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Eloy

Eloy


Info
Musikrichtung: Beat / Prog

VÖ: 05.12.2008 (1971)

(Revisted / SPV)

Gesamtspielzeit: 50:47


Nun liegt es also in einer erschwinglichen, offiziellen Ausgabe vor – das legendäre Eloy-Debüt mit dem mindestens ebenso legendären Mülltonnencover, dessen Deckel in der liebevoll gestalteten Revisted-Ausgabe als Gimmick separat aufklappbar ist. Schön gemacht.
Ansonsten lässt die Edition aber zu wünschen übrig. Nicht einmal eine Besetzungsliste ist vorhanden, auch keine näheren Angaben zu den Bonustracks. Dafür zwei Seiten Liner Notes von Bandkopf Frank Bornemann. Dass die vor allem aus einer Beschreibung der Zeitumstände bestehen, in denen Eloy entstanden ist, und fast wie eine Entschuldigung klingen, dass das Album überhaupt wiederveröffentlicht wurde, ist kein Zufall. Für Bornemann ist die Scheibe „mit dem Mülltonnencover“ ein schlichtweg unerträglicher Kompromiss, den er im Rückblick „furchtbar schlecht“ findet. Dass sie nicht in der Remaster-Serie zusammen mit den späteren Alben erschienen ist, lag aber nicht an Bornemanns Widerwillen, sondern an Copyright-Gründen. In den Linernotes des jetzt doch wieder erschienen Albums fasst er seine Einstellung folgendermaßen zusammen. „In dieser Geburtstunde des Krautrock war Eloy zwar schon gezeugt, aber noch nicht geboren, und so betrachte ich dieses Erstlingswerk als embryonale Frühphase der Band…“.

Es gibt nicht wenige Krautrockfans, die diesem Album dennoch, oder gerade deswegen, den Vorzug vor den späteren Klassikern geben, die als überambitioniert, bombastisch, kitschig, oder was auch immer bezeichnet werden.
Wie dem auch sei, eins ist gleich beim ersten Hören deutlich. Mit den späteren Eloy hat Eloy tatsächlich noch herzlich wenig zu tun. Der progressiv experimentierende britische Beat der späten 60er ist an allen Ecken und Enden herauszuhören, wobei man kaum in die psychedelischen Ecken schaut, die das swinging London kurz zuvor im LSD-Griff gehalten hatte. Besonders deutlich scheinen mir diese Wurzeln im zweiten Track „Something Yellow“ offen zu liegen, der wie eine Collage aus mehreren noch nicht ganz zusammengewachsenen Einzelstücken wirkt. Zu Beginn tauchen die Orgeln von Uriah Heep auf, danach Versatzstücke von Mannfred Manns Solar Fire (die aber erst nach Eloy erscheinen ist) und dann auch Floyd-Sounds.
Überhaupt scheinen die Orgelsounds von Ken Hensley eine nicht zu unterschätzende Rolle bei den frühen Eloy gespielt zu haben. Wer müsste bei „Dillus Roady“ nicht an „Gypsy“ denken? Ähnlich nahe an Heep liegen die mehrstimmigen Chöre von „Daybreak“.

Eine zweite Parallele, die ich sehe, sind die Frühwerke zweier anderer Bands – von Jane und vor allem den Scorpions, deren Debüt ähnlich weit von ihrem späteren eigenen Stil abgesiedelt ist, wie Eloy von Eloy. Da alle drei Bands aus Hannover stammen, teilweise überschneidende Personalia haben und in der selben Zeit ihre Formationsprozesse, oder - um mit Bornemann zu sprechen – ihre embryonalen Phasen hatten, drängt sich der Eindruck auf, dass 1970/71 in Hannover eine interessante Krautrock-Ursuppe geköchelt haben muss, aus der sich drei zum Teil sehr unterschiedliche Bands entwickelt haben, die Mitte der 70er zu den erfolgreichsten deutschen Rockbands überhaupt gehörten.

Die drei Bonusstücke sind bereits vor dem Album aufgenommen und anscheinend zumindest teilweise als Single veröffentlicht worden. Insgesamt gehen Eloy hier deutlich rockiger zur Sache – am deutlichsten bei dem mächtig mit Bluesharp arbeitenden „Vibrations of my Mind“ zu hören, das schon fast purer Rock’n’Roll ist.
Und auch hier ist mit noch stärkerer Beat-Verankerung die Nähe zu Uriah Heep wieder zu finden. Ich könnte mir alle drei Stücke problemlos auf einem Album vorstellen, das die Übergangsphase von Spice und den Gods zu Uriah Heep beleuchtet.

Auch wenn Bornemann dieses Album nicht mehr mag. Wenn Embryos so lebendig, interessant und vital daher kommen, spielt man gerne den zuhörenden Geburtshelfer.



Norbert von Fransecky



Trackliste
1Today 6:07
2 Something Yellow 8:14
3 Eloy 6:17
4 Song of a paranoid Soldier 4:54
5 Voice of Revolution 3:09
6 Isle of Sun 6:07
7 Dillus Roady 6:34
8 Walk alone (Bonus Track) 2:43
9 Daybreak (Bonus Track) 2:41
10 Vibrations of my Mind (Bonus Track) 3:36

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