Lutz Görner / Ulrich Türk

Die Bibel


Info
Musikrichtung: Bibel Rezitation

VÖ: 1985

(Pläne)

Gesamtspielzeit: 76:25


Man kann mit gewissem Recht einwenden, dieses Album habe in einem Magazin mit dem Namen „Musik an sich“ nichts zu suchen. Denn Die Bibel ist keine Vertonung von Bibeltexten – jedenfalls nicht durchgehend; nicht einmal vorwiegend; sondern eine Rezitation von zweieinhalb bis dreitausend Jahre alten Texten aus dem Alten Testament – natürlich in ihrer deutschen Übersetzung durch Martin Luther.

Obwohl: Rezitation reicht auch nicht. Ich würde es eher als Inszenierung bezeichnen. Lutz Görner inszeniert die kraftvollen Texte. Und dazu benutzt er - unterstützt von Ulrich Türk an Klavier und Gitarre - eben auch Musik. Manchmal als atmosphärische Kulisse, vor der er die Texte vorträgt; manchmal auch als regelrechtes Lied. Außerdem benutzt er - wiederum von Türk abgerufene - Soundcollagen, in der Regel um die Dramatik der Erzählungen zu unterstützen.

Und wie er das macht ist einfach Klasse. Hört Euch nur einmal die „Klage des Amos“ an, in der der Prophet die Selbstsucht der israelische Gesellschaft im achten vorchristlichen Jahrhundert geradezu mit Schaum vor dem Mund anprangert. Das kann Görner auch. Dazu braucht er nicht einmal instumentale Begleitung. Seine donnernde Stimme reicht in diesem Moment völlig.

Musik nutzt er z.B. für das „Liebeslied von Israel“, wo er sich sanft von der akustischen Gitarre begleiten lässt, oder für den hymnischem Gesang bei dem mit Bläsern versetzten „Lied vom fernen Zion“. Fantastisch und phantasievoll ist die Vertonung von „Das Lied der Bäume“, einer 3.000 Jahre alten politischen Satire, die die Institution des Königtums geißelt. Der Weinstock singt zum Walzer; während der Dornbusch in mächtiger Opernarie donnert. Die Gitarre gibt bei „Schakale auf dem Zion“ einen regelrechten harten Blues.

Görner inszeniert mit Humor – und gleichzeitig mit theologischem Sachverstand. Den hat sich der bekennende Atheist und Kommunist mit der Pfarrerin Dr. Renate Wind (u.a. Autorin einer Jugendbiographie über Dietrich Bonhoeffer) an seine Seite geholt. In den ältesten Schichten des Alten Testaments ist die Beziehung des Menschen zu Gott noch sehr unmittelbar. Er ist noch kein ferner König (oder Aufsichtsratsvorsitzender). Als Gott in den „Geschichten von Abraham“ mit dem Stammvater Israels spricht, macht Görner das auf sehr menschliche Weise deutlich. Der von Abraham zum Essen eingeladene Weltenschöpfer schmatzt im Gespräch während er spricht genussvoll und deutlich.

Auch die kleinen Spielereien die Pianist und Gitarrist Ulrich Türk in „Das Buch von Jona“ mit Lutz Görner veranstaltet, machen deutlich, dass die beiden ihre Sache ernst, aber nicht bierernst nehmen und zum Lachen bestimmt nicht in den Keller gehen.

Ein großartiges Album, das in der hier besprochenen CD-Version gegenüber der Doppel-LP um ein Stück gekürzt wurde. Auf der LP gibt es noch ein recht witziges Stück, das aus Bibelzitaten, die zu geflügelten Worten geworden und aus dem Alltag bekannt sind, ein Gespräch zwischen Türk und Görner bastelt.

Sowohl CD als auch LP sind mit ausführlichen Begleittexten erschienen, in denen Hintergründe zu den einzelnen Texten erläutert werden. Die Texte sind so geschrieben, dass sie wohl auch als Ansagen während des Liveprogramms gedient haben dürften.

So macht die Bibel auch Schülern Spaß!



Norbert von Fransecky



Trackliste
1Elohim ! 1:40
2 Die Erschaffung der Welt 4:14
3 Noah 1:08
4 Ein umherirrender Aramäer und die Zehn Gebote 2:49
5 Geschichten von Abraham12:38
6 Deboralied 2:32
7 Der Richter Samuel 3:44
8 Das Lied der Bäume 2:51
9 David und Bathseba und Davids Lied 6:11
10 Liebeslied von Salomo 2:37
11 Der Prediger Salomo 8:52
12 Klage des Amos 4:15
13 Schakale auf dem Zion 2:43
14 Ezechiels Rede und ein Liebeslied von Israel 5:07
15 Lied vom fernen Zion 1:16
16 Das Buch Jona und Lied des Jona 7:35
17 Daniels Traum 3:58
18 Jesus: Selig sind die Armen 1:09
19 Jahwelied 0:25
Besetzung

Lutz Görner (Voc)
Ulrich Türk (Klavier, Git, Keys, Voc)
Ben Ahrens (Pauken, Perc)



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