Musik an sich


Reviews
Brahms, J. (Faust – Van der Zwart – Melnikov)

Horntrio op. 40 – Sonate für Violine und Klavier Nr. 1 op. 78 – 7 Fantasien op. 116


Info
Musikrichtung: Romantik Kammermusik

VÖ:

(Harmonia Mundi / Harmonia Mundi / CD 2007 / Best. Nr. HMC 901981)

Gesamtspielzeit: 79:19



HERBSTLICHE FARBEN

Die Dämmer- und Nebelklänge, die es im Adagion mesto des Horn-Trios von Johannes Brahms zu hören gibt, gehören mit zu den magischsten Momenten dieser Einspielung. Wer wissen will, wie die Romantik klingt, der wird hier fündig. Die Zeit steht praktisch still. Das Klavier sorgt im Pianissimo für eine erdige Grundierung, die Violine singt darüber ein Lied ohne Worte, meist zusammen mit dem Waldhorn, dessen Klänge mal näher und mal ferner klingen, in einem Moment bronzefarben aufglühen, um im nächsten wie eine Posaune zum Jüngsten Gericht zu rufen. Geisterhaft. Nicht weniger ergreifend, aber auch vestörend, sind die sehnsuchtsvollen bis abgründig melancholischen Momente, die Brahms z. B. im eröffnenden Andante formuliert.

Die drei Interpreten, die sich hier zusammengefunden haben, suchen wie viele ihrer Kollegen den originalen Klang. Mit einem in Linz um 1845 gebauten Waldhorn, einem Bösendorfer Flügel von 1875 und einer Stradivari von 1704 ist ihnen das ausgezeichnet gelungen. Man versteht, weshalb Brahms sein Trio nur mit einem Natur-Waldhorn ohne Ventile gespielt haben wollte! Was sofort auffällt, ist die perfekte Balance. Die Politur ist, verglichen mit ganz modernen Instrumenten, eher mattiert (was vor allem beim Flügel in der Höhe und Tiefe auffällt; dafür verfügt er über außerordentlich schöne Mischfarben und bleibt in allen Stimmlagen durchhörbar). Doch diese gedeckteren, herbstlichen Farben ergeben durch das unterschiedlich ansprechende Horn (Teunis van der Zwart) ganz eigentümliche Mischungen, die um vieles moderner klingen als was mit dem Ventilhorn zu erreichen ist.
Doch beschränken sich die Interpreten nicht allein auf die Vorführung ihrer Instrumente. Die Musik und ihre wechselnden Stimmungen werden durch eine überlegte Phrasierung und Artikulation belebt. Das merkt man auch bei den anderen Stücken dieser Aufnahmen. Statt mit dem Horn-Trio als Finale zu schließen, gehen die drei Musiker den umgekehrten Weg: auf das Trio folgt ein Duo, die Sonate Nr. 1 op 78 für Violine und Klavier, dann, zum Schluss, das Soloklavier mit den 7 Fantasien op. 116. Die Geigerin Isabelle Faust und der Pianist Alexander Melnikov finden in beiden Fällen zu einer intensiven, bewegenden Darbietung, die trotz der leicht halligen Akustik in jedem Moment präsent ist.



Georg Henkel



Besetzung

Isabelle Faust: Violine
Teunis van der Zwart: Waldhorn
Alexander Melnikov: Bösendorfer Flügel


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