Musik an sich


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Barclay James Harvest

Berlin; A Concert for the People


Info
Musikrichtung: Soft Prog

VÖ: 20.10.2006 (1982)

(Eclectic / InsideOut / SPV)

Gesamtspielzeit: 63:16

Internet:

http://www.bjharvest.co.uk
http://www.barclayjamesharvest.com
http://www.barclayjamesharvest.co.uk


Berlin dokumentiert ein historisches Konzertereignis. Im August 1980 spielten Barclay James Harvest bei freiem Eintritt ein Konzert auf den Stufen des Reichtags, hinter dem sich damals direkt die Mauer entlang zog. 175.000 Menschen, nach Polizeiangaben, und 250.00 Menschen nach Veranstalterangaben verfolgten auf dem Rasen vor dem historischen Gebäude das von Ideal eröffnete, über zwei stündige Konzert. Wie viele Menschen der Musik ohne Sicht auf der anderen Seite der Mauer lauschten, darüber existieren keine Angaben.

1981 erschien eine aufgrund der teilweise schlechten Aufnahmen stark überarbeitete 11-Track LP. Die über Polydor Deutschland veröffentlichte auf 250.000 Kopien limitierte erste Auflage verkaufte sich rasend schnell und erreichte so den ersten Platz der deutschen LP-Charts. Das ausgekoppelte “Child of the Universe“ war wochenlang nicht mehr aus dem Radio weg zu denken. Erst im Januar 1982 erschien eine nun nicht mehr limitierte weltweite Edition. Die Tracklist war umgestellt und auf neun Stücke reduziert worden. In dieser Form erzielte Berlin Barclay James Harvests größten britischen Erfolg mit einem 15. Platz in den Charts.

Allein das macht die herausragende Rolle deutlich, die Deutschland für Barclay James Harvest gespielt hat. Von den 53 Europa-Konzerten der 1980er Tour fanden 24 in Deutschland statt. Das Berlin-Konzert war ein Zusatz-Konzert im Spätsommer. Berlin stand nicht im ursprünglichen Tourkalender, da zur Zeit der Tour kein geeigneter Auftrittsort zur Verfügung stand. Es ist den Bemühungen des Berliner Kultursenats, einige besondere Attraktivitäten für den Sommer auf die Beine zu stellen zu verdanken, dass dieses freie Konzert stattfand. Finanziert wurde es zum großen Teil von der Band selber. Das hat sich ausgezahlt. Neben den Gewinnen, die mit den Aufnahmen und Fernsehübertragungen erzielt wurden, hat es mitgeholfen, die Band Anfang der 80er zu einer der populärsten Bands in Deutschland zu machen.

Allerdings markiert das Live-Album auch einen Popularitätshöhepunkt, von dem aus es nur noch abwärts ging. Lediglich das folgende Album Turn of the Tide, von dem in Berlin bereits die damals noch unveröffentlichten Stücke “Nova Lepidoptera“ und “Life is for living“ gespielt wurden, konnte das Level von Eyes of the Universe und Berlin in der Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit noch einmal halten.

Das nun im Pappschuber wieder veröffentlichte Album Berlin; A Concert for the People macht erstmals die ursprüngliche deutsche 11-Track Version (icl. der später gestrichenen Titel “Love on the Line“ und “Rock’n’Roll Lady”) auf CD erhältlich. Das gesamte Konzert hat noch weitere acht Songs umfasst. Wobei besonders das Fehlen von Klassikern wie “Poor Man’s moody Blues“ oder “Suicide?“ enttäuscht.
Die Ausstattung gegenüber der bisherigen CD-Version unterscheidet sich neben den zusätzlichen Tracks dadurch, dass dieses Mal statt eines achtseitigen Booklets mit den Texten nun ein zwölfseitiges Booklet mit Liner Notes und Fotos, sowie ein Promotion-Postkarte beigelegt wurde.

Das Album zeichnet sich eher durch eine Klassiker-Tracklist ohne Ausfälle, als durch eine besondere Live-Atmosphäre aus. Das dürfte in den schon erwähnten schlechten ursprünglichen Aufnahmen begründet sein, die eine massive nachträgliche Überarbeitung im Studio notwendig gemacht hatten. Es war nicht die Qualität der Aufnahme, sondern der besondere Charakter des Konzertes, der dazu führte das Berlin-Konzert zur Grundlage für die dritte Live-LP von Barclay James Harvest zu machen.
Als kaum zu toppendes Best of-Album auf dem Höhepunkt der Karriere hat das Album aber bleibenden Wert.



Norbert von Fransecky



Trackliste
1Love on the Line 6:35
2Mockingbird 7:24
3Rock'n'Roll Lady 4:39
4Nova Lepidoptera 6:14
5Sip of Wine 4:41
6In Memory of the Martyrs 7:42
7Life is for Living 4:00
8Child of the Universe 5:41
9Berlin 5:35
10Loving is easy 4:34
11Hymn 5:28
Besetzung

John Lees
Les Holroyd
Mel Pritchard

Gäste:
Kevin McAlea
Colin Browne



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