Musik an sich


Artikel
25 Years after - Mein Leben mit der CD; Folge 36: Mory Kanté - Akwaba Beach





Würde ich mein CD-Regal nicht nach Alphabet, sondern nach Stilrichtungen sortieren, wäre die Abteilung Weltmusik relativ dünn gefüllt. Und das was drin stände wären überwiegend unverlangt zugesandte Promo-CDs – z.B. von dem Kölner Label Westpark, das sich stark für nordeuropäische Folklore engagiert, oder dem mittlerweile leider verblichenen französischen Makasound, das Bands aus Afrika protegiert hatte.

Mory Kanté fällt (auch zeitlich) in eine andere Kategorie. Der Smash Hit „Yé ké yé ké“ dröhnte 1988 aus jeder Lautsprecherbox und war mit seinem stark discoaffinen Rhythmus mit dafür verantwortlich, dass der Ethno-Pop, in Gang gesetzt u.a. von Paul Simons legendärem Graceland Album, eine erste immense Breitenwirkung erreichte.

Mir begegnete die Scheibe mit ihren französischen und nigerianischen Texten zu einem sehr passenden Zeitpunkt. Sonderliche Affinitäten zu Afrika hatte ich eigentlich nie gehabt, aber einige Monate zuvor hatte mich Prof. Dr. Dr. Heinrich Balz gefragt, ob ich nicht die Stelle als Wissenschaftliche Hilfskraft am Institut für Religionswissenschaft, Missionswissenschaft und Ökumene an der damaligen Kirchlichen Hochschule Berlin übernehmen möchte. Ich wollte und, da Professor Balz mehrfach als theologischer Lehrer in Afrika gewesen war, beschäftigte mich dann in den folgenden anderthalb Jahren unter anderem Afrika.

In dieser (bislang?) Afrika-nächsten Zeit meines Lebens dröhnte, swingte und schmeichelte dann immer wieder das Mory Kanté-Debüt Akwaba Beach aus den Boxen – ein Album, das bis heute gerne mal wieder in den CD-Schacht befördert wird.

Spannend zu lernen, wie 1884 an einem Kartentisch in Berlin die Grenzen im Inneren Afrikas gezogen wurden, die zum Teil heute noch bestehen und immer wieder zu kriegerischen Auseinandersetzungen führen.
Spannend auch die Bemühungen der früh gegründeten Missionsgesellschaften, den Kolonialherren in den Arm zu fallen, wenn die Unmenschlichkeit überhand nahm – bis in Berlin einfach eine zweite kolonialfreundliche Missionsgesellschaft gegründet wurde und Berlin I darunter litt, dass ein Großteil der Deutschen ihre Spenden lieber bei der neuen Gesellschaft ablieferten.

Das im Kaiserreich erbaute Missionshaus in Berlin Friedrichshain existiert nicht nur immer noch. Es ist nach der Wende saniert worden und hat einen Anbau erhalten, der um einiges größer ist, als der ursprüngliche Bau. Hier sind seitdem die Leitung und Verwaltung der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz (EKBO) untergebracht. Das alte Missionshaus selber ist heute Sitz des Ökumenischen Missionswerks, das so etwas wie das Außenministerium der EKBO darstellt und die Kontakte zu den Partnerkirchen weltweit unterhält, zu denen auch die Kirchen in Afrika und Ostasien gehören, die aus den ehemaligen Missionskirchen hervorgegangen sind und heute gleichberechtigte Partner sind.


Norbert von Fransecky



 << 
Zurück zur Artikelübersicht
 >>