····· Osterei - Luxus-Haydn auf Vinyl ····· Zwischen Grunge und Pop suchen Woo Syrah ihren Weg ····· Der zweite Streich von Billy Idol neu und erweitert ····· Die Hamburger Ohrenfeindt sind „Südlich von Mitternacht“ auf der Überholspur ····· BAP gehen auf Zeitreise in ihre besten Jahre ·····  >>> Weitere News <<<  ····· 

Artikel

365 Tage Held des Alkohols - die pseudo selbstkritische Nabelschau des Mötley Crüe Bassisten Nikki Sixx

Info

Autor: Nikki Sixx mit Ian Gittins

Titel: Tagebuch eines Heroinsüchtigen – 365 Tage im Leben eines Rockstars

Verlag: I.P. Verlag, Berlin, 2009

ISBN: 978-3-931624-61-3

Preis: € 23,90

432 Seiten

In Schwarz erscheinen in diesem Tagebuch die angeblich authentischen Tagebuch-Einträge, die Nikki Sixx in der Zeit vom 25. 12. 1986 bis zum 25. 12. 1987 gemacht hat. In Rot gibt es Kommentare aus heutiger Sicht - von ihm selber, aber auch von einer ganzen Reihe an Weggefährten, vorne weg der Rest der Band, seine Mutter und andere Familienmitglieder, seine zur Predigerin konvertierte Ex-Verlobte Vanity und und und.
Am Ende wird ein Schnellüberblick über die folgenden Jahre geworfen.

Edel aufgemacht ist das Buch mit Hard-Cover und Leseband und im pseudo-besudelten Layout. Die Seitenränder wirken abgestoßen. In Rot gibt es Blut- und in Schwarz Tintenflecke. Die Bilder sind bekleckert, versifft, zerrissen.
Echt wirkt das kaum und passt damit bestens.

Neben vielen anderen Fragen überrascht es mich z.B., dass es einem derart aus dem Ruder gelaufenen Junkie gelungen sein soll, derart diszipliniert Tagebuch zu führen. Wie er in dem Zustand das geniale Album Dr. Feelgood aufgenommen haben soll, kommt dazu.
Oder sollen wir uns das vielleicht sogar fragen? Und ganz beeindruckt überrascht sein? Das würde u.a. erklären, warum Sixx gerade diese 365 Tage ausgewählt hat.

Sixx tut in seinen Kommentaren so, als würde ihn sein in jedem Detail beschriebenes Leben ankotzen und anekeln. Vielleicht stimmt das. Vielleicht sind die Einträge wirklich zu 100 Prozent echt. Schwer zu beurteilen.
Dennoch ergibt sich für mich eher - und zwar noch stärker als bei The Dirt - der Eindruck, dass hier ein verantwortungsloser Junkie seine Sucht benutzt, um sich als tollen Kerl raus zu stellen: Hey Leute, schaut her, wie ich gesoffen (gedrückt, geschnupft, gespritzt, ge… habe! Hey Leute, schaut her, wie ich’s geschafft habe mich selber aus dem Sumpf zu ziehen!! Hey Leute, schaut her, wie toll und - äähhmn - bescheiden ich ganz ehrlich zugebe, wie dumm ich war!!!

Was für ein Unterschied zu der Ozzy-Biographie, die ebenfalls in dieser Ausgabe besprochen wird.

Was mich nach der Lektüre der Tagebuch eines Monats immer mehr zu interessieren begonnen hat, als weitere unappetitliche Details über die Zustände von Wohnung, Verdauung und ähnlichem, ist die Frage, wie Sixx denn dann letztendlich den Absprung geschafft hat.
Davon aber gibt es nichts zu lesen.

Norbert von Fransecky


Zurück zur Artikelübersicht