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Philipp Oehmke veröffentlicht umfangreiche Biographie zu den Toten Hosen

Info

Autor: Philipp Oehmke

Titel: Die Toten Hosen. Am Anfang war der Lärm

Verlag: Rowohlt, 2014

ISBN: 978 3498 07379 4

Preis: € 19,95

384 Seiten

Internet:
http://www.dietotenhosen.de

Philipp Oehmke hat sich gegen den üblichen Aufbau einer (Musiker)Biographie entschieden. Er handelt die Geschichte der Toten Hosen unter bestimmten Gesichtspunkten ab, die sich nicht zwingend der Chronologie unterordnen. So müssen wir nicht den oft ermüdenden, sich wiederholenden Weg von Songwriting über Tonstudio, Veröffentlichung, Chartplatzierung und Tour miterleben.

Allerdings springt die Chronologie gelegentlich. Immer wieder ist man wieder einmal da, wo man schon war, weil wichtige Schaltstellen für verschiedene Themen Bedeutung haben. Den Lesefluss stört das nicht. (Man hätte sich bei diesem Vorgehen lediglich eine Zeittafel im Anhang gewünscht.) Im Gegenteil. Oehmkes Vorgehen sorgt dafür, dass es durchgehend spannend bleibt, weil er sich auf die interessanten und wichtigen Themen konzentriert, sie ausführlich und mit Hintergrundwissen reflektiert und nebensächliche Bandphasen umgehen kann, ohne dass das zu sehr auffällt.

Das große Plus für Oehmkes Biographie ist, dass er den direkten Kontakt zur Band hatte. Natürlich hat er auch Material verwendet, das allgemein zugänglich war. Aber er musste sich nicht darauf beschränken, sondern kann Fakten und Innenansichten liefern, die es so vorher nicht gab.

Ein objektiv distanziertes Werk ist Am Anfang war der Lärm nicht. Oehmke schreibt zwar keine Hagiographie, verschont die Toten Hosen auch nicht mit Kritik, bleibt aber immer Fan. Besonders peinliche Details bleiben so außen vor.

Ein distanzierterer Autor hätte sicher – gerade bei dem von Oehmke gewählten Aufbau des Buches – nicht darauf verzichtet, in einem Kapitel dem Verhalten der Toten Hosen gegenüber den Böhsen Onkelz nachzugehen. Hier zeigten sich die politisch letztlich doch recht angepassten Düsseldorfer von ihrer pseudo-linken Spießerseite. Politisch korrekt und dem Zeitgeist hinterher hechelnd schlugen sie zusammen mit Bild- und Spiegel-Redakteuren auf den vermeintlich braunen Feind ein. Etwas klügere Köpfe, wie Wolfgang Niedecken, der anfangs auch Front gegen die Frankfurter gemacht hatte, sahen ihren Irrtum später ein. Die Toten Hosen zeigten sich hier erstaunlich faktenresistent.

Von diesen Randnotizen abgesehen liefert Am Anfang war der Lärm ein lebendiges, detailreiches Bild einer der erfolgreichsten Deutsch Rock Bands, die einmal als Punkband angefangen hat.

Der Rowohlt Verlag hat der Biographie ein angemessenes Äußeres spendiert. Am Anfang war der Lärm erscheint als fettes, fast 400 Seiten starkes gebundenes Buch, das stilgerecht mit Lesefaden erscheint. Punk ist das nicht mehr, aber das sind die Profi-Musik-Vermarkter, die die Toten Hosen heute sind, ja auch schon lange nicht mehr.

Norbert von Fransecky


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