Musik an sich


Reviews
ˇak Ozmo

18th-Century Portuguese Love Songs (Modinhas)


Info
Musikrichtung: Klassik / Weltmusik

VÖ: 20.11.2012

(Hyperion / Codaex / CD / 2012 / Best. Nr. CDA67904)

Gesamtspielzeit: 71:13

Internet:

L´Avventura London



DIE WIEGE DES FADO

Der portugiesische Fado, jener melancholische, meist gitarrenbegleitete Gesang hat längst in der ganzen Welt eine große Fangemeinde gewonnen, Sängerinnen wie Cristina Branco oder Misia sind aktuell seine vielleicht berühmtesten Interpetinnen. Aber wo liegen die Wurzeln dieser ganz eigenen, unverkennbaren Musik? Diese Frage hat ˇak Ozmo nicht losgelassen und seine Suche hat ihn schließlich zu den Modinhas geführt: Salonlieder, die in Portugal zwischen ca. 1765 und 1834 so populär waren, dass auch renommierte Kirchenmusiker es sich nicht nehmen ließen, entsprechende Stücke zu komponieren. Ja, es gab sogar eine eigene Fachzeitschrift, die alle zwei Wochen die neuesten Entwicklungen des Genres nachzeichnete. Strophisch konzipiert und zumeist begleitet von einem Hammerklavier oder Zupfinstrument vereinen die Modinhas folkloristische Elemente, welche sich nicht zuletzt aus der musikalischen Tradition von Portugals Kolonie Brasilien speisen, mit opernhaft-virtuosem Vokalzierrat. Eingängig in der Melodie, schlicht aber wirkungsvoll in den konsequenten Grundrhythmen kreisen sie textlich stets um die Liebe und hier vor allem – der Fado lässt grüßen – um die verlorene Liebe und das Leiden daran. Die Hinwendung zu einer volkstümlichen und damit auch nationalen Musiksprache war zwar auch im restlichen Europa zu beobachten, dies jedoch eher in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Zudem vollzog sie sich hier vornehmlich durch die Integration entsprechender stilistische Elemente in die Kunstmusik, während mit den Modinhas der umgekehrte Weg beschritten wurde: bei ihnen fließen kunstmusikalische Elemente in eine von der Grundanlage her unverändert volkstümlich gefärbte Musik ein.

Es ist offen, warum die Modinhas schließlich wieder aus der Mode kamen. Fest steht jedoch, dass es sich lohnt, sie wiederzubeleben. Es ist einfach zu verblüffend, wie modern diese Musik tönt, wie mitreißend und frech sie daherkommt. Unwillkürlich ist man geneigt, mitzuwiegen, mitzuklatschen. Das liegt natürlich nicht zuletzt an der unverbrauchten Interpretation durch das Ensemble L´Avventura London und die beiden Sopranistinnen Sandra Medeiros und Joana Seara, die allerdings bisweilen durchaus etwas „verruchter“ agieren dürften.

Eine höchst originelle Produktion!



Sven Kerkhoff



Trackliste
1 Ganinha, minha Ganinha [3'05] Anonymous
2 Tempo que breve passaste [7'40] António da Silva Leite (1759-1833)
3 Tocata do Sr Francisco Gerardo [1'58] António da Silva Leite (1759-1833)
4 Foi por mim, foi pela sorte [5'21] Anonymous
5 Onde vas linda Negrinha [3'42] António da Silva Leite (1759-1833)
6 Minuet IV [2'31] Pedro António Avondano (1714-1782)
7 A minha Nerina [3'19] Anonymous
8 É delícia ter amor [2'14] Anonymous
9 Você trata amor em brinco [5'20] Marcos António Portugal (1762-1830)
10 Minuete [1'51] António da Silva Leite (1759-1833)
11 Já, já me vai, Marília [4'06] Marcos António Portugal (1762-1830)
12 Sobre as asas da ternura [4'37] José Maurício (1752-1815)
13 Toccata No 8 [2'00] Carlos de Seixas (1704-1742)
14 Que fiz eu à natureza? [6'41] José Maurício (1752-1815)
15 Minuet VI [1'47] Pedro António Avondano (1714-1782)
16 Cuidados, tristes cuidados [4'47] Marcos António Portugal (1762-1830)
17 É amor a lei suave [3'58] José Maurício (1752-1815)
18 Sonata in F minor Kk466 [3'21] Domenico Scarlatti (1685-1757)
19 Os 'me deixas' que tu dás [2'44]
Besetzung

L´Avventura London

Sandra Medeiros, Joana Seara: Sopran

ˇak Ozmo: Ltg.


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