Musik an sich


Reviews
Burgmüller, N. (Bernius)

Sinfonien Nr. 1 & 2


Info
Musikrichtung: Romantik

VÖ: 01.02.2010

(Carus / Note 1 / CD / DDD / 2006, 2007 / 83.226)

Gesamtspielzeit: 64:46



DIE BESTEN STERBEN JUNG

Nur 26 Jahre wurde der 1810 in Düsseldorf geborene Norbert Burgmüller alt. Durch seinen frühen Tod erlosch eine der großen Hoffnungen auf dem Feld der deutschen romantischen Musik. Wie berechtigt diese Hoffnungen gewesen waren, hatten die Zeitgenossen Robert Schumann und Felix Mendelssohn erkannt, der entsprechende Nachruhm aber wollte sich lange Zeit nicht einstellen. Erst in den letzten Jahren wird die Qualität und Bedeutung des schmalen Oeuvres jenes scheuen, zurückgezogen lebenden Komponisten wieder entdeckt. Und so hat man auch mit der Veröffentlichung dieser schon 2006 bzw. 2007 entstandenen Einspielung seiner beiden Sinfonien bis zum Jubiläumsjahr 2010 zugewartet.

Nun, das Warten hat sich gelohnt und die CD ist jedem, der sich für die Sinfonik jener Epoche interessiert unbedingt zu empfehlen. Die erste Sinfonie lässt noch Spohr als Vorbild erkennen, nimmt jedoch dank ihrer weit ausschwingenden melodischen Bögen auch die Klangwelt Brahms´ vorweg und erinnert in ihrer delikaten Instrumentierung schließlich an Schumann oder Mendelssohn. Kurzum, sie vereint die besten Qualitäten der romantischen Sinfonik in sich. Burgmüller entwickelt dabei alle Sätze in größter Konsequenz aus jeweils leicht fasslichen Themen. Das verleiht dem insgesamt düsteren Werk eine gewisse Strenge, die aber durch polyphone, nicht kontrapunktische Strukturen aufgebrochen wird. Vor allem das wehmütige Adagio und der rasante, spannungsgeladene und kontrastreiche dritte Satz sind dabei herrliche Musterbeispiele der Frühromantik. Der Finalsatz wird, bis auf den Einwurf eines knappen, lieblichen Seitenthemas, spiralartig und düster gesteigert, wobei sich der Abschluss allerdings nicht recht organisch einfügen will und nach dieser exquisiten Vorarbeit ein wenig banal wirkt.

Die zweite Sinfonie ist nur als dreisätziges Fragment überliefert; die begonnene Skizze zum dritten Satz vervollständigte Schumann höchstselbst. In diesem Werk tritt uns Burgmüller nunmehr ganz eigenständig gegenüber. Die Wahl der instrumentalen Mittel ist deutlich reduziert. Der erste Satz steigt eigenwillig wie aus einem Frühnebel auf. Im Mittelsatz kontrastiert die schwermütige Melodielinie mit dem mechanisch getrieben anmutenden Grundschlag. Das Scherzo schließlich darf dank seiner zwingenden Energie als adäquater Schluss für das Fragment gelten.

Der Hofkapelle Stuttgart kommt das Verdienst zu, diese attraktiven Werke einerseits zupackend und vorwärtsdrängend, andererseits aber so transparent zu interpretieren, dass die Feinheiten im Orchestersatz jederzeit wahrnehmbar bleiben. Frieder Bernius treibt das musikalische Geschehen dabei unermüdlich an und schafft dabei genau jene Spannungsbögen, auf die diese Musik zweifellos angelegt ist.



Sven Kerkhoff



Trackliste
1-4 Sinfonie Nr. 1 c-moll op. 2 33:17
5-7 Sinfonie Nr. 2 D-Dur op 11 31:29
Besetzung

Hofkapelle Stuttgart

Frieder Bernius: Leitung


 << 
Zurück zur Review-Übersicht
 >>