Musik an sich


Reviews
Michael Bolton

One World One Love


Info
Musikrichtung: Pop

VÖ: 29.01.2010

(Universal Music)

Gesamtspielzeit: 45:16

Internet:

http://www.michaelbolton.com


Michael Bolton? Ein Mann, der nicht nur bei "Eine schrecklich nette Familie" als Zerrbild von Männlichkeit, als Schwiegermutterliebling gilt? Dessen mittlerweile 18. Studioalbum heißt nur gerade One World One Love und erinnert damit an nicht nur einen Reggea-Künstler... Nun, auch wenn niemand vergessen wird, dass es sich um den Mann handelt, dessen "How am I supposed to live without you" eine nahezu perfekte Teenager-Herzschmerz-Hymne war/ist, so sollte man doch spätestens an einem der Punkt noch einmal neu hellhörig werden: 53 Millionen verkaufte Platten verkauft; diverse Grammys bekommen; Stern am Walk of Fame... Der Mann könnte sich bequem auf seinen Tantiemen ausruhen, statt dessen wagt er sich mit einem neuen Album an die Öffentlichkeit und bekennt: "just put out a record, I’m always trying to keep one or two steps ahead of myself. I need to take risks." Und Risiken ist er sowohl mit seinen Sinatra-Interpretationen als auch mit einem Arien-Album eingegangen...

Doch diese sollen nicht Thema dieser Rezension sein, sondern eben das neue Album One World One Love. Um es vorweg zu nehmen: Auch wenn "Ready for you" leichte Reggeaklänge anstimmt und diese mit Latinoanleihen mischt, dies ist sicher nicht der Tenor des Albums. Bolton geht es darum, eine positive Energie zu verbreiten, und das auf Pop-Basis. Das gelingt dem Opener eigentlich ganz gut, dazu kommt die klassische Bolton-Stimme - was will der Fan mehr?!
Noch mehr Bolton gibt es dann beim folgenden "Just one Love", Bombastpop vom Feinsten, bei dessen Refrain der Endfünfziger seine kraftvolle und markante Stimme ausspielen kann. Gitarren, Chorus... nun, was soll man sagen: guter Pop, wobei eigentlich jetzt schon klar ist, dass Michael Bolton sich mit diesem Album weder von seinem Image wird lösen können noch neue Fans hinzugewinnen wird. Zu zaghaft sind Versuche, neu zu klingen, was auch am Rhythmus des folgenden "Need you to fall", der eigentlich auch wegfallen könnte, ohne dass dem Song etwas fehlte - und ohne den er auf die nächste "Kuschelrock" passen würde! Zudem kommt mir die Gitarre derart bekannt vor, dass ich sie einem anderen Song zuordnen würde, der mir auf der Zunge liegt aber nicht einfällt...
Selbiges wie für "Need you to fall" gilt auch für das folgende "Hope it´s too late", das von seiner Struktur her eine Ballade mit aufgesetztem Rhythmus ist. Das ist ja alles auch nicht dramatisch, nur verfehlt es das selbstgesteckte Ziel um Längen...
"Can you feel me" ist dann endlich wieder etwas (etwas!) mutiger, zumindest in bezug auf Rhythmus und Melodie, die beide mit leichten karibischen Anleihen spielen - und wieder ist es Boltons Stimme, die einfach immer nur nach dem klassischen Bolton klingen kann, mit ihren kraftvollen und langgezogenen Tönen, und jene Stimme buttert das "andere" an den Song total unter. Beides ist eher ein Neben- als ein Miteinander, und auch bei "The Best" bleibt der gleiche Eindruck, und auch Ne-Yo kann dem Song kein Anderssein einhauchen.
Dann eines der vielbeworbenen Highlights des Albums: "Murder in the Heart", an dem Lady Gaga nicht nur mitgeschrieben hat, sondern auch im Refrain zu hören ist. Erste Irritationen direkt am Beginn: Warum klingt das wie eine Christina Aguilera-Nummer? Und an welcher Stelle sollte man das wirklich als Duett erkennen? Vielmehr entsteht nun endgültig der Eindruck, dass sich Bolton die Popularität gegenwärtiger Pop-Größen ausleiht, um seinen Sound, vielmehr seine Stimme schlicht darüberzulegen. Also dieser Song macht richtig sauer, der ist nunr um Haaresbreite von einem reinen Plagiat entfernt!

Man möchte dementsprechend fast dankbar sein, wenn der Sänger nun wieder mit "You comfort me" eine Bolton-Ballade, mit leichtem R´n´B-Rhythmus hinterlegt, zum Besten gibt. Das klingt dann wenigstens wie Bolton, auch wenns noch immer nicht vor Originalität strotzt. Vergleichbar gestrickt ist auch der auf der Homepage auf Platz 1 der beliebtesten Song des Albums rangierende Song "Invisible Tattoo". Woran das liegt? Wiederum daran, dass Bolton seinen Fans das gibt, was diese von ihm hören zu wollen scheinen: eine Ballade, die als Spielwiese für eine Stimme dient. Nicht mehr, nicht weniger. Und nicht mehr und nicht weniger, nur mit Gitarren versetzt, bietet dann auch "Survivor", ein Song, der auch nur mit sehr viel Mühe seinen Bombast ein wenig verstecken kann.

Zu diesen immerhin bereits zehn überwiegend eigenen Songs kommen mit "Sign your Name" von Terence Trent d´Arby und "Crazy Love" von Van Morrison noch zwei Cover. Bei "Sign your Name" zuckt mein Finger bereits mehrmals zur Skip-Taste, bevor ich nach einer Minute beim Einsetzen des Refrains diese auch wirklich betätige: Zum einen ist der Song wirklich nur ein Cover mit winzigen kosmetischen "Veränderungen", zum anderen bügelt die Bolton-Stimme ihn schlicht platt. Das ist in diesem Fall kaum erträglich. Nicht viel besser ergeht es dem zweiten Cover, und das führt letztlich zurück zur Problematik des gesamten Albums: Michael Bolton mag eine herausragende Stimme haben - aber Michael Bolton kann nur Michael Bolton, und das ist nicht jedem Song angemessen! Und solche Unangemessenheiten finden sich auf One World One Love letztlich zuhauf, so dass man jedem Nicht-Bolton-Fan nur abraten kann. Für Fans hingegen ist die Scheibe ein must have, denn von ihm bekommen sie hier mehr als genug.



Andreas Matena



Trackliste
1Ready for you4:00
2 Just one Love4:13
3 Need you to fall3:41
4 Hope it´s too late3:09
5 Can you feel me4:00
6 The Best4:07
7 Murder in the Heart4:06
8 You comfort me3:43
9 Sign your Name3:30
10 Invisible Tattoo4:03
11 Survivor3:55
12 Crazy Love2:49

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