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Mark Wills

And the crowd goes wild


Info
Musikrichtung: Country / New Country

VÖ: 21.10.2003

(Mercury-Records)
Internet:

www.markwills.com


Wenn ein Album And the crowd goes wild (Und die Menge spielt verrückt) heißt, ist die Frage, ob die Menschenmassen wirklich beim Anhören der Musik der Hysterie verfallen; ansonsten wäre der Titel oversized. In diesem Fall ist es - um den Sänger vom Vorwurf der Überheblichkeit freizusprechen - nur der erste Songs des Albums, nach dem es benannt wurde (oder ist er doch so sehr davon überzeugt?). Hören wir uns das Werk doch erst einmal an und entscheiden später, wie der Name zu werten ist.

Mark Wills gehört zu den überaus fleißigen Bienen des Country-Stocks, denn hiermit hat er sein bereits 6. Album vorgelegt, die er nach 1996 - wo er mit Jacob´s Ladder den ersten Erfolg feiern durfte - und 1998 seit dem Jahr 2000 alljährlich auf den Markt wirft und somit die Gefahr besteht, dass er sich gelegentlich in den Charts selbst überholt. Besonders im letzten Jahr war diese Gefahr besonders groß, da sein rockig-lustiges "19 something" sich 7 Wochen lang auf der Poleposition der Billboard-Charts aufhielt.

Im einzelnen:

Die Masche, den Titelsong des Albums gleich als erste Single-Veröffentlichung heranzuziehen, ist nicht neu, denn so haben die Fans auch gleich den Namen des Longplayers im Ohr. Und wenn der Titeltrack dann auch noch so gut ist wie in diesem Fall, kann das nur zu neuen Erfolgen führen. "And the crowd goes wild" ist ein recht rockiges Stück, das vom Erfolg eines Autorennfahrers und vom Aufstieg eines Musikers berichtet, die beide die Menge zum Toben bringen. Die Stimme von Mark Wills schreit dabei die Titelzeile aus den Boxen, dass man sich Sorgen um seine Stimmbänder macht. "Na gut, dann rocken wir eben weiter" denkt sich der Hörer und erwartet den nächsten Temperamentsausbruch. Doch weit gefehlt, denn bei "He´s a cowboy" werden ruhigere Töne angestimmt und alles klingt harmonischer und glatter, wenn die Story eines Mädchens und ihrer Heldenfigur, dem Cowboy, erzählt wird.

Die wunderbar ruhige Ballade "That´s a woman" ist die nächste Singleauskopplung aus diesem Album, und man kann diesem Titel nur viel Erfolg wünschen, denn er ist eine absolut gelungene Liebeserklärung an die etwas reifere Frau und Mutter, die zusammen mit der dezenten Begleitung einen überaus harmonischen Eindruck hinterlässt und durchaus in den Top 20 ihren Platz finden dürfte. Für den inzwischen 20 Jahre alten Titel "Prisoner of the highway" hat sich Mark Wills die gesangliche Unterstützung von Ronnie Milsap gesichert, der immer noch über ausreichend Dampf in der Stimme verfügt.

"Ich hätte dir noch so viel zu sagen gehabt, und hab dich einfach gehen lassen!" Diese Kernaussage vieler Songs taucht auch bei "What hurts the most" auf und wird dabei so gut umgesetzt, dass man dem armen Mark Wills seine Verzweiflung direkt nachfühlen kann. Nachdem er schon eine Hommage an die Frauen geschrieben hat, sind bei "What she sees in me" die Mütter dran, die auch in den Männern, die aus ihren Söhnen geworden sind, immer nur die Jungen sehen, die sie mal waren. Ein Thema, dass nahezu jeden Mann mit steter Regelmäßigkeit einholt.

Die häufige weibliche Aussage, sie hätte mal wieder nichts anzuziehen, dürfte bei Mark Wills auf taube Ohren stoßen, denn er ist der Ansicht, nichts würde an dieser anscheinend verteufelt gut aussehenden Lady so gut aussehen wie ihre Sonnebräune ("Nothin´ but a suntan"), und daher könnte sie bequem auf Prada, Gucci und D&G verzichten. Wenn da nur kein Hintergedanke zu erkennen wäre! Musikalisch mit einem schönen Groove unterlegt geht der Titel nach einem ruhigen Start gut swingend ins Ohr. Mit Titel Nr. 9 findet sich endlich wieder ein rockiger Song ein, der das musikalische Grundgerüst des Titeltracks aufweist, obwohl die Komponisten nicht identisch sind. Da Mark Wills aber auch als Produzent dieses Albums mitwirkte, konnte er die verschiedenen Titel auf seinen Geschmack ausrichten und überarbeiten.

Sehr emotional beschließt Mark Wills seinen Longplayer mit "A singer in the band", in dem er erklärt, es freue ihn, wenn er auf der Bühne Erfolg hat und Autogramme gibt; die wahren Helden seien aber andere, z.B. der Feuerwehrmann, der im WTC sein Leben ließ, der Soldat im Minenfeld oder das krebskranke Kind. Er sei doch nur ein Sänger in einer Band. "Aber ein verdammt guter!" will man ihm erwidern, denn wie er mit dezenter Begleitung diesen nicht einfach zu verdauenden Text interpretiert, geht wirklich unter die Haut. Sehr gut gemacht, obwohl es schade ist, dass man am Ende der CD diesen emotionalen Dämpfer bekommt.

Fazit:

And the crowd goes wild ist sicher kein Album, bei dem es die Fans nicht mehr auf den Sitzen hält. Daher gibt der Name bedauerlicherweise nur einen Track des Silberlings wieder, was die anfangs geführten Überlegungen zum Ende bringt. Zwar gibt es keine negativen Ausrutscher, aber leider fehlen auch die Highlights, die man von richtig guten Alben erwarten kann. Die Texte sind durchweg gut, einige sogar sehr gut, aber ohne markante und mitreißende Melodien kommen sie nicht ausreichend zur Geltung. Es fehlt - und wenn es nur der Abwechslung dient - ein richtig flottes Stück, denn meistens spielt man vom Temperament her im unteren Mittelfeld. Und im Mittelfeld darf man auch wohl das gesamte Album ansiedeln, denn in der Oberliga wird abwechslungsreicher aufgetrumpft. Vielleicht sollte Mark Wills die Produktionsfrequenzen seiner Alben ein wenig drosseln und dann darauf achten, nur hochwertiges Material zu verwenden. Aber auch dieses Album wird seine Freunde haben, denn der Bereich des New Country ist so breit ausgelegt, dass man durchaus verschiedener Meinung sein darf und für (fast) jeden Künstler eine ausreichende Klientel vorhanden ist.



Lothar Heising



Trackliste
1. And the crowd goes wild
2. He´s a cowboy
3. That´s a woman
4. Prisoner of the highway
5. What hurts the most
6. What she sees in me
7. Married in Mexico
8. Nothin´ but a suntan
9. How bad do you want it
10. I just close my eyes
11. Singer in a band



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