Musik an sich


Artikel
Christoph Lücker beschreibt die Vielfalt der Metal-Szene




Info
Autor: Christoph Lücker

Titel: Das Phänomen Heavy Metal: Ein Szene-Portrait

Verlag: Verlag Nicole Schmenk

ISBN: 978-3-943022-03-2

Preis: € 14,90

144 Seiten

Internet:
http://www.verlag-schmenk.de

Ein verdienstvolles Werk, auch wenn sich Christoph Lücker ein wenig überhebt, indem er versucht, seiner Untersuchung einen wissenschaftlichen Halo zu verpassen. Davon befreit ihn auch seine Selbstpositionierung zu Beginn des Buches nicht. Er, der sich in einer kurzen Notiz als Wissenschaftler präsentiert (S. 2), schwärmt dort (S. 10) von einer „Synthese zwischen profunder Kenntnis aus erster Hand (als Heavy Metal Fan; NvF) und objektiver Distanz“.

Die profunde Kenntnis spielt Lücker aus – und hier liegt die Stärke der Veröffentlichung. Nicht nur Nicht-Kenner der Szene werden gelegentlich überrascht sein, was an Infrastruktur und Institutionalisierung durch die Metal Musik erschaffen wurde. Das geht weit über Bands, Studios, Plattenfirmen, Konzerthallen und Fanclubs hinaus.

Wer sich einen Einblick in die (wirtschaftlichen) Verästelungen eines Musikstils verschaffen will, der sich in der Regel als rebellisch, Strukturen bekämpfend und primär provokativ gibt, ist hier genau richtig und wird feststellen, dass auch die Inszenierung der Provokation nach den Gesetzen der Vernunft und Zweckmäßigkeit geschieht.

Wenn Lücker allerdings versucht Inhalte der Metal-Musik zu analysieren, fragt man sich, woher er sein Wissen nimmt. Er listet Einstellungen und Ideale der Metal-Fans auf. Er erfasst Themen und Textkategorien, Symbole, den Kleidungsstil und und und. Hier tut sich die Frage auf: Wer spricht jetzt eigentlich? Der profund informierte Fan oder der Wissenschaftler mit objektiver Distanz.

Bei einem klar formulierten Ja zum Ersteren wird Das Phänomen Heavy Metal zu einer wertvollen Dokumentation des Wissens eines Zeitzeugen. Für den im Duktus des Buches immer mitschwebenden wissenschaftlichen Anspruch fehlt dagegen die Basis. Lücker müsste dann klar darüber Rechenschaft ablegen, welche Alben, Bands, Personengruppen er in Augenschein genommen. Er müsste sagen, warum diese, warum andere nicht. Er müsste die Grenzen seines Beobachtungsgebietes offen legen.

All das tut er nicht. Damit sind seine Aussagen wissenschaftlich nicht überprüfbar. Bei einem Buch über und für die Metal-Szene eigentlich kein Problem. Aber Lücker versucht ja, sich auf deutlich größerer Bühne zu etablieren – und dafür springt er zu kurz.

Back to the Positive: Christoph Lücker hat eine informative, umfassende Darstellung einer Musikszene geliefert, die mehr Substanz, Vernunft und Beständigkeit hat, als man es ihrer bewusst provokativen „Fick mich“-Attitüde zutrauen würde.

Darum bei allen Anfragen: eine klare Empfehlung für Das Phänomen Heavy Metal.


Norbert von Fransecky



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