Songs enthalten sind? 
Verity Susman:
Da gibt es einige Gründe. Teilweise hörten wir in der letzten Zeit nicht mehr so viel Krautrockmusik, so daß hier diese Einflüsse doch etwas weniger wurden. Wir hörten mehr akustische Musik und kamen so auf die Idee, ein Album zu machen, welches weniger abhängig von speziellen Sounds ist und mehr Melodien und Harmonien beinhaltet. Auch wollte ich die Keyboards hier nicht so in den Vordergrund stellen und weiterhin haben wir auch eine neue Gitarristin, deren Gitarrenspiel sich doch in einigen wesentlichen Dingen von dem unserer vorherigen Gitarristin unterscheidet. Und da gab es plötzlich Platz für etwas, daß anstelle der Keyboards oder Gitarren die Melodie übernehmen konnte, und das waren Vocals. Wir fingen nicht generell mit dem Gedanken an, dieses Mal ein Album mit Gesang aufzunehmen, das kam, während wir die Songs schrieben. Die Vocalssongs entwickelten sich besser als die Instrumentals und so zogen wir auch die Konsequenzen. Ich denke aber, daß unser nächstes Album wieder mehr in Richtung Instrumental gehen wird, da die Instrumentals, die wir bis jetzt fertig haben, auch überaus gut gelungen sind. Aber diese unterscheiden sich dann schon etwas von denen unseres ersten Albums - wir wollen uns schließlich nicht selbst wiederholen. 

MAS:
Wie fing eigentlich alles an mit Electrelane? 
Verity Susman:
Emma kenne ich schon seit der Schule. Wir fingen schon hier an, zusammen Musik zu machen. Dann, ein paar Jahre später, beschlossen wir, Electrelane zu gründen. Wir hatten bisher verschiedene Gitarristinnen und Bassistinnen. Die Band festigte sich schließlich 1999/2000 mit Rachel am Bass und Mia an der Gitarre. 

MAS:
Eigentlich würde 'The' Electrelane schon irgendwie schmissiger klingen...
Verity Susman:
Hmm..., 1998 entschieden wir uns für diesen Namen und da war es schon noch etwas Zeit bis zu diesem ganzen 'The' Hype. Und The Electrelane klingt für mich dann schon etwas sonderbar. 

MAS:
Wie kam es eigentlich zu dieser Zusammenarbeit mit Steve Albini und wie war es, mit ihm zu arbeiten?
Verity Susman:
Mia schickte ihm ein Exemplar von "Rock It To The Moon", da wir auf seinem ATP-Festival spielen wollten. Er schrieb uns dann wirklich zurück und meinte, daß er interessiert ist, mit uns an unserem nächsten Album zusammenzuarbeiten und wir dachten, daß das wirklich eine gute Idee ist. Und die Zusammenarbeit mit ihm gestaltete sich als großes Erlebnis, denn er ist ein sympathischer Typ mit einem ganz speziellen Sinn für Humor und natürlich ist er auch ein fantastischer Engineer. 

MAS:
Ihr vertont auf "The Power Out" mit "Die Fröhliche Wissenschaft" auch ein Gedicht von Friedrich Nietzsche. Hast du eine spezielle Vorliebe für ihn? 
Verity Susman:
Ich beschäftigte mich mit ihm auf der Universität und fand ihn überaus interessant und auch einzigartig für seine Zeit. Aber meine Vorliebe beschränkt sich dann doch auf das Interesse an seinen Werken. 

Carsten Agthe