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Artikel

Swamp Room Happening 2007

Info

Künstler: Diverse

Zeit: 26.05.2007

Ort: Bad, Hannover

Es ist mal wieder Pfingsten in Deutschland. Das bedeutet für einige unerbittliche Kreaturen, zumeist in Deutschland beheimatet, aber durchaus auch aus ganz Europa anreisend, ihre Verwandtschaft allein in der Hölle des Kaffeetrinkens und Bratenessens zu lassen, um lieber in die Abgründe der Rockmusik abzutauchen.

Hierzu lädt schon seit einigen Jahren der eigene Schirmpapa, Willem von Swamproom Records, regelmäßig ein. Nun zum zweiten Mal in die schöne Location des altehrwürdigen Bad´s im Herrenhäuser Park zu Hannover gelegen. Dieses Jahr wurde die Organisation nochmals verbessert. Das Zelten fand diesmal ca. 500 Meter entfernt vom Bad auf einem nahe gelegenem Grundstück eines Tennisvereines statt. Diese zunächst als etwas ungünstig angesehene Änderung (man musste halt etwas mehr laufen, um mal neu erstandene Tonträger wegzubringen oder sich etwas Ruhe zu gönnen) entpuppte sich jedoch schnell als gute Lösung, denn so fand man auf dem Zeltplatz nicht nur viel mehr Platz und stolperte nicht über die dicht an dicht stehenden Zelte, sondern man fand auch mehr Ruhe, die man durchaus ab und an mal braucht, um dem Spektakel von ca. 30 Bands in zwei Nächten standzuhalten.

Auch die meiner Meinung nach normalerweise nicht so tolle Idee, eine zweite Bühne zu präsentieren, auf der kleinere oder andersartige Bands auftraten, entpuppte sich als gut geplant und gute Neuerung. Denn so drängte es sich diesmal nicht ganz so sehr vor der Hauptbühne und man konnte auch mal bei Interpreten, die einem nicht so lagen, eine Runde drehen und an der anderen Bühne etwas verweilen.

Doch nun zur Musik und zum vorweggeschicktem Resümee: Obwohl man jedes Jahr sagt, dass keine Steigerung möglich sei - es war wieder eine da und das 2007er Happening darf getrost als das beste der vergangenen Jahre bezeichnet werden. Hierzu trug auch die zweite Bühne bei, denn so spielten (bis auf die Ausnahme Noetics, dazu später mehr) die oftmals nicht so in die Setlist passenden Bands dort und auf der Hauptbühne reihte sich Kracher auf Kracher. Bis auf wenige Ausnahmen wurde auf der Hauptbühne gerockt, gestonert, psychedelischen Klängen gefrönt oder musikalische Exkursionen in die Tiefen des Alls (halt Spacerock) Platz geboten, bis der (Ohren)arzt kommt.
Bei der Menge an Bands ist es naturgemäß unmöglich, jeder einzelnen Platz zu bieten. Daher im Folgendem die Highlights der beiden Tage.


Samstag, 26.05.2007


Es wurde pünktlich um 18:00 Uhr gestartet und gleich die ersten beiden Bands boten einen straffen Psychedlic bzw. Spacerock, um die langsam eintrudelnden Besucher gut anzuheizen. Wie jedes Jahr bildete die Mandra Gora Lightshow Society den zentralen Gig gegen 23:00 Uhr. Die Band von Swamp Room Macher Willem bot einen guten Querschnitt Ihres Schaffens, einige kürzere und ruhigere psychedelische Ohrwürmer, aber auch zwei ausufernde psychedelische Monster, die mit straffem Groove unter der Soundwand richtig abgingen. Und als Höhepunkt sprang Gitarist Willem dann zum abschließenden Solo ins Publikum, wälzte sich in Rockermanier auf dem Boden und schmiss unter Johlen sein Instrument zurück auf die Bühne. Da unter dem Dargebotenem viel neues Material war, bleibt die Frage, wann endlich ein neues Studiowerk von Deutschlands, wenn nicht sogar der weltbesten Sixties Psychedelic Rockband erscheint.

Die Holländer von Orange Sunshine mischten das Publikum dann mit ihrem an Blue Cheer erinnernden rauen Rock auf. Klingen ihre Platten ein wenig zu sauber, so sind sie live einfach nur rockig und dreckig, hauen die Solos raus wie nichts Gutes und lassen den Schweiß in Strömen fließen. Auch die Liquid Visions Nachfolgeband The Magnificent Brotherhood of Eternal Love wussten mit ihrem etwas rauer gewordenem und nicht mehr so verspieltem Psychrock zu begeistern, allerdings reichen sie in meinen Ohren nicht mehr an die begeisternden Gigs der Vorgängerband heran.

Die Kleingeldprinzessin

Ein wenig deplatziert, aber beileibe nicht schlecht war dann noch Die Kleingeldprinzessin. Eine schöne Frauenstimme begleitet nur von Akustik und elektrischer Gitarre bietet alltägliche und sozialkritische Texte, die nicht peinlich wirken. Aber wie gesagt, in den ansonsten durchweg rockigen Kontext passte sie nicht, deshalb mühte sie sich redlich, hatte aber eigentlich keine Chance. Ich nutzte die Zeit dann, um einmal nach der anderen Bühne zu schauen, und hier wurde dann wirklich etwas Wahnsinniges geboten. Hier gaben die Noetics, die deutsche Antwort auf Orzic Tentacles und Co, in Verbindung mit einem DJ als Noetics Soundsystem einen vier- oder noch mehrstündigen Gig, der aus ihren treibenden Rhythmen (produziert von einem Schlagzeuger und einem Bongospieler und Unmengen an Sounds und Beats aus dem Rechner), ambienten, spacigen bis psychedelischen Keyboards, sowie schwebender bis kreischender Gitarre bestand und einen in Rage tanzen lassen konnte. Die offensichtlich live in unendliche Weiten und Längen getriebenen Werke ließen einen wirklich in andere Welten abdriften - schade, dass man, so man auch etwas von der anderen Bühne sehen wollte, nicht immer hier sein konnte.

Auf der Hauptbühne driftete nun langsam alles seinem Finale zu, doch zuvor musste man gegen ca. 4:00 Uhr morgens erst einmal noch durch die Auftritte von Van Helsing und den Tors of Dartmoor gehen. Van Helsing sind ja schon quasi Inventar des Festivals, doch ihr recht schnörkelloser Heavy Rock liegt mir einfach nicht so. Die Tors sind Gothic pur, doch man möge mir verzeihen, das ist recht altbacken und die Sisters und Fields dieser Welt können bzw. konnten das besser, also zog es mich zurück in die Welt der Noetics auf der kleinen Bühne.

So gegen 5:30 kam denn der Hauptact mit ca. anderthalb Stunden Verspätung auf die Bühne: die Engländer von Litmus. Und die ließen es dann mit einem Spacerock vom Feinsten bis morgens gegen 7:00 Uhr noch mal so richtig gehen. Fette Bässe, schwirrende Sounds und Keyboards und saftige, fliegende Gitarrensoli ließen uns gen Morgenhimmel ins All entschwinden, und bei den härteren Songs wurde dann das Mutterschiff der feindlichen ET´s zerstört (einer der Titel). Schade ist einfach immer nur, das für die Bands, die eigentlich als Hauptband spielen, zu dieser Zeit meistens nur noch 20 - 30 letzte Besucher übrig sind. Diese hielten aber wacker durch und ließen sich dann in die Zelte beamen.


Sonntag, 27.05.2007

Dieses Jahr wurde bereits um 14:00 Uhr mit dem Programm begonnen. Ich halte das für keine so gute Idee, denn einerseits muss der Mensch auch mal regenerieren und dies galt dieses Jahr besonders, denn dank sintflutartiger Regenfälle in der Nacht musste zumindest der Autor dieses Berichtes erst im Auto dösen, dann sein Zelt trocken legen um dann ca. gegen 10:30 noch ein paar Stunden Ruhe im Zelt suchen zu können. Dementsprechend habe ich auf einige der Bands, die zwischen 14:00 und 18:00 spielten verzichtet, was bei kurzem Lauschen beim Tonträgereinkauf teilweise sicherlich schade war. Also ging es für mich erst so richtig gegen 17:00 Uhr los. War es am ersten Festivaltag eigentlich von Anfang an bis ca. gegen 4:00 Uhr morgens rappelvoll, so war es am zweiten tag leider über die ganze Länge beträchtlich leerer. Ob das am Bandangebot lag, am schlechten Wetter oder woran auch immer, ich weiß es nicht. So schade das für die Macher und die Bands war, für den Einzelnen hatte es durchaus auch Vorteile, denn die Luft war besser und man konnte jederzeit einen schönen Platz vor der Bühne erhaschen. An diesem Tag gab es generell mehr Garage Rock, dreckig und laut, aber gut.


Erste Highlights waren dann für mich die schwedischen Spacerocker von On Trial, die einen bündigen und trockenen, aber begeisternden Gig boten. Bands wie Matmosphear, Psykicks und Los Plantronics boten dann Psychedelic Spacerock, wahlweise mehr schwebend oder treibend, aber fast immer mit fetten Bässen unterlegt. Eine großartige Überraschung boten zu späterer (oder besser: früher) Stunde Batlord. Als der Gitarrist, weißgeschminkt und schwarz gekleidet, die Bühne betrat, rechnete ich mit einem dunklem Gothic Gig, doch die Band um den eben genannten Gitarristen (Ex-Gitarrist der Fuzztones) bot einen dunklen und straffen Rock, durchsetzt mit psychedelischen Elementen, schwankend zwischen trockener Kälte, manischen Beats und flirrenden Soundmonstern. Von ihnen hätte ich mir schon noch ein paar Songs mehr gewünscht. Die Nacht arbeitete sich dann über Desert Sun mit trockenem Stonerrock zu den The Great Escape Nachfolgern M Sleeping Karma vor, die einen angespaceten, sehr atmosphärischen Stoner spielten. The Unfuzzbarn boten dann bis in die frühen Morgenstunden (irgendetwas nach 7:00 Unr) flippigen Acid und Stonerrock. Und damit einen schönen Abschluss des gelungenen Happenings.

Rund um das Festival fand noch ein kleiner Mittelaltermarkt statt (eine kleine Bäckerei, Bogenschießen und ein Lederwarenstand sowie ein großes Lagerfeuer) und es gab auf dem ganzen Geländer verteilt kuschelige Sitzgelegenheiten. Das Wetter war leider sehr wechselhaft, doch hat man sich hieran in den letzten Jahren schon fast gewöhnt. Und wenn ich dem Festival inkl. Der Bandauswahl rundum gute Noten geben möchte, sei auch ein klein wenig Kritik geübt. Zählt man die Interpreten auf der kleinen Bühne mit, gab es diesmal weit über 30 Bands und Interpreten zu bewundern. Das gibt einerseits eine große Vielfalt und Abwechslung, andererseits bietet es mit 30 - 45 Minuten (bis auf die Hauptacts) nur recht kurze Auftritte der Bands. Und bei manchen, insbesondere der Psych- und Spacefraktion, limitiert das schon sehr und man wünschte sich doch etwas mehr von ihnen zu hören. Daher wäre in dieser Beziehung vielleicht etwas Weniger doch Mehr.

Aber das war es auch schon an Kritik, das Swamp Room Happening mausert sich von Jahr zu Jahr und findet inzwischen in der Szene weltweite Beachtung. Und als Abschlussgruß an die Veranstalter anderer Festivals oder gar Einzelbands, die seit längerer Zeit schon anstatt mit vernünftigen Shows nur noch mit den Ticketpreisen einem die Tränen in die Augen treiben einmal faktisch kurz aufgezählt:

2 Tage
38 Bands
ca. 30 Stunden Musik
incl. Zeltplatzkosten
Preis: 30,00 €

Also, lieber nächstes Jahr mit 3 - 4 guten Freunden ein geiles Swamproom Wochenende verbringen als zum selben Preis alleine die Genesis Show Wiederholung von 1993 anschauen, oder?

Bandlist
Samstag 26.05.2007

18.00 TONER LOW
18.45 UNDER BROOKLYN PALMS
19.30 SONIC BEAT EXPLOSION
20.15 MAGNIFICENT BROTHERHOOD OF ETERNAL LOVE
21.00 OTIS OPTIC & THE OPTION PEOPLE
21.45 DIE KLEINGELDPRINZESSIN
22.30 MANDRA GORA LIGHTSHOW SOCIETY
23.15 ORANGE SUNSHINE
24.00 FREAKY FUKIN WEIRDOZ
01.15 NIM VIND
02.00 DIGGER & THE PUSSYCATS
02.45 VAN HELLSING
03.30 TORS OF DARTMOOR
04.15 LITMUS

Auf der Bühne von DUDES DIENSTAG ab 21.00 Uhr:
HACK MACK JACKSON
A PONY NAMED OLGA
ZOONAMI
ROTOR
+ DJ: NOETICS SOUNDSYSTHEM

im BATCAFE ab 20.00 Uhr MONSTERTANZ


Sonntag 27.05.2007
Bühne im Saal:
14.00 SWAMP ROOM SCHNÄPPCHEN AUKTION
14.15 ARUNDO
15.00 MATMOSPHERE
15.45 HERMELIN
16.30 FRANK AND ME
17.15 HINTERLAND
18.00 HORE
18.45 DRIVE BY SHOOTING
19.30 DESERT SUN
20.15 ON TRIAL
21.00 ULME
21.45 KAMIKAZE TRIO
22.30 PSYKICKS
23.15 LOS PLANTRONICS
24.00 DEFECTORS
24.45 BATLORD
01.30 BLACK CAB
02.15 MEXICOLA OIL COMPANY
03.00 MONKEY 3
03.45 MY SLEEPING KARMA
04.30 THE UNFUZZBARN

Wolfgang Kabsch


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