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Artikel

son kas - Gefangen in der eigenen Generation

Info

Gesprächspartner: son kas

Zeit: .10..2..

Ort: email

Interview: E-Mail

Stil: Hip Hop, Experimental Hip Hop / Elektronika

Internet:
http://www.sonkas.de

Das Hip Hop Duo son kas, bestehend aus Sänger und Texter epilog und Soundwizzard azabeats, hat sich in seine ganz eigene Nische gesetzt.
Die doch oftmals sehr depressiven, aber auch wütenden Klänge werden mit ebensolchen Texten, die sich zumeist mit einer in seltsamen Metaphern verpackten Art und Weise um den Zustand der Gesellschaft, bzw. der Generation, der die Band entstammt, auseinandersetzt.
Eigentlich mag der Urheber der Texte gar nichts über diese sagen, so teilte mir Epilog zu mindest in einen kleinem Interview mit.

Doch denke ich, dass man, wenn man Texte wie
Der Orbit ist lose und dreht sich. Wie man so schön sagt: der Rahmen hält alles im Rahmen des Mannes im Rahmen, falls es sich mit Fußball, Ficken, Bier und Kiffen beschreiben lässt, teile ich eure Meinung. Es ist gut, wie das Lob der Konsole. Wir torkeln und toben mit Vorsicht auf Sohlen aus Samt durch ein loderndes Land.
Die Zeitung schreibt der Fernseher zeigt
dasselbe Bild im Endlosloop
wir nehmen an was man uns gibt
Beschreibung fällt nicht schwer es ist
die Evolution der Anpassung und wir werden selektiert

(aus “Evolution der Anpassung“) schreibt und singt, doch ein wenig dazu sagen sollte. Und so spricht epilog dann in ebenso wortreichen Sätzen darüber, dass seine Generation langsam aber sicher reglos geworden ist. Aber er sagt dabei auch deutlich, dass dies kein erhobener Zeigefinger sein soll, sondern dass er, bzw. son kas sich hier voll mit hinzuzählen. (Das komplette Interview findet Ihr weiter unten).

Wobei ich da ein wenig widersprechen möchte, denn mit diversen Soloarbeiten von beiden Mitgliedern und den son kas Scheiben gibt es inzwischen 9 Veröffentlichungen. (Die man übrigens bis auf das brandneue Album alle unter http://www.sonkas.de/downloads/ herunterladen kann - was man zahlen möchte entscheidet man nach dem Radiohead Vorbild selbst.) Und wer soviel künstlerischen Output hat, ist ja definitiv nicht tatenlos.

Wahrscheinlich ist es wirklich besser so, dass Epilog doch zum größten Teil bei seiner Devise, seine Texte nicht zu erklären bleibt. Denn somit kann man bei jedem Hören der Scheibe in den Texten andere Dinge hören, interpretieren und fühlen, genau wie bei der Musik.

Doch lest erst einmal Epilogs Antworten zu meinen Fragen:


MAS: Wie lange macht Ihr bereits unter dem Namen son kas Musik?

epilog: Die ersten Ideen und gemeinsamen son kas Lieder entstanden 2003. Vorher kannten wir uns zwar schon, machten aber unabhängig voneinander Musik. Wir gingen zur selben Schule, waren befreundet, aber vor allem hatten wir einen sehr ähnlichen Musikgeschmack und die Vorstellung oder Vision davon, wie Hip Hop für uns klingen könnte. Wir lieben beide das Experimentieren und so war eine musikalische Zusammenarbeit auch nur die logische Schlussfolgerung.

2006 kam unser erstes Album Requiem for a Vorgarten heraus. Das war aber eher eine Liedansammlung. Seitdem haben wir, natürlich mit Unterbrüchen, an Wasserleichentreiben gearbeitet. Das Ziel war immer ein Album zu schaffen, das am Stück funktioniert. Wir mögen es nicht sonderlich, dass heutzutage immer nur alle Singleansammlungen veröffentlichen und es kaum mehr wirkliche Alben gibt. Die Lieder, die nicht ins Konzept gepasst haben, sind dann vorab als Free Download erschienen: http://epilog.bandcamp.com/album/das-jahr-der-wasserleiche

MAS: Ihr habt ja bereits eine Menge Sachen veröffentlicht bzw. online gestellt - woher kommt diese hohe Produktivität?

Epilog: Musik ist eben unsere Art unser Leben zu meistern, zu reflektieren, zu lieben und zu fühlen. Wenn wir nicht nebenbei arbeiten würden, hätten wir wahrscheinlich das, was wir hohe Produktivität nennen. An „Wasserleichentreiben“ haben wir immerhin drei Jahre gearbeitet und ich denke, es ist auch unser erstes richtiges Album. Generell ist zu sagen, dass son kas unser Hauptprojekt ist, wir aber nebenher immer viele andere Sachen machen, die dann in der Regel auch eine gänzlich andere Ästhetik und Herangehensweise haben. Wir lieben es einfach uns musikalisch auszutoben. Vieles davon sind dann aber eher Skizzen.

MAS: Was hat es mit dem morbiden Titel Waserleichentreiben auf sich?

epilog: Meine Texte funktionieren hauptsächlich über ihre Bilder und dadurch, was diese beim einzelnen Hörer auslösen. Es gibt keine richtige Interpretation, keinen „Code“, um sie zu entschlüsseln, oder zu verstehen. Es geht darum sie zu fühlen. Ich persönlich habe keine morbiden Assoziationen bei Wasserleichentreiben, für mich beschreibt es ein Lebensgefühl, ein Ausgeliefertsein, das sich durch weite Teile meiner Generation zieht. Es steht für die inneren Kämpfe in unserer Gesellschaft, die Unfähigkeit die Richtung zu ändern, aber auch das Fallenlassen in Momente des Treibens.

MAS: Wie entstehen Eure sehr wortreichen Texte?

epilog: Ich schreibe sehr viel, auch sehr viel unabhängig von Musik. Lyrik, Gedanken, Beobachtungen, Geschichten. Ich liebe das Spiel mit der Sprache. Bei son kas ist es etwas besonderes, da azabeats immer sehr viel seiner eigenen Emotion in die Songs packt. So löst die Musik recht schnell etwas bei mir aus und ich schreibe dann meine Gedanken und Gefühle dazu. Meistens arbeiten wir dann noch gemeinsam an den Liedern und an der Struktur der Songs. Entsprechend wird dann auch teilweise der Text noch einmal überarbeitet. Wir harmonieren gut.

MAS: Ein großes Thema scheint bei Euch die Kritik an der Entwicklung unserer Gesellschaft zu sein. Besonders scheint Euch das Abstumpfen der jüngeren Generationen durch die bunte Welt der Medien und der elektronischen Spielgeräte zu sein. Was geht Euch hier am meisten im Kopf herum?

epilog: Natürlich sind meine Texte kritisch, aber mir geht es eher darum zu beschreiben, Denkanstöße zu geben. Ich mag keine Zeigefinger. Wir sind genauso Teil des Ganzen. Wir sind diese Generation, wir sind Abstumpfung und Eskapismus. Die meisten Leute, die ich kenne, haben Träume, Ideale, Utopien und fast niemand ist zufrieden mit den Zuständen, die uns umgeben. Aber umso älter wir werden, desto mehr verlieren wir davon. Alles wird realistisch betrachtet und konform. Ich denke wir sind die „man kann sowieso nichts ändern“-Generation.
Die Vereinheitlichung durch die Medien, Betrinken am Wochenende, schneller Sex und das flüchtige Festhalten am Konzept der Liebe sind nur die logische Schlussfolgerung davon, ein lebenserhaltender Mechanismus. Ich beobachte nur.

MAS: Ihr schreibt oftmals in sehr extravaganten Metaphern (siehe Albumtitel) oder Kreationen wie „Ein Ventil aus Busen“. Was meint Ihr z.B. mit dieser Metapher?

epilog: Wie bereits gesagt, besitzen meine Metaphern keine Codes. Für mich ist „Ventil aus Busen“ der Glaube an die Utopie.

Der Soundwizzard azabeats hat im Vergleich zu dem ersten Album der Band ein Menge dazugelernt. Vorbei sind die Zeiten, wo doch großteils mit den typischen Blaupausen und Klängen des Hip Hop gearbeitet wurde, wenn auch schon auf diesem Album die Andersartigkeit dieses Duos zu spüren war. Was sich jedoch ganz deutlich zum größten Teil an den Texten ausmachte. Nun ist das Piano viel stärker im Fordergrund. Den Songs wird jede Menge Atmosphäre über dunkle Sounds und hochinteressanten Samples gegönnt und man scheut sich auch nicht, einen Song durch die unterschiedlichsten Klangfarben zu schicken. Geschickt wird durch abrupte Rhythmuswechsel eine starke Dramaturgie aufgebaut.

son kas will seinen Hörern (Seiner Generation) Hirnfutter geben, ohne zu plump mit der Tür ins Haus zu fallen. Es wird deutlich auf subtile Zustandbeschreibung geachtet, wovon die meisten anderer Hip Hopper dieser Erde ja weit entfernt sind. Und auch die Musik ist von stumpfen, immergleichen Beats und eher langweiligen Samples weit entfernt und bietet mit sehr fremdartigen und manchmal auch seltsam bekannten Samples den etwas anderen und den Hörer fordernden Sound. Und man hört der Musik und den Texten dieses Duos auch an, dass Sie Ihre Antennen musikalisch ganz weit offen haben.


Wolfgang Kabsch


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