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Artikel

Im Cowboysommer spielt die Musik die verborgene Hauptrolle

Info

Autor: Hansjörg Schertenleib

Titel: Cowboysommer

Verlag: Aufbau Verlag

ISBN: 978-3-351-03321-7

Preis: € 19,95

244 Seiten

Cowboysommer endet mit einer Liste von 70 LPs, der Plattensammlung des „alten“ Boyroths. Damit hat Hansjörg Schertenleib sein Buch über Freundschaft, Jugend und Pubertät für die MAS legitimiert. Denn die Musik spielt ihre Hauptrolle im Cowboysommer eher im Hintergrund.

Es ist die Geschichte von Hans Peter und Boyroth, die Geschichte des einen, der immer im Schatten des anderen bleibt; des einen, der der Freund des anderen ist, obwohl und weil er der Kleine ist; der dem Großen gleichzeitig die Größe gibt, indem er der Kleine neben ihm ist, und einen Teil der Größe des Großen abbekommt.
Irgendwie erkennt diese Situation jeder Siebzehnjährige, wird sich ihrer aber oft erst Jahre später bewusst. Darum schreibt Schertenleib den Cowboysommer auch bewusst aus einer reflektionsfähigen Altersperspektive.
Sätze wie „Der Tod war zwar die größte Angst, die wir in unserem Alter kannten, aber nicht der eigene, denn der war unmöglich.“ (S. 45) sind zwar typisch für 18-jährige Heranwachsende, aber erst mit 40+ wirklich aussprechbar.
Das ist die Zeit, wenn „verbotene“ Musik nicht länger verboten ist (S. 212), sondern nostalgisch verklärend die „schönsten Jahre des Lebens“ wieder lebendig macht.

„Damals“ war andere Musik wichtig. So wichtig, dass Hans Peter den Satz „Ich habe sie übrigens endlich gefunden.“ nach der kurzen Erklärung „Die Platte, die wir so lange gesucht haben.“ sofort versteht, als er Boyroth nach 36 Jahren zufällig wieder trifft.
Übrigens ist Boyroth immer noch der Große, obwohl Hans Peter ein erfolgreicher Schriftsteller mit eigenem Haus geworden ist, während Boyroth mit einem Fahrgeschäft mitreist und außerhalb der Saison in dem heruntergekommenen Bauerhof haust, in dem das Karussell überwintert.

Cowboysommer ist eher ein Buch über das sich Selbst finden, als über Freundschaft, wie der Klappentext meint. Der Freund, Boyroth, ist die Bezugsgröße, an der Hans Peter die Bedeutung und Wichtigkeit des ihm begegnenden Leben misst. Und die Größe des eigenen Lebens misst sich gelegentlich daran, dass sie nicht dem entspricht, was von Boyroth gedeckt bzw. bezogen ist.

Und der Selbstfindungsprozess ist begleitet von Musik, zu der man sich bekennt, und die man ablehnt. Irgendwann ist damit Schluss. Musik wird zur akustischen Tapete, mit der das Zimmer gestaltet wird, zum Genussmittel, zum Statussymbol. Insofern ist Boyroth nie erwachsen geworden. Das Bekenntnis zu genau 70 LPs ist sein Festhalten, an dem, was er sich erworben hat, als er meinte auf eigenen Füssen zu stehen.

„I wanna die before I get old” hat Pete Townsend einmal geschrieen. Hendrix, Joplin, Morrison und einige andere haben dieses Credo befolgt, indem sie rechtzeitig gestorben sind. Byoroth ist einfach nicht alt geworden. Ob er glücklicher geworden ist als Hans Peter, lässt Schertenleib wohl bewusst offen.

Norbert von Fransecky


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