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Musik an sich
 
Joaquin Rodrigo: Orchesterwerke Vol. 2 (Concierto de Aranjuez u.a.)
(Naxos)
20. Jahrhundert
 

R. Gallén, Asturais Symphony Orchestra, Maimiano Valdés

20. Jahrhundert

Rodrigo, Rodrigo...- das war doch der mit diesem Gitarren-Adagio, oder? Ganz recht und genau dies ist auf der CD auch zu hören. Aber eben nicht nur dieses gut 10minütige Stück, das es als einziges von Rodrigos Werken zu größerem Bekanntheitsgrad gebracht hat und nahezu unverwüstlich zu sein scheint, sondern noch einiges mehr.
Der in seiner Kindheit erblindete spanische Komponist, der von 1901-1999 lebte, hat es wie kein zweiter seiner Landsleute verstanden, spanische Folklore mainstreamfähig zu machen und in den Konzertsaal hineinzubringen.

Dies zeigt schon das Concierto de Aranjuez (aus dem das legendäre Adagio stammt). In diesem ersten Werk der Moderne für Gitarre und Orchester hat Rodrigo Soloinstrument und Ensemble feinsinnig austariert und damit eine heikle Gratwanderung vollzogen. Wohlwollend mag es mit den Attributen sehnsuchtsvoll oder verträumt belegt werden, doch die Grenze zum Kitsch ist nicht weit.
Dabei bemühen sich in dieser Einspielung alle Beteiligten stets darum, der Musik noch eine gewisse Schärfe und Kantigkeit zu geben. Das bekommt gerade dem Mittelsatz gut, der dank dieses Bemühens tatsächlich als Traum von Frieden und Glück im sommerlichen Garten erscheint, nicht so sehr als filmmusikalischer Schmalz, wie leider in vielen anderen Produktionen. Das ist dem Dirigenten Maximiano Valdés hoch anzurechnen.

Doch mag das südländisch-feurige Temperament den Mitwirkenden noch so sehr gegeben sein, spätestens in der Fantasia para un gentilhombre wird das Kernproblem der Musik Rodrigos überdeutlich: Die vier (Tanz-)Sätze verarbeiten Material des spanischen Barockkomponisten Sanz. Weil aber die Vorlage glattgebügelt und all zu gefällig weiterentwickelt wurde, wächst schnell der Wunsch, doch lieber das Original zu hören.
Freilich kann der Gitarrist Ricardo Gallén dazu nicht das geringste. Er macht seine Sache mehr als gut und die wunderbar ausbalancierte Klangtechnik bringt sein virtuoses Spiel voll zur Geltung.

Apropos Virtuosentum: Die Gigantomanien des zeitgenössischen Musikbetriebs ahnte Rodrigo offenbar voraus. Reichte früher ein Tenor, mußten es ja bald die 3 Tenöre sein und heute kann man auf Plakaten die erschreckende Ankündigung des Auftritts von 5 oder 10 Tenören lesen. Rodrigo schuf schon in den 60er Jahren sein Concierto Andaluz für 4 Gitarren und Orchester, welches die CD beschließt. Und es weist das gleiche Manko auf, wie die besagten Tenor-Konzerte: Technische Spielereien und Selbstverliebtheiten gehen zu Lasten der musikalischen Substanz. Die folkloristischen Themen werden ungeheuer konventionell abgehandelt. Da ist der Aufwand, den das EntreQuatre Guitar Quartet treibt schon fast verlorene Liebesmühe.

Kurzum: Es drängt sich die Frage auf, warum Naxos meint, man müsse eine Komplettaufnahme von Rodrigos Orchesterwerken vorlegen, wo doch schon die populärsten davon als eher schwach bezeichnet werden müssen. Wer aber seine Urlaubsfotos aus Spanien in Ruhe betrachten, den dazugehörigen Rotwein und die Paella ungestört genießen und das ganz mit ein wenig harmloser Musik garnieren möchte, der darf bei dieser CD unbekümmert zugreifen - Interpretation und Technik verdienen jedenfalls Lob.

13 von 20 Punkte

Sven Kerkhoff

 

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